Dänemark pflegt seine Traditionen. Dazu gehört seit Jahren auch die islamfeindliche Haltung der Dänen. Noch vor den Franzosen preschten sie mit Karikaturen gegen den Propheten Muḥmmad (s.) vor, die 2005 in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten veröffentlicht wurden. Dänemark führte quasi diese Karikaturen-Tradition ein, die andere später übernahmen. Und nun kommt das Land mit einem neuen antiislamischen Plan, der, wenn er sich durchsetzt, von anderen europäischen Ländern übernommen werden könnte. Die dänische Regierung hatte angekündigt, in allen Stadtteilen eine Obergrenze von 30 Prozent für Bewohner nicht westlicher Herkunft einzuführen. Man muss wirklich kein Genie sein, um zu schlussfolgern, dass die Muslime damit gemeint sind. Diese ungeheuerliche Ankündigung muss man erst einmal auf sich wirken lassen, damit man versteht, was diese scheinbar harmlose Formulierung „nicht westlicher Herkunft“ für Konsequenzen hat, wenn man sie in den Kontext der dänischen Antiislampolitik setzt.
Es ist ein historisch äußerst belasteter Weg, den Dänemark da beschreiten will. Die Herkunft eines Menschen hat nichts mit seiner Staatsangehörigkeit zu tun, die er erwerben kann. Auf seine Herkunft hat er keinen Einfluss und diese soll in Zukunft darüber bestimmen, wo er in Dänemark leben darf. Wenn sich das durchsetzt, wird es im nächsten Schritt vielleicht darum gehen, wo ein Mensch mit nicht westlicher Herkunft arbeiten oder wo er sich im Land aufhalten darf. Gibt es in Zukunft möglicherweise Verbotszonen für Menschen mit nicht westlicher Herkunft? Wird sich eine Art Apartheid durchsetzen mit Schulen für Kinder nicht westlicher Herkunft? Muss man, sollte das Gesetz einer Obergrenze in Kraft treten, einen Arier- oder Wikingernachweis erbringen, bevor man auf Wohnungssuche in Dänemark geht? Öffnet ein Staat erst einmal eine solche Tür, bricht ein Tabu nach dem anderen weg. Dann wird bei allem die Frage nach der Herkunft zur Gewohnheit und eine westliche Herkunft zur Voraussetzung für Akzeptanz. Es ist rassistisch und suggeriert zudem, dass Menschen nicht westlicher Herkunft die Ursache sämtlicher Probleme im Staat sind. Was daraus folgt, kennen wir aus der Geschichte.
Was ist überhaupt eine nicht westliche Herkunft? Ist es eine geographische Frage? Gilt der gesamte europäische Kontinent als westlich? Dann fiele der europäische Teil der Türkei in diese Kategorie, während „Israel“ im Nahen Osten eindeutig nicht westlich wäre. Man kann sich aber kaum vorstellen, dass ein in Dänemark lebender Türke freie Stadtteilauswahl bekäme, ein dort lebender Israeli jedoch nicht. Die dänische Regierung meint mit Sicherheit nicht das Land, aus dem jemand kommt. Eine nicht westliche Herkunft ist in erster Linie ideologisch gemeint und nicht geographisch. Dänemarks Innenminister Kaare Dybvad Bek spricht von „religiösen und kulturellen Parallelgesellschaften“, und damit ist klar, dass er sich explizit auf Muslime bezieht. Mit seinem Vorhaben spaltet der dänische Innenminister die Gesellschaft in Muslime und Nichtmuslime und die Muslime will er massiv einschränken. Muslimen wird es in Zukunft deutlich erschwert, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Der Nachteil, den sie als Minderheit ohnehin schon haben, wird verstärkt. Scheinbar schwebt Dänemark eine „Säuberung“ des Landes von Muslimen vor und an dieses Ziel tastet es sich langsam heran. Denn wer kann garantieren, dass die geplanten 30 Prozent nicht im nächsten Schritt 20 Prozent und weniger werden? Wo sollen dann Menschen mit nicht westlicher Herkunft hin, wenn alle Stadtteile die festgelegte Höchstgrenze erreicht haben?
Inzwischen ist es zur Gewohnheit westlicher Staaten geworden, ihr politisches Versagen auf Muslime abzuwälzen und der Mehrheitsgesellschaft durch Stigmatisierung der Muslime einen Sündenbock zu präsentieren, der die Ursache für Missstände sein soll, an denen eigentlich die Politik Schuld hat. Die Regierungen haben ihre Antiislampolitik ausgeweitet und differenzieren nicht einmal mehr zwischen jenen, die sie für Islamisten halten, und „normalen“ Muslimen. Ähnliches konnte man schon in Frankreich bei dem neuen Antiislamgesetz beobachten. Wovor sich die Staaten noch scheuen, ist, konkret von Muslimen und Islam zu sprechen, wenn es darum geht, neue Gesetze auf den Weg zu bringen, deren Gegenstand die Unterdrückung und Diskriminierung von Muslimen ist. In Frankreich nannte man es „Gesetz zur Stärkung republikanischer Prinzipien“ und in Dänemark soll es ein Gesetz sein, in dem es um Menschen mit nicht westlicher Herkunft geht. Noch spricht man nicht von „islamischer Herkunft“, auch wenn man diese meint. Der Bezug zum Nationalsozialismus wäre zu offensichtlich, hätte die dänische Regierung eine Höchstgrenze für Muslime in allen Stadtteilen Dänemarks gefordert, statt von nicht westlicher Herkunft zu sprechen. Westliche Staaten wie Dänemark oder Frankreich wollen eine radikale Antiislampolitik betreiben, ohne dabei als antiislamisch gebrandmarkt zu werden.
Wie fortgeschritten die islamfeindliche Politik in Dänemark ist, zeigt sich daran, dass sie seit Jahren von den Sozialdemokraten betrieben wird und nicht etwa von den Rechten. Für ein islamfeindliches Klima braucht es heutzutage keine Rechten mehr, die von den Sozialdemokraten mit den eigenen Waffen geschlagen wurden. Die dänische Antiislampolitik ist Normalität und zielt darauf ab, die Anzahl der Muslime im Land zu reduzieren. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen vertritt die Meinung, dass Asylbewerber in Lagern auf dem afrikanischen Kontinent untergebracht werden sollten. Im vergangenen Jahr schuf die Regierung eine Arbeitsgruppe, die daran arbeiten soll, Aufnahmezentren in Drittländern außerhalb der EU zu schaffen, nämlich in Libyen, Tunesien oder Marokko. In Dänemark gibt es keine Integrations-, sondern eine Rückführungspolitik, die vor allem auf Einwanderer aus dem Nahen und Mittleren Osten abzielt, d. h. auf Muslime. Staatliche Leistungen, die Einwanderer erhalten, heißen Rückführungsleistungen, damit den Leistungsempfängern bewusst bleibt, dass ihr Aufenthalt in Dänemark begrenzt ist und der Staat auf ihre Rückführung hinarbeitet. Die Bezüge für Sozialhilfe sind zudem geringer als die vom Rest der Bevölkerung. Kommunen müssen ihnen keine Wohnungen bereitstellen, sondern lediglich Unterbringungsmöglichkeiten. Mitarbeiter von Ausländerbehörden konzentrieren sich auf Rückführungen in die Heimatländer und der Kreis sicherer Länder soll möglichst erweitert werden. Sobald Länder als sicher eingestuft werden, werden Aufenthaltsgenehmigungen entzogen und Personen abgeschoben. Einwanderern soll durch alle möglichen Schikanen ihr Aufenthalt so unangenehm wie möglich gemacht werden. Familienzusammenführungen werden begrenzt und erschwert. Es wird ein permanentes Gefühl der Angst erzeugt, jederzeit abgeschoben werden zu können, so dass Einwanderer gar nicht erst die Möglichkeit bekommen oder den Wunsch hegen sollen, sich zu integrieren. Frederiksen sagte am 22. Januar während einer parlamentarischen Anhörung: „Unser Ziel ist null Asylbewerber.“ Die dänische Politik zielt darauf ab, Dänemark von Muslimen zu „säubern“, so dass die Festlegung einer Höchstgrenze für Bewohner mit nicht westlicher Herkunft einen weiteren Schritt in diese Richtung darstellt. Dänemark würde alle Muslime am liebsten nach Afrika deportieren.