Der US-Dollar ist nun schon seit mehreren Jahrzehnten die dominierende Weltwährung und hat den USA ein strategisches Instrument an die Hand gegeben, welches sich bereits vielfach ausgezahlt hat. Mit dem Aufstieg Chinas im 21. Jahrhundert wird viel darüber diskutiert, welchen Herausforderungen der US-Dollar als globale Leitwährung gegenübersteht. In dieser zweiteiligen Reihe über den US-Dollar befassen wir uns zunächst mit der Aufstiegsgeschichte des Dollars und seinem aktuellen Status. Im zweiten Teil bewerten wir die Herausforderungen für den Dollar und die Aussichten darauf, dass dieser als globale Leitwährung durch eine andere Währung ersetzt wird.
Nach der Zerstörung Europas infolge des Zweiten Weltkriegs waren die Vereinigten Staaten die letzte verbliebene Großmacht, die dazu in der Lage war, Bedingungen für die Nachkriegsordnung festzulegen. Im Jahr 1945 wurde auf der Konferenz von Jalta die Kriegsbeute unter den Siegern aufgeteilt, wobei bereits ein Jahr zuvor auf der Konferenz von Bretton Woods der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und das Allgemeine Zoll- und Steuerabkommen (GATT) gegründet wurden.
Das Brookings-Institut bestätigte dies in einem Bericht: „Die Vereinigten Staaten betrachteten alle multilateralen Organisationen, einschließlich der Weltbank, als Instrumente der Außenpolitik, die zur Unterstützung spezifischer amerikanischer Ziele eingesetzt werden sollten… Die Ansichten der USA darüber, wie die Weltwirtschaft organisiert, wie die Ressourcen verteilt und wie Investitionsentscheidungen getroffen werden sollten, wurden in der Charta und der operativen Politik der Bank verankert.“
Da die USA damals über die größten Goldreserven der Welt verfügten, strukturierten sie das globale Finanzsystem derart um, dass es von diesem Moment an rund um den Dollar ausgerichtet war. Das neue, in Bretton Woods geschaffene System, koppelte die Währungen aller Länder der Welt durch einen festen Wechselkurs an den US-Dollar, welcher wiederum zu einem festen Kurs von 35 Dollar pro Unze an Gold gebunden worden war. So wurde der Dollar so wertvoll wie Gold und durch das Bretton-Woods-System zur wichtigsten Reservewährung der Welt. Dieses System zwang andere Länder dazu, US-Dollar für den internationalen Handel zu lagern oder bei der US-Regierung gegen Gold einzutauschen. Als Herausgeber der Weltreservewährung war die internationale Nachfrage nach dem Dollar garantiert. Dies bedeutete, dass die USA nach Belieben und in unbegrenztem Umfang US-Dollar drucken konnten, da die ganze Welt immer auf ihre Währung angewiesen war, was die daraus resultierende Inflation absorbieren würde.
Der Vietnamkrieg, welcher über ein Jahrzehnt lang tobte, sowie die ausufernden Staatsausgaben führten dazu, dass die USA mehr Dollar druckten, als sie mit Gold decken konnten. Ende der 1960er Jahre war die Zahl der im Umlauf befindlichen Dollar im Verhältnis zur Goldmenge, mit der sie gedeckt waren, drastisch gestiegen. Dieser Umstand veranlasste ausländische Staaten, ihre Reserven an US-Dollar für Gold einzutauschen, wodurch der Goldvorrat der USA stetig abnahm. Präsident Richard Nixon setzte deshalb im Jahr 1971 die Konvertierbarkeit des Dollars in Gold „vorübergehend“ aus – diese „vorübergehende“ Aussetzung ist bis heute noch nicht aufgehoben worden. Mit dem Ausstieg aus dem Goldstandard entfiel der wichtigste Beweggrund für ausländische Staaten, große Bestände an US-Dollar aufzukaufen. Die Nixon-Regierung reagierte darauf mit einer Reihe von Abkommen mit Saudi-Arabien in den Jahren 1972 bis 1974. Dies war die Geburtsstunde des Petrodollars, ein neuer Grund für ausländische Akteure, den US-Dollar zu halten und zu verwenden. Durch diese neue Vereinbarung blieb der besondere Status des Dollars als wichtigste Reservewährung der Welt erhalten. Das Abkommen sah vor, dass die USA die saudische Monarchie im Gegenzug dafür unterstützen würden. Auf diese Weise konnten die Vereinigten Staaten sicherstellen, dass Ölgeschäfte nur in US-Dollar abgewickelt werden. Maßgeblich dafür war die Vormachtstellung Saudi-Arabiens in der OPEC.
Heute dominiert der US-Dollar die weltweiten Transaktionen, sei es bei Rohstoffen, im Finanzwesen oder im Zahlungsverkehr. Öl übertrumpft alle anderen wichtigen Rohstoffmärkte zusammen, da in der modernen Welt von heute jede Nation Öl benötigt. Und weil der Ölpreis in US-Dollar ausgewiesen wird, braucht jede Nation Dollar, um Öl zu kaufen. Wenn Großbritannien beispielsweise heute Öl oder Gas aus Katar kauft, muss es zunächst auf dem Devisenmarkt US-Dollar kaufen, um das Öl zu bezahlen.
Der auf dem Dollar basierende internationale Handel schafft einen riesigen künstlichen Markt für den US-Dollar, wodurch sich der US-Dollar von allen anderen, rein lokalen Währungen unterscheidet. Der US-Dollar fungiert in gewisser Weise als Schmiermittel oder Mittelsmann bei zahllosen Transaktionen im Wert von über 7 Billionen US-Dollar pro Tag. All diese Transaktionen haben mit US-Produkten oder US-Dienstleistungen nichts zu tun. De facto haben 60% der auf Dollar basierenden Devisengeschäfte mit den USA nichts zu tun.

Indem die USA erzwangen, dass Öl nur mit ihrer Währung gekauft werden kann, und indem sie eine enorme Nachfrage (Abhängigkeit) nach dem US-Dollar schufen, wurden sie zum Bezugspunkt in Hinblick auf den internationalen Handel. Da die ganze Welt Dollar für Öl benötigt, war man dadurch gezwungen, den Dollar auch für den internationalen Handel zu verwenden. Neben nahezu allen Ölverkäufen werden 88% aller internationalen Transaktionen in US-Dollar abgewickelt. Das SWIFT-System, mit dem Finanzinstitute Zahlungen im Namen von Unternehmen, Regierungen und Institutionen abwickeln können, wird vom US-Dollar dominiert. Alle Nationen der Welt haben kaum eine andere Wahl, als den Dollar auf die eine oder andere Weise zu verwenden.

Dies verleiht den USA ein unübertroffenes geopolitisches Druckmittel. Sie sind dazu in der Lage, jedes Land per Knopfdruck zu sanktionieren oder aus dem auf dem US-Dollar basierenden Finanzsystem auszuschließen. Folglich könnte auch jeder ausländische Staat vom größten Teil des internationalen Handels abgeschnitten werden. So gingen die USA während des Kalten Krieges mit Nationen um, die wie Kuba versuchten sich dem Ostblock anzuschließen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden sowohl der Iran als auch Nordkorea mit Sanktionen belegt und aufgrund des von den USA dominierten globalen Finanz-, Währungs- und Wirtschaftssystems vom Welthandel ausgeschlossen. Mehrere europäische Unternehmen weigerten sich, weiterhin Geschäfte mit dem Iran aufrechtzuerhalten – allein aus Angst vor den Vereinigten Staaten.
Es bedarf keiner besonderen Anstrengung für die USA, US-Dollar zu generieren. Sie werden im wahrsten Sinne des Wortes gedruckt oder mit Hilfe von Computereinträgen erzeugt, die dann gegen reale Dinge wie italienische Autos, Elektronik aus Südkorea oder chinesische Industriegüter eingetauscht werden können. Die Amerikaner können auch eine große Menge an Schulden in Form von Staatsanleihen aufnehmen, welche die Welt aufkaufen wird, sobald sie US-Dollar braucht. Da die meisten Zahlungen in Dollar erfolgen, liegt der Anteil des Dollars bei den Währungsreserven von 146 Zentralbanken weltweit bei 64%. Damit liegt er deutlich vor anderen Währungen, wobei der Euro 20% und sowohl der japanische Yen als auch das britische Pfund Sterling nur jeweils etwa 5% ausmachen.

Die USA mögen über die F-35 und die F-22 Kampfflugzeuge verfügen und Laserwaffen und Hyperschallraketen entwickeln, aber ihre wirkliche Massenvernichtungswaffe ist der US-Dollar, der eine Nation mit einem Mausklick vom globalen Finanzsystem abschneiden kann. Für die Amerikaner ist dies ein Leichtes, da der Dollar zum Schmiermittel für den globalen Handel und das Finanzwesen geworden ist. Wenn eine Nation keinen Zugang zum Dollar hat, wird ihr Handel international stark eingeschränkt und durch Sanktionen zusätzlich isoliert. Es wird weiterhin viel über den Niedergang des Dollars und die Anfechtung seiner Vormachtstellung gesprochen. Dies wird das Thema des zweiten Teils sein.