Islamrechtliche F&A Die Erläuterung des Hadith: „Und meine Umma wird sich in 73 Gruppen spalten“

Frage: Es sprach der Gesandte Allahs (s): Meine Umma wird sich in dreiundsiebzig Gruppen spalten. Alle werden im Feuer sein, bis auf eine! Ich bitte euch, diesen Hadith zu erklären!

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage

Die Erläuterung des Hadith: „Und meine Umma wird sich in 73 Gruppen spalten“

Frage:

As-salāmu ʿalaikum wa raḥmatullāhi wa barakātuh!

Ich bin ʿAbdullāh aus Afghanistan. Unser ehrenwerter Scheich, möge Allah (t) euch schützen!

Es sprach der Gesandte Allahs (s):

«ستنقسم أمتي إلى ثلاثة وسبعين فرقة وكلها في النار ما عدا واحدا»

Meine Umma wird sich in dreiundsiebzig Gruppen spalten. Alle werden im Feuer sein, bis auf eine!

Ich bitte euch, diesen Hadith zu erklären!

Antwort:

Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh!

Erstens: Der Hadith, nach dem du fragst, ist in seiner Formulierung anders ergangen als in deiner Frage erwähnt. In einer Frage/Antwort vom 24. Rabīʿ al-Āḫir 1439 n. H., dem 11.01.2018, haben wir uns diesem ehrwürdigen Hadith in seinen unterschiedlichen Tradierungen gewidmet, von denen manche diverse Ergänzungen aufweisen. Am Ende der Antwort sind wir zum Schluss gelangt, dass der Hadith über die Spaltung der Umma in dreiundsiebzig Gruppen ohne Ergänzungen richtig ist und dass die erste Ergänzung: „Alle sind im Feuer, bis auf eine.“ von vielen als authentisch eingestuft wurde… Die zweite Ergänzung: „Alle sind im Paradies, bis auf eine.“ wird hingegen von vielen für schwach gehalten, und diejenigen, die sie für ṣaḥīḥ oder ḥasan halten, sind wenige. Demzufolge überwiegt bei mir die Ansicht, dass die Ergänzung „Alle sind im Feuer, bis auf eine.“, jene ist, die man heranziehen sollte. Die andere Ergänzung „Alle sind im Paradies, bis auf eine.“ ist gemäß dem, was wir hinsichtlich der Tradierungen der beiden Ergänzungen ausgeführt haben, nicht heranzuziehen. Auf Basis dessen, was wir in der erwähnten Frage/Antwort dargelegt haben, zählen zu den Tradierungen, auf die man sich stützen und als Beleg heranziehen kann, die folgenden:

– At-Tirmiḏī berichtet in seinem Werk „as-Sunan“ in geschlossener Kette von Abū Huraira, dass der Gesandte Allahs (s) sprach:

«تَفَرَّقَتْ الْيَهُودُ عَلَى إِحْدَى وَسَبْعِينَ أَوْ اثْنَتَيْنِ وَسَبْعِينَ فِرْقَةً وَالنَّصَارَى مِثْلَ ذَلِكَ وَتَفْتَرِقُ أُمَّتِي عَلَى ثَلَاثٍ وَسَبْعِينَ فِرْقَةً»

Die Juden haben sich in einundsiebzig oder zweiundsiebzig Gruppen gespalten und die Christen ebenso. Meine Umma wird sich in dreiundsiebzig Gruppen spalten.[ Tirmiḏī ]

Dazu existieren noch Berichte von Saʿd, ʿAbdullāh ibn ʿAmr und ʿAuf ibn Mālik. Abū ʿĪsā erklärte: Der Hadith von Abū Huraira ist ḥasan-ṣaḥīḥ. In einer anderen Tradierung bei at-Tirmiḏī von ʿAbdullāh ibn ʿAmr heißt es: Es sprach der Gesandte Allahs (s):

«… وَإِنَّ بَنِي إِسْرَائِيلَ تَفَرَّقَتْ عَلَى ثِنْتَيْنِ وَسَبْعِينَ مِلَّةً وَتَفْتَرِقُ أُمَّتِي عَلَى ثَلَاثٍ وَسَبْعِينَ مِلَّةً كُلُّهُمْ فِي النَّارِ إِلَّا مِلَّةً وَاحِدَةً قَالُوا وَمَنْ هِيَ يَا رَسُولَ اللَّهِ قَالَ مَا أَنَا عَلَيْهِ وَأَصْحَابِي»

(…) Und wahrlich: Die Kinder Israels haben sich in zweiundsiebzig Gemeinschaften gespalten, und meine Umma wird sich in dreiundsiebzig Gemeinschaften spalten. Alle werden im Feuer sein, bis auf eine. Sie fragten: „Und wer ist diese, o Gesandter Allahs?“ Er antwortete: „Die auf demselben Bekenntnis stehen wie ich und meine Gefährten.“

Abū ʿĪsā erklärte: „Dieser Hadith ist ḥasan-ṣaḥīḥ.“

– Im al-Mustadrak berichtet al-Ḥākim in geschlossener Kette nach den Regeln der beiden Ṣaḥīḥ-Werke von Abū ʿĀmir ʿAbdullāh ibn Luḥai, der sprach: Wir vollzogen mit Muʿāwiya ibn Abī Sufyān die Pilgerfahrt (…) Als er das Mittagsgebet in Mekka verrichtet hatte, sagte er:„Es sprach der Prophet (s):

«إِنَّ أَهْلَ الْكِتَابِ تَفَرَّقُوا فِي دِينِهِمْ عَلَى اثْنَتَيْنِ وَسَبْعِينَ مِلَّةً، وَتَفْتَرِقُ هَذِهِ الْأُمَّةُ عَلَى ثَلَاثٍ وَسَبْعِينَ كُلُّهَا فِي النَّارِ إِلَّا وَاحِدَةً وَهِيَ الْجَمَاعَةُ…»

Wahrlich, die Anhänger der Schrift haben sich hinsichtlich ihres Glaubens in zweiundsiebzig Gemeinschaften gespalten. Und diese Umma wird sich in dreiundsiebzig Gemeinschaften spalten, alle werden im Feuer sein, bis auf eine, und das ist die ğamāʿa. (…)“[ Abū Dāwūd ]

Al-Ḥākim führt dazu aus: „Alle diese Stränge können als Beleg herangezogen werden, um diesen Hadith als richtig einzustufen.“ Aḏ-Ḏahabī stimmte ihm zu.

– Abū Dāwūd in seinem Werk „as-Sunan“ sowie ibn Māğa brachten Ähnliches in geschlossener Kette heraus.

Zweitens: Die Bedeutung des Hadithes, wie sie für uns überwiegt, ist die folgende:

1. Die Begriffe al-furqa und at-tafarruq (zu Deutsch: die Spaltung, das Auseinandergehen) sind in den Offenbarungstexten oft im Sinne eines Dissenses in der ʿaqīda und den Glaubensfundamenten, also in den definitiven Inhalten und bei klaren Evidenzen, verwendet worden.

Der Erhabene sagt:

﴿وَلَا تَكُونُوا كَالَّذِينَ تَفَرَّقُوا وَاخْتَلَفُوا مِنْ بَعْدِ مَا جَاءَهُمُ الْبَيِّنَاتُ وَأُولَئِكَ لَهُمْ عَذَابٌ عَظِيمٌ

Und seid nicht wie jene, die gespalten (tafarraqū) und uneins sind, nachdem die deutlichen Zeichen zu ihnen kamen; und diese erwartet eine schmerzliche Strafe.[3:105]

﴿وَمَا تَفَرَّقَ الَّذِينَ أُوتُوا الْكِتَابَ إِلَّا مِنْ بَعْدِ مَا جَاءَتْهُمُ الْبَيِّنَةُ

Und diejenigen, denen die Schrift gegeben wurde, waren nicht eher gespalten (mā tafarraqa), als bis der klare Beweis zu ihnen gekommen war.[98:4]

﴿إِنَّ الدِّينَ عِنْدَ اللَّهِ الْإِسْلَامُ وَمَا اخْتَلَفَ الَّذِينَ أُوتُوا الْكِتَابَ إِلَّا مِنْ بَعْدِ مَا جَاءَهُمُ الْعِلْمُ بَغْياً بَيْنَهُمْ وَمَنْ يَكْفُرْ بِآيَاتِ اللَّهِ فَإِنَّ اللَّهَ سَرِيعُ الْحِسَابِ

Wahrlich, die Glaubensordnung (dīn) bei Allah ist der Islam. Und diejenigen, denen die Schrift gegeben wurde, sind erst uneins geworden, als das Wissen zu ihnen kam – aus Missgunst untereinander. Und wer die Zeichen Allahs verleugnet, dann wahrlich: Allah ist schnell im Abrechnen.[3:19]

﴿إِنَّ الَّذِينَ فَرَّقُوا دِينَهُمْ وَكَانُوا شِيَعاً لَسْتَ مِنْهُمْ فِي شَيْءٍ إِنَّمَا أَمْرُهُمْ إِلَى اللَّهِ ثُمَّ يُنَبِّئُهُمْ بِمَا كَانُوا يَفْعَلُونَ

Wahrlich, mit denjenigen, die ihre Glaubensordnung spalteten (farraqū dīnahum) und zu Lagern geworden sind, hast du nichts gemein. Ihre Angelegenheit steht (allein) bei Allah. Hierauf wird Er ihnen kundtun, was sie zu tun pflegten.[6:159]

2. Der Ausdruck ğamāʿa (Gruppe, Gemeinschaft) in diesen Hadithen wird islamrechtlich für die Gemeinschaft der Muslime verwendet, die sich auf Grundlage der islamischen ʿaqīda zusammengeschlossen hat. Mehrere Offenbarungstexte legen diese Bedeutung dar, so zum Beispiel der bei al-Buḫārī und Muslim tradierte Hadith von ʿAbdullāh ibn Masʿūd, der sagte: Es sprach der Gesandte Allahs (s):

«لَا يَحِلُّ دَمُ امْرِئٍ مُسْلِمٍ يَشْهَدُ أَنْ لَا إِلَهَ إِلَّا اللَّهُ وَأَنِّي رَسُولُ اللَّهِ إِلَّا بِإِحْدَى ثَلَاثٍ الثَّيِّبُ الزَّانِي وَالنَّفْسُ بِالنَّفْسِ وَالتَّارِكُ لِدِينِهِ الْمُفَارِقُ لِلْجَمَاعَةِ»

Das Blut eines Muslims, der bezeugt, dass es keinen Gott gibt außer Allah und dass ich der Gesandte Allahs bin, ist unantastbar außer bei dreien: ein verehelichter Unzüchtiger, ein Leben für ein Leben und derjenige, der seinen Glauben verlässt und sich von der Gemeinschaft (ğamāʿa) trennt.

Dies ist die Tradierung bei Muslim. In diesem ehrwürdigen Hadith macht der Prophet (s) klar, dass die Trennung von der ğamāʿa das Verlassen des Glaubens und der Abfall von ihm bedeutet. Denn er beschreibt denjenigen, der von seinem Glauben abfällt, als jemanden, der sich von der ğamāʿa getrennt hat. Daraus erkennt man, dass das Verlassen der ğamāʿa in diesem Sinne kufr und Austritt aus dem Glauben und der Glaubensgemeinschaft bedeutet.

– Im Werk „Fatḥ al-Bārī šarḥ ṣaḥīḥ al-al-Buḫārī“ von ibn Ḥağar wird Folgendes ausgeführt:

Die Aussage „der seinen Glauben verlässt und aus der ğamāʿa austritt“ wird so in al-Kušmīhanīs Tradierung von Abū Ḏarr erwähnt. Bei den anderen heißt es: „der vom Glauben abfällt“. Bei an-Nasafī, as-Saraḫsī und al-Mustamlī lautet die Aussage: „der von seinem Glauben abfällt (al-māriq li dīnih)“. Aṭ-Ṭībī erklärte dazu: „Al-māriq li dīnih ist derjenige, der aus seinem Glauben austritt, denn murūq bedeutet das Austreten. Und die Tradierung bei Muslim lautet: „der seinen Glauben verlässt (at-tārik li dīnih) und sich von der Gemeinschaft trennt (al-mufāriq li-l-ğamāʿa). Auch in seiner Tradierung von aṯ-Ṯaurī heißt es: „und der sich von der Gemeinschaft (ğamāʿa) trennt“.Mit „ğamāʿa“ ist hier die Gemeinschaft der Muslime gemeint. Das heißt, er hat sich durch seine Apostasie von ihnen getrennt und sie verlassen. Es handelt sich also um eine Beschreibung desjenigen, der die Gemeinschaft verlässt und sich trennt. Al-Baiḍāwī führt aus: „Die Beschreibung ‚der seinen Glauben verlässt‘ dient der Untermauerung des Merkmals eines Abtrünnigen, der die ğamāʿa, die Gemeinschaft der Muslime, verlässt und aus ihrer Gesamtheit ausgetreten ist… (Ende des Zitats)

3. Aus den Aussagen des Gesandten (s) in den unterschiedlichen Tradierungen des Hadithes:

«وَتَفْتَرِقُ أُمَّتِي»

Und meine Umma wird sich spalten

«وَتَفْتَرِقُ هَذِهِ الْأُمَّةُ»

Und diese Umma wird sich spalten

«وَإِنَّ هَذِهِ الْمِلَّةَ سَتَفْتَرِقُ»

Und wahrlich, diese Glaubensgemeinschaft (milla) wird sich spalten

geht klar hervor, dass mit „Umma“ und „milla“ die islamische Umma gemeint ist, die sich zur Glaubensordnung des Islam bekennt. So hat der Gesandte (s) in einer Tradierung die Umma sich selbst zugeordnet:

«أُمَّتِي»

meine Umma

In den anderen Tradierungen hat er sie ebenso klar bestimmt:

«هَذِهِ الْأُمَّةُ»

diese Umma

«وهَذِهِ الْمِلَّةَ»

diese milla.

Es ist also offensichtlich die Rede von einer bestimmten Umma und einer bestimmten milla, nämlich der Umma des Islam.

4. Bekanntlich gibt es im Islam einen wünschenswerten und einen verpönten Dissens. Der wünschenswerte Dissens ist jener in den Fragen des iğtihāds aufgrund des unterschiedlichen Verständnisses der Texte. Wer dabei das Richtige trifft, erhält einen doppelten Lohn, und wer das Falsche trifft, einen einfachen, wie es in dem von al-Buḫārī tradierten Hadith erwähnt wird. So berichtet ʿAmr ibn al-ʿĀṣ, dass er den Gesandten Allahs (s) sagen hörte:

«إِذَا حَكَمَ الْحَاكِمُ فَاجْتَهَدَ ثُمَّ أَصَابَ فَلَهُ أَجْرَانِ وَإِذَا حَكَمَ فَاجْتَهَدَ ثُمَّ أَخْطَأَ فَلَهُ أَجْرٌ»

Wenn der Richter urteilt, sich bemüht und das Richtige trifft, so erhält er einen doppelten Lohn. Und wenn er urteilt, sich bemüht und das Falsche trifft, so erhält er einen einfachen Lohn.

Zum verpönten Dissens zählt der Dissens im Überzeugungsfundament, in den definitiven Angelegenheiten und den faktischen Evidenzen. Der Dissens in diesem Bereich schließt die Person aus dem Islam aus. Dazu zählt auch der Dissens aufgrund von Lust und Leidenschaft, wie bei den Anhängern von Neuerungen (bidaʿ) in der Glaubenspraxis, die mit ihrer Neuerung keinen kufr begehen, oder der Meinungsunterschied hinsichtlich des Imam und des Gehorsams ihm gegenüber sowie andere Arten von verpönter Uneinigkeit, die den Protagonisten nicht aus dem Islam austreten lässt.

Drittens: Auf Grundlage und unter Berücksichtigung der oben erwähnten Anmerkungen können wir nun den ehrwürdigen Hadith über die Spaltung der Juden und Christen sowie über die Spaltung der islamischen Umma verstehen und ihn wie folgt erläutern:

1. Allah, der Erhabene, entsandte Moses mit der wahren Glaubensordnung zum Volke Israels. Wer an ihn glaubte, schloss sich mit ihm auf Basis der wahren ʿaqīda, der ʿaqīda des tauḥīds, zusammen. Dadurch wurden sie zu einer einheitlichen gläubigen Bekenntnisgemeinschaft. Doch mit der Zeit traten aus dieser Gemeinschaft Menschengruppen aus, die im Glauben mit ihr uneins waren:

«إِنَّ أَهْلَ الْكِتَابِ تَفَرَّقُوا فِي دِينِهِمْ عَلَى اثْنَتَيْنِ وَسَبْعِينَ مِلَّةً»

Wahrlich, die Anhänger der Schrift haben sich hinsichtlich ihres Glaubens in zweiundsiebzig Gemeinschaften gespalten.

Sie trennten sich von ihr im Überzeugungsfundament, in den definitiven Inhalten und Evidenzen der Glaubensordnung Mosis. Und so traten sie aus seinem Glauben aus und wurden zu Ungläubigen. Die Anzahl dieser Gruppen, die austraten und zu anderen Glaubensgemeinschaften wurden, nachdem sie von den Glaubensgrundlagen abgewichen waren, beträgt siebzig oder einundsiebzig Gruppen:

«إِنَّ أَهْلَ الْكِتَابِ تَفَرَّقُوا فِي دِينِهِمْ عَلَى اثْنَتَيْنِ وَسَبْعِينَ مِلَّةً»

Wahrlich, die Anhänger der Schrift haben sich hinsichtlich ihres Glaubens in zweiundsiebzig Gemeinschaften gespalten.

Sie alle sind ungläubige Bekenntnisgemeinschaften und werden Bewohner des Feuers sein. Jene Gruppe, die am Glauben Mosis, d. h. an der Bekenntnisgemeinschaft Mosis, festhielt – es ist dies die einundsiebzigste oder zweiundsiebzigste Gruppe – ist die Anhängerschaft der Wahrheit und wird ins Paradies einkehren. Sie ist jene Gruppe unter der Gefolgschaft des Propheten Moses, Friede und Segen auf ihm, die gerettet sein wird.

2. Ebenso entsandte Allah (t) den Propheten Jesus mit der wahren Glaubensordnung zum Volke Israels. Wer an ihn glaubte, schloss sich mit ihm auf Basis der wahren ʿaqīda, der ʿaqīda des tauḥīds, zusammen. Dadurch wurden sie zu einer einheitlichen gläubigen Bekenntnisgemeinschaft. Doch mit der Zeit traten auch aus dieser Gemeinschaft Gruppen aus, die im Glauben mit ihr uneins waren. Auch sie trennten sich von ihr im Überzeugungsfundament, in den definitiven Inhalten und den Evidenzen der Glaubensordnung Jesu, Friede sei mit ihm. Sie traten aus seinem Glauben aus und wurden zu Ungläubigen. Die Anzahl dieser Gruppen, die durch Abweichungen in den Grundlagen aus der Glaubensordnung Jesu austraten und zu anderen Bekenntnisgemeinschaften wurden, war einundsiebzig. Sie alle sind ungläubige Bekenntnisgemeinschaften und werden Bewohner des Feuers sein. Und die Gruppe, die am Glauben Jesu, d. h. an der Bekenntnisgemeinschaft Jesu, festhielt, also die zweiundsiebzigste Gruppe, ist die Anhängerschaft der Wahrheit und wird ins Paradies einkehren. Sie ist jene Gruppe unter der Gefolgschaft des Propheten Jesu, Friede und Segen auf ihm, die gerettet sein wird.

3. Sodann entsandte Allah, der Erhabene, Seinen Propheten Muḥammad (s) mit der wahren Glaubensordnung und der ʿaqīda des tauḥīd. Die Muslime nahmen seinen Glauben an und schlossen sich auf Basis der ʿaqīda zusammen, die der Prophet (s) und seine ehrwürdigen Gefährten angenommen hatten. Durch diesen Zusammenschluss wurden sie zur islamischen Umma, zur Bekenntnisgemeinschaft des Islam und zur ğamāʿa der Muslime. Von diesen Muslimen traten jedoch Leute aus dem Glauben Muḥammads (s) aus (und werden noch austreten). Sie trennten sich von der islamischen ʿaqīda und von den definitiven Glaubensinhalten und Evidenzen, die der Prophet (s), seine Gefährten und die Muslime verinnerlicht hatten (und es werden sich noch Leute trennen)… Jede dieser Gruppen, die aus dem Islam ausgetreten ist, wurde zu einer eigenen Glaubens- und Bekenntnisgemeinschaft, die sich von der Bekenntnisgemeinschaft des Islam unterscheidet, da sie Glaubensüberzeugungen angenommen hat, die der islamischen ʿaqīda widersprechen… Und die Anzahl dieser Gruppen, die Muslime waren und aus dem Islam ausgetreten sind, ist zweiundsiebzig oder wird zweiundsiebzig sein. Es sind alles ungläubige Gruppierungen, die im Feuer sein werden… Die dreiundsiebzigste Gruppe ist die Ursprungsgemeinschaft, die Gemeinschaft des Islam (ğamāʿa), die sich weiterhin zum Glauben des Propheten (s) und seiner ehrwürdigen Gefährten bekennt und an den definitiven Inhalten und Evidenzen des Islam festhält. Dies ist die islamische Umma, die an Allah, Seine Engel, Seine Bücher, Seine Gesandten und den Jüngsten Tag sowie an Schicksal und Bestimmung glaubt, die im Guten wie im Schlechten von Allah, dem Erhabenen, stammen. Es ist dies die islamische Umma in ihrer Gesamtheit, welche die gerettete Gemeinschaft verkörpert und zu den Bewohnern des Paradieses zählt. Es ist jene Gruppe, jene Bekenntnisgemeinschaft, die vereint auf demselben Fundament steht, auf dem der Prophet (s) und seine Gefährten gestanden sind, und diese wird als ğamāʿa bezeichnet.

Viertens: Basierend auf dieser Erklärung der Bedeutung und Realität des Hadithes können wir Folgendes schließen:

1. Die errettete Gruppe ist die islamische Umma im allgemeinen Sinne, die vereint auf dem islamischen Überzeugungsfundament sowie auf den definitiven Inhalten und Evidenzen der islamischen Glaubensordnung steht, und zwar ungeachtet der unterschiedlichen Meinungen, Ideen und Rechtsschulen, welche die Muslime in den Zweigen der ʿaqīda und der islamischen Rechtssprüche etc… vertreten. Grund dafür, dass sie gerettet ist und ins Paradies eintreten wird, ist die Tatsache, dass sie über die ʿaqīda des Islam, seine definitiven Inhalte und Evidenzen īmān vollzogen hat. Folglich gilt:

a) Die ahl as-sunna wa-l-ğamāʿa unter den Scholastikern, wie die ašʿarīya, die mātūridīya und die restlichen Schulen der Scholastik, sowie die so genannten „Salafisten“, die Hadith-Anhänger und andere Meinungsträger und Vertreter islamischer Denkschulen, sie alle sind – mit Allahs Erlaubnis – Teil der geretteten Gruppe, da sie zu den Anhängern des Propheten Muḥammad (s) zählen, die sich zum islamischen Überzeugungsfundament sowie zu den definitiven Inhalten und Evidenzen des Islam bekennen…

Die vorhandenen Meinungsunterschiede zwischen ihnen schließen sie aus dem Islam nicht aus.

b) Die unterschiedlichen Rechtsschulen, wie die Hanafiten, Malikiten, Schafiiten, Hanbaliten und andere sowie die Anhänger der diversen muğtahidūn gehören – mit der Erlaubnis Allahs – ebenso zur geretteten Gruppe, da sie gleichsam zu den Anhängern des Propheten Muḥammad (s) zählen, die sich zum islamischen Überzeugungsfundament sowie zu den definitiven Inhalten und Evidenzen des Islam bekennen… Auch die zwischen ihnen vorhandenen Meinungsunterschiede schließen sie aus dem Islam nicht aus.

c) Die islamischen Gruppierungen und Bewegungen, die in unserer heutigen Zeit tätig sind, wie Hizb-ut-Tahrir, die Muslimbrüder, die ğamāʿat at-tablīġ, die dschihadistischen und salafistischen Gruppierungen und andere, sie alle gehören mit der Erlaubnis Allahs ebenso zur geretteten Gruppe, da sie zu den Anhängern des Propheten Muḥammad (s) zählen, die sich zum islamischen Überzeugungsfundament sowie zu den definitiven Inhalten und Evidenzen des Islam bekennen…

Die vorhandenen Meinungsunterschiede zwischen ihnen schließen sie ebenso wenig aus dem Islam aus.

Daher ist es unzulässig, wenn irgendeine Gruppierung aus der islamischen Umma aufgrund dieses ehrwürdigen Hadithes behauptet, dass sie die gerettete Gruppe und Gemeinschaft sei. Das würde nämlich bedeuten, dass sie alle anderen Muslime, die ihr widersprechen, aus dem Islam ausschließt, was auf keinen Fall zulässig wäre. Denn alle Muslime, die sich zur islamischen ʿaqīda sowie zu den definitiven Inhalten und Evidenzen des Islam bekennen, zählen mit der Erlaubnis Allahs zur geretteten Gemeinschaft.

2. Die Gruppen, die aus dem Islam ausgetreten und Ungläubige geworden sind und es damit verdient haben, als Bewohner des Feuers zugrunde zu gehen, sind jene, die den Fundamenten des Glaubens widersprochen haben und von der islamischen ʿaqīda und den definitiven Inhalten und Evidenzen des Islam abgewichen sind. Es sind jene Gruppen, die Allah (t) etwas beigesellt, jemanden nach Muḥammad (s) zum Propheten erklärt, die Sunna des Gesandten Allahs (s) negiert und ähnliche Apostasien begangen haben, wie zum Beispiel die Drusen, die nuṣairīya (Aleviten), die bahāʾīya (Bahai-Anhänger), die qādyānīya (Ahmadiyya) und andere ungläubigen Gruppen, die aus dem Islam ausgetreten sind… Ihre Entsprechung unter den Juden, die aus dem Glauben Moses austraten, war jene jüdische Gruppierung, die den Propheten ʿUzair, Friede sei mit ihm, zum Sohn Gottes erklärte. Unter den Christen waren es jene, die Jesus zum Sohn Gottes erhoben… Diese Leute sind in ihrem Überzeugungsfundament von der ʿaqīda und der Glaubensordnung dieser beiden ehrwürdigen Propheten abgewichen und somit zu Ungläubigen geworden.

Ich hoffe, dass die Bedeutung des Hadithes mit dieser Erläuterung klar geworden ist, doch Allah ist wissender und weiser.

Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta

16. Ğumādā l-Āḫira 1442 n. H.

29.01.2021