Dies ist der dritte Teil einer Artikelreihe, welche die Verse 22-25 der Surah Yunus betrachten soll. Die Verse beschreiben die Realität des Lebens auf dieser Welt auf eine sehr ausdrucksstarke und metaphorische Art und Weise. Lesen Sie den ersten Teil und den zweiten Teil, falls Sie dies noch nicht gemacht haben. Geschrieben von Shafiul Huq.
﴿إِنَّمَا مَثَلُ الْحَيَاةِ الدُّنْيَا كَمَاءٍ أَنزَلْنَاهُ مِنَ السَّمَاءِ فَاخْتَلَطَ بِهِ نَبَاتُ الْأَرْضِ مِمَّا يَأْكُلُ النَّاسُ وَالْأَنْعَامُ حَتَّىٰ إِذَا أَخَذَتِ الْأَرْضُ زُخْرُفَهَا وَازَّيَّنَتْ وَظَنَّ أَهْلُهَا أَنَّهُمْ قَادِرُونَ عَلَيْهَا أَتَاهَا أَمْرُنَا لَيْلًا أَوْ نَهَارًا فَجَعَلْنَاهَا حَصِيدًا كَأَن لَّمْ تَغْنَ بِالْأَمْسِۚ كَذَٰلِكَ نُفَصِّلُ الْآيَاتِ لِقَوْمٍ يَتَفَكَّرُونَ ﴾﴿ وَاللَّـهُ يَدْعُو إِلَىٰ دَارِ السَّلَامِ وَيَهْدِي مَن يَشَاءُ إِلَىٰ صِرَاطٍ مُّسْتَقِيمٍ﴾
Das Gleichnis des diesseitigen Lebens ist nur wie Wasser, das Wir vom Himmel hinabsenden, worauf das Gewächs der Erde, von dem die Menschen und das Vieh verzehren, sich damit vermischt, bis dann, wenn die Erde ihren Prunk angenommen hat und sich geschmückt hat und ihre Bewohner meinen, dass sie Macht über sie hätten, kommt Unser Befehl über sie bei Nacht oder bei Tag, und da lassen Wir sie abgemäht sein, als ob sie am Tag zuvor nicht in Blüte gestanden hätte. So legen Wir die Zeichen ausführlich dar für Leute, die nachdenken. Allah lädt zur Wohnstätte des Friedens ein und leitet, wen Er will, zu einem geraden Weg.[10:24-25]
Im vorherigen Artikel haben wir gesehen, wie Allah (t) die Übertreter daran erinnert, obwohl sie von Ihm Barmherzigkeit erfahren haben, dass es nur das Leben dieser Welt ist, das sie genießen.
In diesem letzten Teil der Passage aus der Sure Yunus, die wir betrachtet haben, bietet Allah (t) ein kraftvolles Gleichnis für die vergängliche Natur des Lebens dieser Welt.
Vers 24 beschreibt, wie die Erde durch die üppige Vegetation verschönert wird, bis die Erde den Höhepunkt ihrer Schönheit erreicht und die Menschen davon überzeugt sind, von ihren Erzeugnissen zu profitieren. Genau an diesem Punkt sendet Allah eine Katastrophe aus, die sich der prachtvollen Erde annimmt und die dagewesenen Früchte verschwinden lässt.
Auch erlebt das Leben auf dieser Welt einen Höhepunkt an Stärke, Schönheit, Reichtum und Macht, bis die Menschen von diesem irdischen Leben getäuscht werden. An diesem Punkt angekommen, sind die Erdbewohner nur noch einen Wimpernschlag davon entfernt, dass all ihr Vergnügen und Segen dahinschwinden.
„…wenn die Erde ihren Prunk angenommen hat und sich geschmückt hat…“
Dieser Ausdruck wird metaphorisch verwendet, um die Erde mit einer Braut zu vergleichen, sprich die Erde in ihrer vollen Schönheit und Üppigkeit.
„…und ihre Bewohner meinen, dass sie Macht über sie hätten,…“
Die Menschen wurden zuversichtlich, dass sie jetzt vom Land profitieren können und dabei sind, ihre Früchte zu erwerben und ihre Profite zu realisieren.
„kommt unser Befehl über sie bei Nacht oder bei Tag,…“
Eine Katastrophe von Allah (t), wie beispielsweise ein Hagelsturm oder die Pest, kommt bei Nacht oder bei Tag. Die Bestrafung wird offensichtlich bei Nacht oder bei Tag kommen. Aber warum wird dies im Speziellen erwähnt?
Üblicherweise sind die Menschen tagsüber wach und wachsam, während sie in der Nacht schlafen. Imam Alusi sagt, dass der Grund für das Erwähnen von „bei Nacht oder bei Tag“ ist, dass es hinsichtlich der Bestrafung keinerlei Unterschied macht, ob die Katastrophe bei Nacht oder bei Tag über einen hereinbricht. Es spielt keine Rolle, ob die Menschen unachtsam sind, also gerade schlafen, oder ob sie wach und aufmerksam sind. Es gibt absolut nichts was den Befehl Allahs (t) verhindern oder abwenden könnte.
„…und da lassen Wir sie abgemäht sein, als ob sie am Tag zuvor nicht in Blüte gestanden hätte. …“
Die Vegetationen des Landes werden in solch einem Maße entwurzelt, dass man meinen könnte, sie hätte nie existiert, selbst am Tag zuvor nicht. Die Genauigkeit bei der Ausdrucksweise in diesem Vers erzeugt eine atemberaubende Eloquenz und Wirkung. Es sollte zur Kenntnis genommen werden, dass sich das Pronomen „haa“ (sie) in dem Vers „und da lassen wir sie abgemäht sein“ auf das Land bezieht. Allerdings ist damit das Gewächs auf dem Land gemeint.
Ebenso das Pronomen in dem Vers „als ob sie am Tag zuvor nicht in Blüte gestanden hätte“. Damit ist wieder das Gewächs auf dem Land gemeint, weil das Land immer noch vorhanden ist, das Gewächs aber entwurzelt bzw. abgeholzt wurde.
Aber warum wird ein genauer Bezug auf das Gewächs ausgelassen und ein Bezug auf das Land genommen, auf dem das Gewächs wächst, wobei es doch um das Gewächs geht?
Imam Alusi sagt, dass das Auslassen eine Übertreibung (mubalagha) ist. Da die Vegetation auf dem Land so extrem entwurzelt wurde, ist das Land, auf dem es wuchs, völlig unkenntlich gemacht. Es ist, als wäre es nicht mehr dasselbe Land. Es ist ein ganz anderes Land als gestern. In der Tat ist die Verwüstung so stark, dass es sich anfühlt, als ob nicht nur die Vegetation, sondern auch das Land, auf dem sie gewachsen ist, einen Tag früher ebenso nicht existiert hat!
Nachdem beschrieben wurde, wie schnell das irdische Leben verschwindet, sobald man denkt, die Kontrolle darüber zu haben, lädt Allah (t) uns zur ewigen Wohnstätte ein.
﴿﴾
„Allah lädt zur Wohnstätte des Friedens (dar as-Salam) ein und leitet, wen Er will, zu einem geraden Weg.“[10:25]
Hier wird das Paradies mit „dar as-Salam“ beschrieben. Die Gelehrten liefern einige Gründe, warum es als solches beschrieben wurde. An dieser Stelle sollen kurz einige erwähnt werden:
1. Hier könnte das Wort „Salam“ in seiner eigentlichen Bedeutung, nämlich Sicherheit, gemeint sein. In diesem Fall wird das Paradies für die Bewohner als ein Platz der Sicherheit beschrieben, fern von jeglichem Schmerz und Unheil, einschließlich jener, welche zuvor erwähnt wurden.
2. Oder „as-Salam“ bezieht sich hier auf einen der schönen Namen Allahs.
In diesem Fall wird das Paradies als Wohnstätte beschrieben, welche Allah (t) gehört. Es kann ein paar Gründe geben, Jannah Allah (t) zuzuschreiben. Erstens ist es möglicherweise um es zu ehren. Genau wie auch die Kaʿba ehrenvoll als Baytullah (das Haus von Allah) bezeichnet wird. Zweitens gehört das Eigentum von Jannah rein zu Allah (t) und keinem anderen, weder direkt noch indirekt, äußerlich und implizit. Im Gegensatz dazu besitzen wir auf dieser Welt zwar nominell Dinge, dennoch ist der wahre Eigentümer Allah (t). Hingegen gehört das Paradies niemandem außer Allah (t), selbst im nominellen Sinne. Auch Allahs (t) Name As-Salam wurde anstelle von irgendeinem Seiner anderen Namen gewählt, möglicherweise weil, wie zuvor erwähnt, die Bewohner von Jannah vor den Katastrophen, auf die im vorherigen Vers Bezug genommen wird, sicher sein werden.
Diese Verse sind eine starke Erinnerung an die vergängliche Natur des Lebens. Wir müssen uns nur mal an jene erinnern, die von uns gegangen sind, seien sie aus dem Kreis der Familie, Verwandtschaft im weiteren Sinne oder aus dem Freundeskreis. Wir müssen nur über uns selbst nachdenken und darüber, wie schnell wir unsere Kindheit im Nu hinter uns gelassen haben. Bevor wir es überhaupt bemerken, werden wir auch die Kraft und Schönheit unserer Jugend hinter uns lassen und in unseren Gräbern ruhen. An diesem Punkt, unserer Jugend, wird unser Leben uns so kurz vorkommen, als ob es niemals überhaupt existiert hätte.
Deshalb müssen wir vorsichtig sein, keine illusorische Glückseligkeit und Zufriedenheit in Bezug auf ein Leben zu verfolgen, das fürchterlich vergänglich ist, sondern vielmehr auf die ewige Wohnstätte hoffen, zu der uns Allah (t) einlädt. Wie Shaykh Faraz Rabbani sagte:
„Wo auch immer du Zufriedenheit im Leben suchst, wird es dich enttäuschen … es wird vergehen … es kann vor deinen Augen zugrunde gehen, oder es wird mit dir zugrunde gehen.“