Ausland Die Gesetze des Rassismus gelten auch in der Pandemie

Die Corona-Pandemie ist ein weltweiter Ausnahmezustand mit vielen Veränderungen und Einschränkungen. Die Menschen haben das Gefühl, dass die Welt, die sie kannten, nicht mehr existiert.

Die Corona-Pandemie ist ein weltweiter Ausnahmezustand mit vielen Veränderungen und Einschränkungen. Die Menschen haben das Gefühl, dass die Welt, die sie kannten, nicht mehr existiert. Kinder gehen nicht mehr in die Schule, Geschäfte und Restaurants sind geschlossen, es bestehen Ausgangssperren, die Menschen müssen Masken tragen usw. Den Menschen kann die Pandemie aber nicht verändern, d. h., sie kann aus ihm keinen besseren oder schlechteren Menschen machen. Sein Verhalten hängt ausschließlich von seiner Überzeugung und seinem Denken ab und deshalb ändern sich manche Dinge auch in einer Pandemie nicht, worunter der Rassismus fällt.

Die ganze Welt ist ohne Ausnahme von der Pandemie betroffen und kein einziger Staat hat es bislang geschafft, sie erfolgreich zu bekämpfen. Bedingte Erfolge in einzelnen Ländern hängen mit harten Maßnahmen und einer besseren Impfquote zusammen. Doch in Deutschland verbreitete sich die rassistische Idee, Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund könnten für hohe Inzidenzzahlen verantwortlich sein. Die Medien haben sich auf dieses vermeintliche Problem gestürzt und die Politik scheint wieder ein Thema für sich gefunden zu haben, das von ihren Fehlern ablenkt. In Deutschland hat die Politik bei der Bekämpfung der Pandemie auf ganzer Linie versagt, ob es die verspätete Einführung der Maskenpflicht, das Versagen in der Beschaffung von Impfstoff, das bürokratische Festhalten an der Impfreihenfolge oder aber die Inkompetenz im Homeschooling ist. Dieses massive politische Versagen lässt sich kaschieren, indem man der Öffentlichkeit einen Sündenbock präsentiert, der nun schuld daran sein soll, dass man die Pandemie nicht in den Griff bekommt. Schuld seien die Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund, womit man gleich alle „Nichtarier“ unter einen Hut bringt, unabhängig davon, ob jemand den deutschen Boden gerade erst betreten hat oder ob man schon zur x-ten Generation gehört und im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist. Wer den deutschen Pass erworben hat, gilt mit seinem Migrationshintergrund trotzdem als ausländische Keimschleuder. Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund sollen die Ursache dafür sein, dass Deutschland in der Pandemie und im Lockdown feststeckt und der Staat zudem mit dem Impfen nicht richtig vorankommt. Die Unzufriedenheit und Wut der Bürger soll sich nicht gegen die Regierung entladen, sondern gegen Migranten. Auf diese Weise stimmt das Weltbild der Rassisten wieder.

Obwohl bislang keine Daten erhoben wurden, stehen die Migranten dank der Medien schon am Pranger, ohne zu klären, ob der Aspekt der Migration tatsächlich ausschlaggebend ist oder ob nicht andere Faktoren eine Rolle spielen. Migranten sind oftmals aus anderen Gründen einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt, etwa durch beengte Wohnverhältnisse oder aufgrund von unterbezahlten Jobs, in denen sie nicht ins Homeoffice gehen können, sondern in Kontakt sind mit vielen Menschen, ohne dass am Arbeitsplatz ausreichend Schutz vor einer Infektion gewährleistet ist. Der Skandal um die hohen Infektionszahlen in den Schlachtbetrieben bedingt durch die dort herrschenden Arbeitsverhältnisse wird bei dieser Debatte vergessen. Eine so differenzierte Betrachtung ist weniger medienwirksam als die populistische Frage, ob Migranten die Treiber der Pandemie seien. Die Medien blenden aus, dass es ein Deutscher war, der bei einer Karnevalsveranstaltung in Heinsberg die Pandemie in Deutschland erst richtig ins Rollen gebracht hatte. Die Corona-Leugner- und Querdenken-Szene, die sich in Massen und ohne Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln versammelt, ist hauptsächlich ein Tummelplatz für Deutsche mit rechtem Gedankengut. Und waren es nicht die vielen Urlaubsrückkehrer, die im Sommer 2020 die Infektionszahlen wieder in die Höhe schießen ließen? Wenn man will, findet man immer einen Sündenbock, wenn man oberflächlich und populistisch genug an ein Thema herangeht.

Für die Politiker ist das Thema ein gefundenes Fressen. Es gibt zwar viel zu wenig Impfstoff und eine verbissene Impfreihenfolge, dennoch maßen sich Politiker an, Migranten als Impfverweigerer hinzustellen, von denen die meisten eigentlich noch gar nicht impfberechtigt sind. Was also will man mit einer verstärkten Impfkampagne unter Migranten bezwecken, wenn sie noch keine Impfberechtigung haben? Selbst in der Pandemie können sich Politiker mit ihrem Populismus nicht zurückhalten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert Migranten in seiner altbekannten populistischen Art zur Corona-Impfung auf und behauptet: „Derzeit häufen sich die Meldungen, dass insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund einer Corona-Impfung skeptisch gegenüber stehen.“ Und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht es als „eine große Herausforderung, bei Migranten für die Impfung zu werben“. In Wahrheit gibt es keine offiziellen Zahlen, wie viele Migranten geimpft oder ihrer Impfeinladung nicht gefolgt sind. Zahlen liegen jedoch bei einer ganz anderen Gruppe vor. In München gab es am Isar-Klinikum eine Impfaktion für Lehrer, die gestoppt wurde, weil viel zu wenig kamen. Die Impfaktion galt dem Personal von Grundschulen und Kitas. Man hatte 31.000 Impfungen geplant. Geimpft wurden aber nur 9.866 Menschen, d. h. weniger als ein Drittel der geplanten Impfungen. Wolfgang Schäuble, Leiter des Corona-Stabs in München, sagte dazu: „Die Resonanz ist überschaubar, um das höflich zu formulieren.“ Da viele jüngere Frauen an Grundschulen und in Kitas arbeiten, habe es den Ärzten zufolge viele Ängste gegeben, dass sich die Impfung auf die Fruchtbarkeit auswirken könnte. Doch niemand zeigt mit dem Finger auf Lehrerinnen und Lehrer und macht sie als Gruppe für Misserfolge in der Pandemiebekämpfung verantwortlich. Eine Lehrerin darf ihre Ängste ohne Weiteres äußern, wenn sie fürchtet, dass der Impfstoff unfruchtbar machen könnte. Bei einer Migrantin wird diese Sorge als dummer Aberglaube abgetan. Migranten dürfen keine kritische Haltung zum Impfen einnehmen, ohne dafür als Impfverweigerer abgestempelt zu werden. Haben sie nicht das Recht zu fragen, was eine Impfung für gesundheitliche Folgen haben könnte, nachdem Impfstoffe wie Astrazenca oder der Impfstoff von Johnson & Johnson in Verdacht stehen, Hirnthrombosen zu verursachen? In einigen Ländern werden diese Impfstoffe aus diesem Grund auch nicht mehr verimpft. Fakt ist, dass kein einziger Impfstoff gegen eine Corona-Infektion lange genug erprobt ist. Anders als die Querdenker, die behaupten, Bill Gates wolle den Menschen einen Chip einimpfen, um sie zu kontrollieren, geht es bei der Impfskepsis von Migranten, bei der man gar nicht weiß, ob sie höher ist als bei Deutschen, um gesundheitliche Bedenken. Selbst einem eingefleischten Impfbefürworter kommen immer wieder Zweifel auf, wenn die Medien über gefährliche Nebenwirkungen berichten. Was ist anders an der Einstellung von Migranten zur Corona-Impfung im Vergleich zu der anderer Gruppen? Es gibt unter Migranten wie unter Deutschen Impfbefürworter und Impfgegner.

Selbst wenn inzwischen langsam durchdringt, dass andere Faktoren ausschlaggebend sind für ein erhöhtes Ansteckungsrisiko, wie etwa Armut, ist die Stigmatisierung von Migranten abgeschlossen. Die Botschaft ist längst im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen. Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund gelten jetzt unwiderruflich als Pandemietreiber, egal, was von Seiten der Medien und der Politik jetzt noch kommt. Der Rassismus hat sich wieder einmal durchgesetzt und ist weitaus gefährlicher für den Menschen als irgendein Virus.