Ausland Viel Lärm um nichts: Die Präsidentschaftswahlen in den USA

Die ganze Welt war wochenlang mit der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl beschäftigt, und zwar vor, während und auch nach der Wahl.

Die ganze Welt war wochenlang mit der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl beschäftigt, und zwar vor, während und auch nach der Wahl. Immerhin handelt es sich bei den USA um die Weltmacht. Bedeutet diese internationale Aufmerksamkeit aber auch, dass mit einem Machtwechsel eine politische Veränderung einhergeht? Die Präsidentschaftswahl war bei genauer Betrachtung eine Wahl zwischen einem Erdapfel und einer Kartoffel. Das hatte jedoch nichts mit den Kandidaten Donald Trump und Joe Biden zu tun. Das Zweiparteiensystem in den USA als solches bietet keine echten politischen Unterschiede. Umso mehr überrascht die Spaltung, die die diesjährige Präsidentschaftswahl innerhalb der Gesellschaft verursacht hat. Sie hat nicht nur langjährige Freundschaften beendet, sondern Familienzwiste ausgelöst.

Als Trump 2016 zum Präsidenten gewählt wurde, konnte die Weltöffentlichkeit kaum fassen, dass eine Nation einen so selbstsüchtigen, politisch unseriösen und unerfahrenen Mann wie Trump wählte, der mit allen politischen Gepflogenheiten brach und den Anschein machte, als müsste er entmündigt werden. Wie kein anderer vor ihm, scheute er sich nicht einmal davor, einen Menschen mit Behinderung bei einem öffentlichen Auftritt nachzuäffen. Trump zog nicht nur vier Jahre Amtszeit durch, er stellte sich ein zweites Mal zur Wahl. Und obwohl sein Konkurrent Biden die Wahl gewann, bekam Trump so viele Stimmen, dass es dauerte, bis die Stimmenauszählung abgeschlossen war und Gewissheit brachte. Das Zittern der Menschen war so groß und der Wahlausgang so knapp, dass man sich schon wieder fragen musste, wie eine Nation wieder so dumm sein konnte, einem Mann die Stimme zu geben, der während seiner Präsidentschaft die Pandemie herunterspielte und ernsthaft vorschlug, den Menschen Desinfektionsmittel gegen Corona zu spritzen.

In den USA versucht man das amerikanische Volk intellektuell nicht zu überfordern. Politische Differenziertheit hält man möglichst fern von den Menschen. Entweder ist man für die Republikaner oder die Demokraten. Wer eine andere Partei unterstützt, weiß, dass diese Partei nicht konkurrenzfähig ist und keine Aussicht auf einen politischen Sieg hat. Eine Unterstützung wäre in diesem Fall mehr symbolischer Art. Die Einfachheit besteht aber nicht nur im Zweiparteiensystem, sondern auch in der Rhetorik. So sagte Joe Biden auf dem Parteitag der Demokraten: „Ich werde ein Verbündeter des Lichts sein, nicht der Dunkelheit.“ In den USA kann man immer nur für oder gegen etwas sein. So richtete sich beispielsweise George W. Bush nach den Anschlägen vom 11. September 2001 an die Staaten der Welt und sagte: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“ Nach diesem Prinzip sollen Amerikaner nicht eigenständig denken, sondern sich immer zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden, die ihnen vorgesetzt werden. Ein Amerikaner ist z. B. entweder für oder gegen Waffenbesitz. Dieses Prinzip funktioniert in allen Gesellschaftsschichten.

So groß das Wahlspektakel war, so klein wird der Unterschied US-amerikanischer Politik unter Biden im Gegensatz zu Trump und den anderen Amtsvorgängern sein. Denn die Politik wird ausschließlich von US-amerikanischen Interessen bestimmt und nicht vom Präsidenten oder der regierenden Partei festgelegt. Was sich durch einen Machtwechsel von Trump zu Biden allenfalls ändern wird, ist der Ton. Auch wenn es zunächst abwegig erscheint, war selbst zwischen Barack Obama und Donald Trump kein wesentlicher politischer Unterschied zu erkennen. Als Trump 2017 aus der UNESCO austrat, vollendete er letztlich das, was Obama begonnen hatte, der 2011 die Zahlungen der USA an die UNESCO einstellen ließ, nachdem die palästinensische Autonomiebehörde als Mitglied aufgenommen wurde. Der Friedensnobelpreisträger Obama hielt die Kriege, die sein Vorgänger Bush begonnen hatte, nicht nur aufrecht, sondern weitete diese aus. Er weigerte sich außerdem, dem Anti-Landminen-Abkommen, der sogenannten Ottawa-Konvention, beizutreten. Biden, der unter Obamas Präsidentschaft Vizepräsident war, wird also kaum eine politische Wende herbeiführen, wenn er Trump ablöst. Insbesondere wird sich außenpolitisch nichts ändern. Die USA werden mit der gleichen Aggressivität ihre Kolonialpolitik vorantreiben.

Die US-amerikanische Präsidentschaftswahl ist in Wahrheit wenig spannend. Vor der Wahl ist nach der Wahl. Wichtiger als die Frage nach dem Präsidenten ist die nach der Politik. Gerade für die Muslime ist die Außenpolitik der USA von Bedeutung und diese wird auch unter Biden gleich bleiben. Die Lage im Irak, in Afghanistan und in den islamischen Ländern insgesamt wird sich für die Muslime durch einen neuen Präsidenten der USA nicht verbessern. Biden wird den Kampf gegen den Islam und die Muslime mit dem gleichen Engagement fortsetzen wie seine Vorgänger. Aufgrund seines Amtes wird er wie alle anderen Präsidenten für den Tod unzähliger Muslime verantwortlich sein. Die Muslime sollten sich daher nicht davon blenden lassen, dass Biden zivilisierter auftritt als Trump. Biden ist sogar viel gefährlicher als Trump, da er schon lange wichtige politische Ämter innehatte und erfahren ist im Kampf gegen die Muslime. Trumps politische Karriere hingegen begann und endete mit seiner Präsidentschaft. Das Interesse und die Aufmerksamkeit der Muslime sollte daher nicht der Präsidentschaftswahl gelten, sondern der Politik der USA, die im Wesentlichen für die Konflikte und Kriege in der islamischen Welt verantwortlich ist.