Ethnische Säuberungen, Enteignung und kulturelle Unterdrückung. Die Kurden Syriens sind einer skrupellosen Bande ausgeliefert, die in ihren Gebieten ein totalitäres System aus dem Boden stampft und keinerlei Widerspruch duldet – wer sich ihnen in den Weg stellt, zahlt mit dem Leben; wer sich weigert, wird als Verräter gebrandmarkt! Der IS? Nusra? Kalifat? Weit gefehlt, denn das Terrorregime im Norden des Landes entstammt der „progressiven Agenda“ der PYD und muss derzeit unter der Bezeichnung Rojava als romantischer Hoffnungsschimmer für eine ganze Generation linker Utopisten herhalten.
Auch die im Bundestag vertretene ED-Nachfolgeorganisation Die Linke scheint von dem revolutionären Klassenkampf ihrer Gesinnungsgenossen dermaßen begeistert, dass die ansonsten lautstark vorgebrachte Kritik an den deutschen Rüstungsexporten vergeblich auf sich warten lässt. Anstatt die von raffgierigen, skrupellosen und weltbeherrschenden Rüstungskonzernen handelnden Phrasen zu dreschen, entpuppt sich die antiimperialistische Fraktion als führende Kriegstreiberin. „Eigentlich bin ich strikt gegen deutsche Waffenexporte. Da aber Deutschland ein wichtiges Waffenexportland ist, könnte in diesem Ausnahmefall ein Waffenexport dorthin dann statthaft sein, wenn andere Länder dazu nicht unverzüglich in der Lage sind. Mit Protestbriefen wird man IS nicht stoppen“, so Gregor Gysi. Auch durch den Einwand des TAZ-Reportes, dass der Waffenexport in Krisengebiete nach deutschem Recht verboten sei, lässt sich der ehemalige Fraktionsvorsitzende nicht beirren: „Das ist kein Verbot, sondern eine Richtlinie […]. In dieser Situation ist es erforderlich, um größeres Unheil zu verhindern.“ Selbst die wenig später erfolgte Abkehr von der aufsehenerregenden Forderung begründete Gysi nicht etwa durch die plötzliche Besinnung auf pazifistische Prinzipien, sondern mit realpolitischem Kalkül. Da es den kurdischen Kämpfern nicht an Waffen mangele, sollte die bundesdeutsche Unterstützung auf die humanitäre, logistische und politische Ebene verlagert werden. Überdies müsse die PKK endlich von der EU-Terrorliste gestrichen werden, schließlich handle es sich bei dieser Organisation nicht um eine „völkermordende Terrorgruppe wie IS“. Eine Einschätzung, die neben den üblichen Verdächtigen wie Ulla Jelpke und Hans-Christian Ströbele mittlerweile auch von „systemtreuen“ Politikern aus SPD und CDU geteilt wird. Selbst die in linken Kreisen als bürgerlich-rechtskonservativ-neoliberal-reaktionär-faschistisch verschriene Frankfurter Allgemeine Zeitung bietet den Sozialisten Schützenhilfe und fragt, „ob der deutsche Blick auf die PKK geändert werden muss“. Überraschenderweise folgte diesen Äußerungen keine monatelange Debatte, sondern eine blitzschnelle Neuausrichtung deutscher Realpolitik. Obwohl die Bundesregierung sowohl Waffenlieferungen an die PKK, als auch eine Aufhebung des Parteiverbots vehement ablehnt, meldete die kurdische Arbeiterpartei im Februar dieses Jahres, über Peschmerga-Einheiten an deutsche Milan-Panzerabwehrraketen und Splitterhandgranaten des Typs DM51A1 gekommen zu sein. Ein Umstand, den Der Spiegel trocken mit den Worten „Sollten die Erzählungen der PKK-Kämpfer stimmen, dann wären die Waffen zwar in falsche Hände geraten, sie hätten ihren Zweck aber erfüllt“ kommentiert. Und auch sonst schien die Öffentlichkeit kaum Notiz von dem sich anbahnenden Pakt mit dem roten Teufel zu nehmen. Trotz der unübersichtlichen Gemengelage setzte die Bundesregierung ihre Waffenexporte unbeirrt fort und kündigte eine weitere Lieferung von 500 Milan-Panzerabwehrraketen, 30 dazugehörigen Abschussgeräten, 200 Panzerfäusten mit 2.400 Schuss Munition, 4.000 älteren Sturmgewehren des Typs G3 mit zwei Millionen Schuss sowie zehn Maschinengewehren und 10.000 Handgranaten an. Zeitgleich ging die in Europa nun Oberwasser witternde PKK immer offener dazu über, in deutschen Städten militärischen Nachwuchs für den realsozialistischen Flickenteppich namens Rojava zu rekrutieren. Unter den wachsamen Augen der Behörden machten sich innerhalb kürzester Zeit mindestens 50 Freiwillige auf den Weg nach Nahost, um sich dem syrischen Ableger der nach wie vor verbotenen Terrororganisation anzuschließen. „Angaben aus Sicherheitskreisen zufolge sprechen zumeist speziell geschulte Rekrutierer die potenziellen Aktivisten an. Nach einer ideologischen Erstbeschulung in den Niederlanden oder in Belgien werden die Freiwilligen über den Irak ins türkische Grenzgebiet geschleust, wo sie eine militärische Ausbildung erhalten.“, so der Bericht des Spiegel. Während das Bundeskriminalamt in seiner unerbittlichen Jagd auf potentielle IS- und Nusra-Sympathisanten zu wahrer Gestapo-Hochform aufläuft, sei die Ausreise der PKK-Kämpfer kaum zu verhindern, da sich die kurdisch-nationalistischen Maoisten nicht „so blöd wie die Dschihadisten“ anstellen würden. Doch spätestens nach dem Düsseldorfer Aufmarsch vom 04.09.2015 sei die Frage gestattet, wie es um die Sehstärke deutscher Sicherheitsbehörden auf dem linken Auge bestellt ist. Aus der ganzen Republik waren über 20.000 Teilnehmer angereist, um unter einem Meer von PKK-Flaggen und dem überdimensionalen Antlitz Abdullah Öcalans für „Frieden in Syrien“ zu demonstrieren! Paralysiert von dem bezaubernden „Bühnenprogramm mit Redebeiträgen und Musik“, kam den Exekutivkräften nicht in den Sinn, dem §86 Abs. 1 Nr. 2 StGB Geltung zu verschaffen und gegen die öffentliche Verwendung von Kennzeichen verbotener Organisationen vorzugehen. Die persönliche Nachfrage besorgter Muslime, ob es sich bei der Zurschaustellung von PKK-Flaggen nicht um einen Rechtsbruch handelt, schmetterten Polizeibeamte mit einem schroffen „kümmern sie sich gefälligst um ihre eigenen Angelegenheiten“ ab.
Doch nicht nur in der Bundesrepublik hat sich eine seltsame Solidarität mit der PKK, YPG und PYD entwickelt. Auch die Vereinigten Staaten sind in Syrien mangels Alternativen dazu übergegangen, linksextreme Gruppierungen in ihrem Kampf gegen die „Islamisten“ tatkräftig zu unterstützen. So ist die international bejubelte „Meisterleistung“ der YPG in Kobane im Wesentlichen auf das intensive Bombardement der US-Air-Force zurückzuführen. „Die Flugzeuge bombardierten uns Tag und Nacht. Sie bombardierten alles, sogar [unsere] Motorräder, wir mussten uns zurückziehen und dann konnten die Ratten vorrücken“, so die Aussage eines lokalen IS-Kämpfers. Um linken Beißreflexen vorzubeugen sei an dieser Stelle erwähnt, dass weder die YPG noch die USA einen Hehl aus ihrer Kooperation machen. So veröffentlichte das amerikanische YPG-Mitglied Jordan Matson im April dieses Jahres ein Video, welches die militärische Zusammenarbeit dokumentiert. „Sobald es erledigt ist, werden wir stürmen“, so Matson, der mit seinen antiimperialistischen Kollegen begeistert das sogenannte target softening eines Lockheed AC-130 beobachtet. Die von ehemaligen US-Militärs betriebene Online-Plattform sofrep kommentiert: „Durch die grenzübergreifenden Aktivitäten von amerikanischen […] Spezialeinheiten scheint die nachrichtendienstliche Aufklärung und Zielerfassung langsam Fortschritte zu machen. Da […] ODA-Spezialeinheiten und JSOC-Kommandos mit kurdischen Verantwortlichen die Luftangriffe koordinieren, ist die Zielerfassung zwar besser geworden, bleibt aber noch zu wünschen übrig. […] Zusätzliche Unterstützung kommt von den Koalitionspartnern Großbritannien, Deutschland, Italien und Kanada.“ Völlig unverblümt sprachen auch die Pressesprecher des US-State-Departments John Kirby und Mark Toner über die unheilige Allianz und deuteten an, die amerikanische Luftunterstützung durch die Freigabe von Incirlik intensivieren zu wollen. Ferner begann die US-Luftwaffe am 12. Oktober massenweise Waffen und Munition über Rojava abzuwerfen, um die liebgewonnenen Sozialisten in ihrem Kampf noch effektiver stützen zu können. Sowohl das Pentagon als auch die YPG bestätigten den Abwurf von zunächst 45 Tonnen und so spekulieren die Analysten der renommierten Website McClatchy unlängst, ob die durch die Einstellung des Train & Equip Programs freigewordenen US-Finanzmittel künftig in die Hände kurdischer „Volksverteidigungseineiten“ gelangen werden. Sollte die Raqqah-Offensive der Syrian Democratic Forces, welche zu 80% aus YPG-Einheiten bestehen, demnächst weiter an Fahrt gewinnen, ist mit einer weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten und dem syrischen PKK-Ableger zu rechnen.
All dies sei jedoch notwendig, um Syrien vor „dem Rückfall in die Barbarei“ zu bewahren, so zumindest das seltsamerweise gleichermaßen formulierte Argument von Gutmensch und Wutbürger. PYD und YPG seien moderate Kräfte, die sich der Schaffung einer emanzipierten Fortschrittsgesellschaft verschrieben hätten – eine hoffnungsvolle Alternative für die ansonsten von Despotismus und Willkür gebeutelte Region. Einen Vorgeschmack auf das aus rassistischen, basisdemokratischen und realsozialistischen Elementen bestehende Gesellschaftsmodell lieferte bereits der am 19.06.2014 veröffentlichte Amnesty-International Bericht „Under Kurdish Rule – Abuses in PYD-run Enclaves of Syria“. Während darin noch Einzelfälle von willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen, Entführungen und Liquidierungen akribisch dokumentiert wurden, ist die PYD längst zur systematischen Oppositionsbekämpfung und ethnischen Säuberungen übergegangen. Aktuelle Satellitenbilder des von arabischen Sunniten bewohnten Dorfes Tell-Husseiniya belegen die Zerstörung von 211 Gebäuden. „Sie vertrieben uns aus unseren Häusern und zündeten sie an […], sie fuhren mit Bulldozern vor […], sie zerstörten ein Haus nach dem anderen bis das ganze Dorf zerstört war.“, so die Schilderung eines Augenzeugen. Auch in dem arabisch-turkmenischen Dorf Suluk entdeckten YPG-Kämpfer ihre stalinistische Ader und drohten allen Einwohnern mit standesrechtlicher Erschießung, wenn diese nicht umgehend ihr Dorf verlassen würden. Im Zuge der Juli-Offensive auf Tell-Abyad erreichte die von der YPG verursachte Fluchtbewegung ihren vorläufigen Höhepunkt: Innerhalb weniger Tage flohen 23.000 Araber und Turkmenen aus Tell-Abyad sowie 630 der umliegenden Dörfer. Doch selbstverständlich kommt auch die kurdische Bevölkerung Nordsyriens in den Genuss des von der PYD entworfenen „Gesellschaftsvertrags“. So ließ die Verwaltung des Kantons Jazireh am 30. September verlautbaren, dass die Häuser sämtlicher Flüchtlinge konfisziert würden. Einen allgemeingültigen Anspruch auf die in der Zwischenzeit von PYD und YPG genutzten Gebäude hätten rückkehrende Flüchtlinge nicht – jede Familie müsse ihren Anspruch individuell formulieren und von der Verwaltung prüfen lassen. Und auch der in Rojava angewendete und alleingültige Lehrplan dürfte den mehrheitlich muslimischen Kurden Syriens kaum gefallen. Neben den von Öcalan formulierten Theorien eines ethno-demokratischen Föderalismus finden sich vor allem feministische und sozialistische Elemente in den Schulbüchern wieder, die in scharfem Widerspruch zu der islamischen Kultur und Identität der kurdischen Bevölkerung stehen. In den Bildungseinrichtungen Rojavas wird laut Einwohnern dem „Führer [Abdullah Öcalan] gehuldigt und die Schulen militarisiert“. Laut den Angaben der Studenten- und Jugendunion Westkurdistans werden Schulen systematisch für die „Verankerung der PYD-Ideologie“ und somit für die Propagierung einer „exklusiven politischen Denkweise und Philosophie“ missbraucht.
Während sich linke Nostalgiker die Verbrechen von PKK, PYD und YPG durch ihre Wahnvorstellung einer dialektisch-teleologischen Gesellschaftsentwicklung problemlos zurechtbiegen können, sollten konservative und liberale Politiker die folgenschweren Konsequenzen ihrer bizarren Liaison bedenken. Durch die Unterstützung linksextremer Fanatiker hat die westliche Wertegemeinschaft einen gleich zweifachen Offenbarungseid geleistet, der sowohl das verlogene Geheul über „islamistische Terroranschläge“ ad absurdum führt, als auch den unermesslichen Hass gegenüber der islamischen Ideologie offenbart. Möchte das aufgeklärte Abendland einen atomistischen Restbestand an Anstand und Würde beibehalten, sollte es dazu übergehen, die Welt ausführlich über dessen Kooperation mit säkularen Massenmördern, linken Selbstmordattentätern und narzisstischen Ex-KGB-Agenten zu informieren und bei dieser Gelegenheit erklären, warum Diktatur, Terror und Unterdrückung eurozentrischer Prägung das „kleinere Übel“ gegenüber dem von Muslimen herbeigesehnten Kalifat darstellen soll.