Westliche Konzeptionen Der Kampf der Kolonialmächte im Jemen

Je undurchsichtiger ein Konflikt erscheint und je mehr der Überblick fehlt, wie viele Parteien daran beteiligt sind, in welcher Beziehung sie zueinander stehen und welche Ziele sie verfolgen, desto größer ist die politische Bedeutung des betreffenden Landes für den Westen. Bringt man erst einmal Ordnung in das vermeintliche Chaos, kristallisieren sich die Hauptakteure heraus, die ihre Spielfiguren im Konflikt strategisch platziert haben.

Je undurchsichtiger ein Konflikt erscheint und je mehr der Überblick fehlt, wie viele Parteien daran beteiligt sind, in welcher Beziehung sie zueinander stehen und welche Ziele sie verfolgen, desto größer ist die politische Bedeutung des betreffenden Landes für den Westen. Bringt man erst einmal Ordnung in das vermeintliche Chaos, kristallisieren sich die Hauptakteure heraus, die ihre Spielfiguren im Konflikt strategisch platziert haben.

Der Jemen ist ein solches Land, dessen politische Lage auf den ersten Blick undurchsichtig erscheint. Für die Menschen ist die Lage inzwischen ebenso schlimm wie in Syrien, ohne dass man zunächst versteht, wie es überhaupt dazu kam. Die Jemeniten befinden sich mitten in einer humanitären Katastrophe, deren Ende nicht abzusehen ist, weil sich bei dem politischen Tauziehen kein klarer Sieger abzeichnet.

Zweifelsfrei sind es Machtkämpfe, die das Land in die Krise gestürzt haben. Die Frage ist nur, welche Mächte gerade ihren Kampf auf jemenitischem Boden austragen. Selbst wenn man die aktuellen Machtverhältnisse nicht durchschaut, weiß man aus der Geschichte, dass der Jemen seit jeher ein begehrtes Land ist. Wer den Jemen kontrolliert, kontrolliert beispielsweise auch den Golf von Aden.

In der Vergangenheit fiel der Jemen, nachdem er Teil des islamischen Staates war, wie so viele andere Gebiete des Kalifats dem britischen Kolonialismus zum Opfer. Jedoch konkurriert Großbritannien mit den USA um den politischen Einfluss im Jemen, die schon seit langem versuchen, Großbritannien aus der Region zu verdrängen. Aus dieser Konkurrenz der Kolonialmächte erklärt sich die politische Situation im Jemen.

Als 2011 der sogenannte Arabische Frühling auch den Jemen erreichte, sahen die USA die Gelegenheit gekommen, den britischen Vasallen Ali Abdallah Salih loszuwerden und den eigenen Einfluss im Jemen auszubauen. Salih war ein sicheres Pferd, auf das die Briten gesetzt hatten. Mehr als drei Jahrzehnte hielt er die Stellung und setzte die Interessen Großbritanniens um. Seit 1978 regierte er den Nordjemen und von 1990 bis 2012 den vereinigten Jemen.

Die USA versuchten die Wiedervereinigung zu torpedieren, indem sie Ali Salim al-Beidh einbrachten, der die Spaltung des Jemen umsetzen sollte, indem er die Unabhängigkeit des Südjemen forderte. Dies löste 1994 einen erbitterten Bürgerkrieg aus, der in Wahrheit ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Großbritannien war.

Der US-amerikanische Versuch, den Jemen zu spalten, misslang, was jedoch nicht bedeutet, dass die USA ihre Bestrebungen im Jemen aufgaben. Sie instrumentalisierten die Huthi-Bewegung für ihre Zwecke, deren Ursprung auf das Jahr 1994 zurückgeht. Zwar gab die Bewegung vor, antiamerikanisch zu sein, und die USA warfen dem Iran vor, die Huthi-Bewegung zu unterstützen, jedoch hat sich gezeigt, dass die Huthi-Bewegung Teil der US-amerikanischen Strategie im Jemen ist. Das zeigt sich bereits daran, dass die USA die Huthi-Bewegung nicht als terroristische Organisation einstufen, sondern als politische Bewegung betrachten, was Matthew Tauler, US-Botschafter im Jemen, am 18. September 2014 in einer Pressekonferenz betonte. Was den Iran angeht, so war die Feindschaft zwischen den USA und dem Iran reine Fassade, so dass die Unterstützung der Huthi-Bewegung durch den Iran durchaus plausibel ist.

Im Jahr 2004 flammte der Bürgerkrieg wieder auf, ohne dass Ali Abdallah Salih aus seinem Thron gehebelt werden konnte. Erst die Revolution im Jemen brachte ihn zu Fall. Großbritannien ließ sich jedoch nicht verdrängen, sondern brachte mit Abed Rabbo Mansur Hadi einen Kandidaten ins Spiel, der die USA ruhigstellen sollte. Für die USA schien er zugänglicher zu sein als sein Vorgänger. Dies konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hadi ein britisches Instrument ist, zu dessen Rolle es gehört, den USA nicht allzu offensichtlich die Stirn zu bieten, womit sich die USA aber nicht zufriedengaben. Daraus erklären sich der heftige Kampf der Huthi-Rebellen gegen ihn und der Ausbau ihrer Macht im Jemen.

Die Huthi-Bewegung ist nämlich neben der südjemenitischen Unabhängigkeitsbewegung al-Harak Teil des US-amerikanischen Plans, mehr Einfluss im Jemen zu gewinnen und die alte Kolonialmacht Großbritannien zu verdrängen. Gleichzeitig nutzen die USA den vermeintlichen al-Qaida-Ableger im Jemen als Vorwand zur militärischen Intervention.

Um der wachsenden Macht der vom Iran gestützten Huthi-Rebellen entgegenzuwirken, zauberte Großbritannien 2014 wieder Ali Abdallah Salih aus dem Zylinder, indem er vorgab, sich Hadi, mit dem er in Wahrheit auf der gleichen britischen Welle schwimmt, entgegenzustellen. Er schlug sich auf die Seite der Huthi-Bewegung. Gleichzeitig schlossen sich Anhänger von Salih der Huthi-Bewegung an, um den USA nicht das jemenitische Feld zu überlassen. Sollte sich Hadi nicht halten können, hatte Großbritannien zumindest seinen alten Vasallen Salih an die Huthi-Bewegung gebunden.

Vor diesem Hintergrund handelt es sich im Jemen um einen Machtkampf der Kolonialmächte Großbritannien und USA. Die Bombardierung des Jemen durch Saudi-Arabien und seine Verbündeten seit dem 26. März dieses Jahres mit dem Vorwand, dem Aufruf Hadis zu folgen und das jemenitische Volk vor der Aggression der Huthi-Rebellen zu schützen, ist nur ein weiterer Ausdruck dieses kolonialen Machtkampfes. Die militärische Intervention Saudi-Arabiens hatte den Zweck, das Versagen der Huthi-Rebellen zu kompensieren. Denn die Huthi-Rebellen vermochten nicht, die Herrschaft im Jemen an sich zu reißen, auch wenn sie sich ausbreiten konnten. Vielmehr wurden sie als Aggressoren betrachtet und steckten in einer Sackgasse. Die militärischen Angriffe auf Stellungen der Huthi-Rebellen durch Saudi-Arabien und andere US-amerikanische Vasallen wie Ägypten sollten sie quasi aus dieser festgefahrenen Lage retten. Gleichzeitig sollte der Rahmen für Verhandlungen geschaffen werden, um zumindest eine Kompromisslösung herbeizuführen.

Für den Jemen heißt das, dass jedes Mal, wenn eine der beiden Kolonialmächte eine ihrer Schachfiguren bewegt, das Blut des jemenitischen Volkes fließt. Sowohl den USA als auch Großbritannien sind diese Opfer gleichgültig. Diese Gleichgültigkeit darf jedoch nicht die Muslime erfassen, denn es ist das Blut ihrer Geschwister, das vergossen wird. Es wird vergossen durch die Hand anderer Muslime, die sich kaufen ließen. Dieser Zustand betrifft nicht nur den Jemen, sondern die gesamte islamische Welt, die unter dem kolonialen Einfluss des Westens steht. Kein islamisches Land ist davor gefeit, ein ähnliches Schicksal zu erleiden, sofern die Muslime dem nicht Einhalt mit dem islamischen System gebieten, das den Einfluss der Kolonialmächte vollständig aufhebt.