Im Namen Allahs, des Erbarmungsvollen, des Barmherzigen
Aus der Serie der Antworten von Scheich ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta
des amīrs von Hizb-ut-Tahrir,
auf die Fragen der Besucher seiner Facebook-Seite / Rubrik fiqhī.
Antwort auf eine Frage
Das Rechtsurteil bezüglich des rikāz
Frage:
As-salāmu ʿalaikum wa raḥmatullāhi wa barakātuh, möge Allah Sie beschützen. Ich bitte um folgende Erläuterung:
Warum wurde der rikāz im Schatzhaus in das Register des faiʾ und ḫarāğ eingeteilt? Warum nicht ins Zakat-Register? Und wird dessen Fünftel eingehoben, sobald es den niṣāb-Wert erreicht?
Möge Allah Eure Mühen segnen!
Antwort:
Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh
Al-Buḫārī und Muslim berichten von Ibn Šihāb über Saʿīd ibn al-Musaiyab über Abū Salama ibn ʿAbd ar-Raḥmān über Abū Huraira (r), dass der Gesandte Allahs (s) sprach:
وَفِي الرِّكَازِ الخُمُسُ
Auf den rikāz ist das Fünftel zu entrichten.
Rikāz sind Vermögensgüter, die vor langer Zeit vergraben wurden (wie z. B. Münzen, Edelsteine, Perlen, Waffen, Schmucksachen, etc.) und Erze (maʿādin), die in der Natur inbegrenzten Mengen vorkommen (wie z. B. kleine Kupfer- oder Bleiminen usw.). Wer etwas davon in seinem eigenen Besitz findet, sei es in seinem Grundstück oder Gebäude, so gehört es ihm. Und wer den rikāz bzw. das Erz in einem fremden Grundstück bzw. einem fremden Gebäude findet, so gehört es dem Besitzer des Grundstücks bzw. Gebäudes und nicht der Person, die es gefunden hat. Das Fünftel des rikāz fällt unverzüglich nach dem Fund verpflichtend an (wāǧib), es ist nicht erlaubt, dessen Entrichtung an das Schatzhaus zu verzögern.
Was die Frage betrifft, ob das Fünftel dem Bereich der Zakat oder dem faiʾ – also dem Staatseigentum -zuzuordnen ist, so lautet die klare Antwort, dass es nicht zur Zakat, sondern zum faiʾ gehört. Zu den Beweisen hierfür zählt unter anderem das, was Abū ʿUbaid von Muğālid und dieser von aš-Šaʿbī berichtet, dass ein Mann tausend Dinar fand, die außerhalb Medinas vergraben waren. Er kam damit zu ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb. Dieser nahm davon das Fünftel, also zweihundert Dinar, und gab den Rest dem Mann zurück. ʿUmar begann die zweihundert Dinare unter den anwesenden Muslimen aufzuteilen und ließ einen Rest davon übrig. Dann sprach er: „Wo ist der Mann mit den Dinaren?“ Der Mann erhob sich, und ʿUmar sagte zu ihm: „Nimm diese restlichen Dinare, sie sollen dir gehören.“
Aus dem Hadith von aš-Šaʿbī geht hervor, dass der Anteil, den ʿUmar vom Finder des rikāz eingehoben hat, lediglich das Fünftel war. Die restlichen vier Fünftel wurden dem Finder des rikāz überlassen. Auch war das eingehobene Fünftel keine Zakat, sondern fiel in die Kategorie des faiʾ. Wäre es nämlich als Zakat erachtet worden, hätte man es für deren Ausgabenbereiche aufgewendet. ʿUmar hätte dann dem Finder des rikāz nichts mehr davon gegeben, weil dieser ja reich war; und dem Reichen steht die Zakat islamrechtlich nicht zu.
Daher gilt: Wie hoch der Betrag des rikāz auch immer sein mag, vier Fünftel davon gehören dem Finder. Das restliche Fünftel geht an das Schatzhaus, was jedoch keinesfalls vom niṣāb-Wert (Mindestvermögenswert für die Zakat-Fälligkeit) abhängt, weil es sich um keine Zakat handelt. So muss in jedem Fall ein Fünftel vom rikāz ans Schatzhaus der Muslime entrichtet werden, und zwar ungeachtet dessen, ob der Wert des rikāz dem niṣāb-Wert entspricht oder darunter liegt. Und in unserer heutigen Zeit, in der das Schatzhaus der Muslime nicht existent ist, soll der Finder des rikāz das Fünftel für die Interessen der Muslime ausgeben oder an ihre Bedürftigen verteilen. Er soll tun, was er für gut und richtig hält.
Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta
23. Ḏū l-Qaʿda 1435 n. H.
18.09.2014