Der Krieg gegen den Terror hat an seinem 20. Jahrestag ein unrühmliches Ende gefunden. Durch den plötzlichen, gar fluchtartigen Abzug der letzten amerikanischen Streitkräfte aus Afghanistan, zeichnet sich weltweit das Bild einer untergehenden Weltmacht ab. Auch bilden sich in der liberalen Weltordnung, die die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten, immer grösser werdende Risse.
Die liberale Weltordnung kontrolliert das globale Finanzwesen, die Entwicklung, den Handel, die internationale Sicherheitspolitik, das Völkerrecht und auch einen Großteil der Weltkultur. Das Ausmaß dessen ist mehr als deutlich; über drei Milliarden Menschen leben in Armut, weltweit Schulden in Höhe von mehr als 290 Billionen US-Dollar und ein Großteil der Welt muss noch immer ohne Strom auskommen. Für die wenigen Wohlhabenden zahlte sich dieses System aus, jedoch lies es einen großen Teil der Erdbevölkerung hinter sich.
Die Welt ist schon seit langem an dem Punkt angelangt, an dem sie nach einer neuen Ordnung verlangt. Einer Ordnung, die ihre Belange auf die beste Art und Weise umzusetzen vermag. Weder die Russen, noch die Chinesen besitzen die Fähigkeiten und Kapazitäten, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Demgegenüber halten die knapp zwei Milliarden Muslime weltweit buchstäblich ein umfassendes System in ihren Händen, dass im Sinne der gesamten Menschheit offenbart wurde. Auch sind sie davon überzeugt, dass der Islam die Menschheit aus der Dunkelheit heraus und ins Licht führen wird, jedoch fehlt ihnen ein Staat, der Ihre Werte repräsentiert. Eine islamisch geführte Ordnung umfasst mehrere Aspekte, die im Folgenden anhand einiger Schlüsselaspekte angeschnitten werden sollen.
Anbetung Allahs (t) statt Materialismus
Der Imān an Allah (t) ist einer der Grundpfeiler des islamischen Glaubensbekenntnisses. Für zwei Milliarden Muslime stellt der Glaube an Allah (t) und die Beziehung zu Ihm den Mittelpunkt ihres Lebens dar. Weiterhin gibt es Milliarden andere Menschen, die zwar Nichtmuslime sind, jedoch an einen Schöpfer glauben. Dass viele Menschen den Glauben an einen Schöpfer auf bloße Spiritualität reduzieren ist auf die vom kolonialistischen Westen etablierte, globale Ordnung zurückzuführen. Diese Ordnung sieht nämlich die Säkularisierung von Staaten vor, sprich die Trennung von Religion und Politik bzw. Gesetzgebung.
Die Verbreitung von Individualismus, der Idee vom Privateigentum und der Meinungsfreiheit waren alles Versuche, den Menschen zum Herrn des Universums zu erheben. Das Resultat dessen ist Unterdrückung, Not und Elend. Der zunehmende Drogenmissbrauch, Depressionen, Suchtprobleme und Familienzusammenbrüche sind nur einige der Phänomene, die dieses krankhafte System innerhalb der Industriestaaten, die diese liberale Ordnung gefördert haben, hervorgebracht hat.
Im Islam steht die volle Hingabe zum Schöpfer an erster Stelle. Die islamische Lebensordnung bringt – und dies lässt sich historisch belegen – eine Art moralischen Kompass mit sich, der sowohl die Befriedigung der organischen Bedürfnisse und Instinkte auf die vom Schöpfer vorgeschriebene Art und Weise regelt, als auch den exzessiven Vorstellungen vom Materialismus und Individualismus einen Riegel vorschiebt. Das heißt nicht, dass der Erwerb und Handel mit irdischen Gütern, um materiellen Reichtum anzustreben, verboten ist. Vielmehr wird eine islamisch geführte Weltordnung Allah (t), den Schöpfer des Universums, wieder zu einem zentralen Bestandteil der Welt machen.
Der neue Währungsstandard
Aufgrund ihrer Position am Ende des Zweiten Weltkriegs waren die USA in der Lage, die ganze Welt an ihre heimische Währung – den Dollar – zu binden. Die USA besitzen mit 8.133,5 Tonnen (Oktober 2020) die weltweit größten Goldreserven. Im Vergleich steht Deutschland mit 3362,4 Tonnen an zweiter Stelle. Aufgrund ihrer immensen Goldreserven war es ihnen möglich, ihr globales Währungssystem mit Garantien abzusichern. So wurde ihre Währung zur Weltwährung. Diese einzigartige Position ermöglicht es ihnen, Geld nach Belieben zu drucken, und zwang andere Nationen, ihren hart verdienten Reichtum aufzugeben, um Dollar zu verdienen. Dieses System schloss andere Nationen wie Kuba, Nordkorea und den Iran aus, also all jene, die nicht den Anweisungen der USA Folge leisteten.
Eine islamisch geführte Ordnung würde den bi-metallischen Standard etablieren, um den US-Dollar zu ersetzen, was dann weltweit eine enorme Inflation verursachen würde. Durch die Abschaffung papierbasierter Währungen könnten die Zentralbanken kein Geld mehr nach Belieben drucken, da sie Gold- und Silberreserven zur Deckung ihrer Währung benötigen würden.
Der Islam hat den Austausch von Waren mit bestimmten Geldeinheiten eingeschränkt. Er sieht vor, dass Gold und Silber als Tauscheinheit verwendet werden. Dies geht aus den Handlungen des Propheten Muḥammad (s) hervor. Er trieb die Zakāh ein, erhob Steuern und verhängte Geldstrafen, die alle in Gold und Silber bemessen wurden. Dies ist der islamische Währungsstandard.
Seit Jahrtausenden werden Gold und Silber als Geldeinheiten genutzt. Die Menschen haben Gold seit jeher als Tauschmittel, Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit behandelt. Bis zum Zweiten Weltkrieg bestand noch der Goldstandard. Aufgrund des Wettbewerbs der Nationen, sahen viele in der Verwendung des Geldes eine Art von Kriegswaffe. Sobald sich jedoch eine Wirtschaftskrise anzubahnen scheint, wenden sich viele erneut dem Gold zu.
Gerechte Verteilung der Bodenschätze
Einige der wichtigsten Mineralien wie Öl, Gas, Uran, Kupfer, Bauxit und viele andere Rohstoffe sind in den Entwicklungsländern im Überfluss vorhanden. Der Kolonialismus, die Gier und die Konkurrenz der Weltmächte ließen die Menschen in den Entwicklungsländern nicht Ansatzweise am Reichtum dieser mineralischen Rohstoffe teilhaben. Viel mehr fand eine regelrechte Ausbeutung statt.
Der Mensch benötigt Ressourcen zum Überleben, um ein menschenwürdiges Leben zu führen und um Zivilisationen erblühen zu lassen. Die Institutionen, die sich mit dem globalen Handel befassen, werden zugunsten jener Nationen manipuliert, die sie gegründet haben. Ihre Wissenschaftler und Denkfabriken haben Theorien entwickelt, um den Status Quo zu rechtfertigen. Sie verwenden Ideen wie den Freien Markt und den Freihandel als globales System, um die Ressourcen der Welt zu verteilen. Doch die Tatsache, dass die Hälfte der Welt in Armut lebt, zeigt, dass die liberale Ordnung gescheitert ist.
Eine islamisch geführte Ordnung würde zur Gründung einer Organisation führen, mit einem neuen Regelwerk, der sich die Nationen anschließen können. Somit würde ein gerechteres System entstehen, auf Grundlage dessen die Verteilung der Bodenschätze organisiert würde. Die Nationen, die über Ressourcen verfügen, damit die Weltbevölkerung gedeihen und überleben kann, würden reichlich und gerecht entlohnt werden. Das schließt auch eine Reihe von Regeln mit ein, die es anderen Nationen gestatten und ermöglichen würde, auf diese Bodenschätze zugreifen zu können.
Beendigung des Völkerrechts
Das Völkerrecht ist im 16. Jahrhundert aus den christlichen Staaten Europas hervorgegangen und ersetzt heute die Souveränität einzelner Nationen. Heute ist das Völkerrecht bei den Vereinten Nationen verankert und wird von ihren fünf ständigen Mitbegründern dominiert. Aufgrund der vorteilhaften Position der ständigen Mitglieder, werden anderen Nationen bestimmte Normen und Regeln aufgezwungen.
Der Islam würde das Völkerrecht und die UN durch ein neues freiwilliges System ersetzen, welches die Normen der internationalen Beziehungen verwaltet. Der Prophet Muhammad (s) lobte den Bund der Tugendhaften (ḥilf al-fuḍūl), der die Rechte des Einzelnen durch kollektives Handeln schützte. Hinsichtlich der schon immer existierenden Normen zwischen Gemeinschaften, erkennt der Islam diese an, da sich die Menschen aufgrund der öffentlichen Meinung an diese hielten.
Durch die Gründung einer Institution würde man diesen freiwilligen Normen, die zwischen den Nationen bestehen, mehr Gewicht verleihen. Auch würde der Beitritt in, als auch der Austritt aus dieser Institution ohne Zwang stattfinden. Dieses islamische System würde die individuelle Souveränität der Nationen anerkennen. Es wäre also – ganz im Gegensatz zur UN – kein koloniales Instrument, das der Ausbeutung anderer Nationen dient.