Geschichte Die lange Tradition des Antisemitismus in Europa

Der Antisemitismus ist eine mächtige Waffe, die jedoch nicht auf die Juden gerichtet ist, sondern auf all jene zielt, die auch nur im Ansatz wagen, die Verbrechen der zionistischen Besatzungsmacht „Israel“ zu kritisieren.

Der Antisemitismus ist eine mächtige Waffe, die jedoch nicht auf die Juden gerichtet ist, sondern auf all jene zielt, die auch nur im Ansatz wagen, die Verbrechen der zionistischen Besatzungsmacht „Israel“ zu kritisieren. Schon der Begriff Besatzungsmacht ist ein Tabu, obwohl man völkerrechtlich von besetzten Gebieten und von Annexion spricht. Damit handelt man sich unweigerlich den Vorwurf des Antisemitismus ein. Entweder befürwortet man die israelischen Verbrechen oder man verhält sich wie die drei Affen, die nichts hören, nichts sehen und nichts sagen, um nicht ins Schussfeld dieser mächtigen Waffe zu geraten und als Antisemit gebrandmarkt zu werden.

Deutschland hat den Antisemitismus maximal umgesetzt. Im Judenhass halten die Deutschen den Weltrekord, den niemand mehr brechen kann, so verheerend waren ihre Verbrechen. Doch um zu demonstrieren, dass sie inzwischen geläutert sind und dem Antisemitismus für immer abgeschworen haben, spielen sie sich als Wächter auf und schlagen Alarm, wo kein Antisemitismus ist, während die wahren Antisemiten bereits unbekümmert im Parlament sitzen und eine echte Gefahr darstellen. Dass noch immer Judensau-Reliefs Kirchen und andere Gebäude schmücken, stört auch niemanden. Seine vermeintliche Läuterung bringt Deutschland in seiner Haltung zum sogenannten Nahostkonflikt, in seiner bedingungslosen Parteinahme für „Israel“ und dessen Verbrechen und in der Stigmatisierung der Palästinenser als antisemitische islamistische Terroristen zum Ausdruck. Deutschland muss zwangsläufig diesen Standpunkt einnehmen, denn es wird für immer ein verurteilter Judenmörder bleiben, der ewig auf Bewährung ist und auf den die Welt ein Auge hat.

Der Judenhass der Deutschen geht auf eine jahrhundertealte Tradition in Europa zurück und war kein Einfall Hitlers. In Europa selbst liegen die tiefen Wurzeln des Antisemitismus und nicht etwa im Nahen Osten. Die Judenverfolgung und der Massenmord an Juden fanden auf europäischem Boden statt oder erfolgten, wie in Palästina während der Kreuzzüge, durch Europäer. Das christlich-jüdische Abendland, mit dem die rechtsradikale AfD Politik macht, um sich mit den in Deutschland lebenden Juden gegen die Muslime zu verbünden, hat nie existiert. Bei so viel geschichtlichem Unwissen wäre es die Pflicht von Historikern, diese gigantische Lüge mit Nachdruck in der Öffentlichkeit richtigzustellen. Die vermeintliche christlich-jüdische Kultur Europas sah so aus, dass Juden über Jahrhunderte von Christen verfolgt und getötet wurden. Das Christentum bzw. die Kirche hat den Judenhass überhaupt erst heraufbeschworen und das Image der Juden als Gottesmörder geprägt. Der Massenmord der Deutschen an den Juden ist aber nicht nur christlichen Ursprungs, sondern baut außerdem auf dem Antisemitismus der Aufklärer auf.

Der Startschuss für den Antisemitismus fiel, als im 4. Jahrhundert das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion erklärt wurde. Rechtlich war das Judentum zwar eine erlaubte Religion, aber fortan galten die Juden als Heiden. Synoden und Konzilien bestimmten von nun an das Judenbild und den Umgang mit Juden. An erster Stelle stand der Vorwurf, Jesus als Messias abgelehnt und ihn durch Verrat gekreuzigt zu haben. Die Juden galten deshalb als Hauptfeinde des Christentums und Widersacher Jesus‘, die den „wahren Glauben“ ablehnen. Ihr Ruf als Gottesmörder haftet ihnen bis heute an. Mel Gibson rückte beispielsweise mit seinem Film „Die Passion Christi“ aus dem Jahr 2004 die Kollektivschuld von Juden an der Kreuzigung Jesus‘, die aus islamischer Sicht nicht stattgefunden hat, in den Mittelpunkt.

Mit der Ausbreitung des Christentums verbreitete sich gleichzeitig der Antisemitismus unter den Völkern Europas und natürlich auch die Vorstellung, die Juden seien Christusmörder. Dieses christlich geprägte Judenbild hatte für in Europa lebende Juden schwerwiegende Konsequenzen, etwa als Papst Urban II. zum 1. Kreuzzug gegen die Muslime aufrief. Nachdem im Jahr 1096 die Massen in Nordfrankreich zum Kreuzzug aufgebrochen waren, kam es zu schlimmen Judenpogromen. Pogrome gab es also nicht erst unter den Nationalsozialisten. Sie haben diese europäische Tradition lediglich weitergeführt. Die Juden waren die ersten Opfer dieses Kreuzzugs, da man auf dem Weg nach Palästina auf sie traf. Das Gelübde des berühmten Kreuzfahrers Gottfried von Bouillon, der Jerusalem eroberte und nach den Massakern an der Bevölkerung das Königreich Jerusalem regierte, beinhaltete unter anderem, dass er den Tod Jesus‘ auf dem Weg nach Jerusalem mit dem Blut der Juden rächen werde. Das nahmen viele zum Anlass für die Ermordung zahlreicher Juden. Besonders betroffen waren die Städte Speyer, Mainz und Worms. Die jüdischen Gemeinden wurden regelrecht ausgelöscht. Die Juden mussten zwischen Tod und Taufe wählen. Der 1. Kreuzzug war somit auch ein Kreuzzug gegen Juden, deren Ermordung durch die Kreuzfahrer in Jerusalem und Haifa fortgesetzt wurde, die bis dahin sicher unter islamischer Herrschaft gelebt hatten. Auch die folgenden Kreuzzüge wurden begleitet von Judenmassakern und Judenvertreibung, ob in Deutschland, Frankreich oder England.

Die Kirche fand viele Anlässe, um gegen Juden vorzugehen. Einer davon war der Hostienfrevel, dessen man Juden regelmäßig beschuldigte. Der Hostienfrevel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Christusmord und sollte diesen belegen. Den Juden wurde vorgeworfen, für die Hostienschändung gemeinschaftlich eine geweihte Hostien-Oblate zu stehlen, in der nach christlicher Vorstellung der Leib Christi anwesend sei, und diese dann zu foltern, bis die Hostie zu bluten anfange oder sich sogar in das schreiende Jesuskind verwandle. Damit würden die Juden die Ermordung Jesus‘ wiederholen. Hostienschändungsprozesse führten zur Ermordung und Enteignung von Juden und zu ihrer Vertreibung aus Städten und ganzen Regionen.

Juden galten in Europa nicht nur als Christusmörder, sondern auch als Auslöser der Pest. Als im 14. Jahrhundert die Pest in Europa ausbrach, entstand die Vorstellung, dass die Juden die Brunnen vergiftet hätten, d. h., der schwarze Tod galt als direkte Folge vergifteter Brunnen durch Juden. Damit war die Legende von den Juden als Brunnenvergifter geboren. In zahlreichen mitteleuropäischen Städten kam es aufgrund dieses Gerüchts zwischen 1348 und 1351 zu sogenannten Pestpogromen. Zusammen mit der Pest überzogen die Pogrome Europa, denen Tausende Juden zum Opfer fielen. Wer nicht getötet wurde, musste fliehen. In manchen Städten gingen die Pogrome sogar der Pest voraus.

Auch ohne eine Seuche waren Juden permanent gefährdet, etwa durch das Gerücht von den Ritualmorden, die sie an christlichen Kindern begehen würden, um deren Blut für ihre religiösen Rituale zu nutzen. Die ständige Vertreibung, Ermordung und Enteignung von Juden in vielen Teilen Europas wurde oftmals mit solchen Vorwürfen gerechtfertigt. In Frankreich erließ Philipp II., angestachelt durch Erzählungen von jüdischen Gräueltaten, im Jahr 1182 ein Edikt zur Verbannung aller Juden aus französischem Herrschaftsgebiet. Dabei bereicherte er sich an ihrem Geld und ihrem Besitz. Ihre Synagogen ließ er in Kirchen umwandeln.

Auf dem IV. Laterankonzil 1215, dem wichtigsten Konzil des Mittelalters, ordnete die Kirche an, dass Juden sich durch ihre Kleidung als Juden kenntlich machen müssen. Dazu zählen der Judenhut und vor allem der gelbe Fleck, der an der Kleidung getragen werden musste. Die Nationalsozialisten erfanden das Rad also nicht neu, sondern ergänzten im Grunde nur den Davidstern auf dem gelben Untergrund. Auch auf diesem Konzil prägte die Kirche ein bestimmtes Judenbild, nämlich das des Wucherers, indem sie das Zinsverbot für Christen formulierte, das gleichzeitig die Erlaubnis für Juden beinhaltete, Geld gegen Zinsen zu verleihen. Weil die Zinsnahme für Christen verboten war, übernahmen die Juden den Geldverleih, zumal ihnen viele andere Berufe nicht zugänglich waren. Das Einfordern von Zinsen machte sie zwangsläufig unbeliebt und der Ruf als Wucherer haftet den Juden bis heute an.

Juden wurden außerdem zunehmend vom Rest der Gesellschaft ausgegrenzt, indem sie nur noch in bestimmten Vierteln leben durften und ihr Bewegungsradius eingegrenzt wurde, so dass sie in ihren Ghettos blieben. Jahrhunderte später griffen die Nationalsozialisten lediglich auf eine jahrhundertealte europäische Tradition zurück, als sie die Juden in Ghettos sperrten.

Mit dem Aufkommen der Aufklärung nahm der Einfluss der Kirche in Europa ab, nicht aber der Antisemitismus. Während die Kirche ihren Antisemitismus religiös begründete, bekam er von den Aufklärern einen intellektuellen Anstrich. Die Aufklärung vertiefte den Antisemitismus sogar und machte ihn endgültig zu einem europäischen Kulturgut. Der französische Philosoph Voltaire, den der Westen stolz seinen einflussreichsten Aufklärer nennt, war ein großer Antisemit und hielt die Juden für von Natur aus bösartig. Über die Juden schrieb er: „Sie wurden alle mit rasendem Fanatismus im Herzen geboren, so wie die Bretonen und Deutschen alle blond sind.“ Voltaire hielt die Juden für „das abscheulichste Volk auf Erden“ und glaubte, dass „diese Leute eines Tages gefährlich würden für das Menschengeschlecht“. Er war Antisemit und Rassist in einem, weil beide Konzepte Teil der Aufklärung sind. Juden und Schwarze betrachtete Voltaire als minderwertige Menschen auf der niedrigsten Stufe der Hierarchie, von der die Aufklärer ausgingen: „Die Juden sind wie Neger, sie sind eine niedriger stehende Menschenart.“ Die folgende Aussage Voltaires muss jedes Naziherz höher schlagen lassen: „Ihr [Juden] habt es verdient, bestraft zu werden, denn das ist euer Schicksal.“ Darin könnte ein Nazi eine Rechtfertigung des Holocausts sehen, die Voltaire, der der Aufklärer schlechthin war, lieferte. Der deutsche Aufklärungsphilosoph Immanuel Kant sah in den Juden „Vampyre der Gesellschaft“. Er unterschied sich nur dadurch von Voltaire, dass er den Charakter von Juden nicht für unveränderlich hielt. Kant räumte ihnen die Möglichkeit ein, Teil der Gesellschaft zu werden, wenn sie sich von ihrem jüdischen Glauben abkehren. Das macht seinen Antisemitismus nicht besser, denn er forderte die „Euthanasie des Judentums“. Als Antisemit sah er im Judentum ein viel größeres Übel als im Christentum, obwohl man meinen könnte, Kant wäre als Aufklärer allgemein gegen Religion gewesen, ohne zwischen den Religionen zu differenzieren. Im Falle des Christentums schwebte ihm die Ausbildung der „reinen moralischen Religion“ vor, während er dem Judentum, das er verachtete, nichts Moralisches abgewinnen konnte und deshalb von der Notwendigkeit des Todes des Judentums sprach.

Eine Geschichte der Judenverfolgung wie in Europa kennt die islamische Geschichte nicht. Der einzig sichere Ort für Juden in Europa war das islamische Spanien, eine Phase, die sie als ihr Goldenes Zeitalter bezeichnen. Ihr Status im Kalifat hing weder von der Einstellung der Menschen zum Judentum noch von den Launen des Staatsoberhauptes oder dem Nutzen der Juden für den Staat ab, sondern wurde vom Islam festgelegt. Juden galten wie alle anderen Nichtmuslime unter islamischer Herrschaft als Schutzbefohlene. Der Kalif musste keine Tricks anwenden, um sie zu schützen, wie es manch ein europäischer Herrscher tat. Kaiser Friedrich II. beispielsweise erklärte 1236 die Juden zu seinen „Kammerknechten“, also zu seinem persönlichen Besitz, um ihr Leben und ihr Eigentum zu schützen und um sich durch dafür zu zahlende Sondersteuern an ihnen zu bereichern. Das Leben in Sicherheit nahm aber auch in Spanien für die Juden ein Ende, als die islamische Herrschaft dort 1492 endete und Juden und Muslime gleichermaßen verfolgt, vertrieben und ermordet wurden, sofern sie nicht zwangschristianisiert wurden. Aber auch da legte die islamische Herrschaft ihre schützende Hand über die Juden. Der damalige Kalif Beyazid II. schickte Schiffe, um sie zu retten, und nahm sie im Kalifat auf.

Die Kritik am Zionismus, der die Grundlage für „Israels“ menschenverachtende Politik und Verbrechen bildet, darf nicht mit Antisemitismus verwechselt werden. Sie hat mit politischen Ereignissen in Vergangenheit und Gegenwart zu tun und interessiert sich nicht für das Judentum, sondern legt den Fokus auf „Israel“ als Besatzungsmacht und seine jahrzehntelangen Verbrechen, zu denen Landraub und Vertreibung zählen. Antisemitismus ist hingegen ein europäisches Kulturgut, das der Westen bis heute nicht aufgegeben hat. Aus den historischen Wurzeln des Antisemitismus wächst immer wieder etwas nach. Denn diese wurden nie ausgerissen. Rechtspopulisten regen ihr Wachstum immer wieder an.