Der Erhabene sagt im Koran:
﴿أَيْنَمَا تَكُونُوا۟ يُدْرِككُّمُ ٱلْمَوْتُ وَلَوْ كُنتُمْ فِى بُرُوجٍ مُّشَيَّدَةٍ﴾
Wo immer ihr auch seid, wird euch der Tod ereilen, und wäret ihr in hochgebauten Türmen.[4:78]
Ob arm oder reich, jung oder alt, sobald die festgesetzte Frist des Lebens endet, wird jede Seele den Tod kosten. Es ist die Realität des Lebens, dass niemand dem Tod entkommen kann.
Wir haben keinen Zweifel daran, dass es viele aufrichtige Menschen in Großbritannien gibt, die tiefe Trauer über den Tod ihres Staatsoberhauptes empfinden.
Und wir ahmen nicht die Verfechter der freien Meinungsäußerung nach, die es für angebracht halten, jede erdenkliche Situation zu verhöhnen und über alles zu lachen. Ebenso folgen wir nicht den heuchlerischen Verfechtern der Redefreiheit, die die Verhöhnung der Propheten Allahs billigen, während sie den Tod eines Monarchen zu einer unantastbaren Sache erklären und diejenigen verurteilen, die darüber Witze machen.
Dennoch wollen wir geradeheraus einige Punkte anmerken:
Erstens: Obwohl Queen Elisabeth II. während einer eher postimperialen Epoche das Staatsoberhaupt Großbritanniens war, hat das Land in ihrer Herrschaftszeit schreckliche Übeltaten in der muslimischen Welt und anderen Ländern zu verantworten.
So wurden im Namen der Monarchin die entsetzlichsten Schandtaten begangen, wie die Massaker an den Mau-Mau in Kenia und die Verbrechen an der Bevölkerung im Jemen in den 1960er Jahren. 1991 und 2003 wurden Kriege im Irak entfacht und 2001 in Afghanistan, was zu Zerstörung, Besatzung, Destabilisierung und zu Millionen von Toten führte. Darüber hinaus trägt die verstorbene Königin als Oberhaupt des britischen Empires mit seinen postkolonialen Strukturen eine direkte Verantwortung für die Legitimierung einige der abscheulichsten und unterdrückerischesten Regime in der muslimischen Welt, wie die Regime in Saudi-Arabien, in Jordanien, im Oman und in den Golfstaaten im Allgemeinen. Zusätzlich wurden Leute wie Salman Rushdie in ihrem Namen von Großbritannien „geehrt“. In Anbetracht dessen, was die Monarchin repräsentierte, ist es also schwierig für einen Muslim, ihren Tod zu betrauern.
Zweitens: Die Monarchie ist ein seltsames System, in dem jemand rein durch das Geburtsrecht zum Staatsoberhaupt wird, nur weil er von jemandem abstammt, der irgendwann mit Gewalt auf den Thron gelangte. Zudem ist es ein ungerechtes System, weil das Staatsoberhaupt über dem Gesetz steht. So werden alle Steuern im Namen der Monarchen erhoben, während die Monarchen selbst, obwohl sie zu den Reichsten gehören, keine Steuern zahlen und die Ärmsten im Lande eine ungleiche Steuerlast zu tragen haben. In der Tat ist die königliche Familie von opulentem Luxus umgeben, während sehr viele britische Bürger täglich darum kämpfen, über die Runden zu kommen. Dementsprechend fällt es schwer, die Aufstellung eines neuen Monarchen zu feiern oder den Tod eines alten zu bedauern.
Drittens: Wir sind uns nur allzu bewusst, wie die Dinge in solchen Situationen funktionieren: Während die einfachen Bürger den Tod ihres Staatsoberhauptes betrauern, nutzen Regierungen solche Zeiten schamlos aus und versuchen durch großinszenierte Trauerzeremonien, das schwindende Vertrauen ihrer Bürger in das politische System wiederherzustellen. Denn dieses Vertrauen hat unter den steigenden Lebenshaltungskosten und der Energiekrise, die vor allem die schwachen Einkommensschichten trifft, stark gelitten. Auch die Unsicherheit auf der Welt durch Krieg und Konflikte hat zu diesem Vertrauensverlust beigetragen. Zudem sind wir uns sehr wohl bewusst, dass die Medien die Emotionen der Menschen schüren, um patriotische Gefühle zu entfachen und einen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu erzeugen – wenn auch nur vorübergehend. Es ist zu hoffen, dass die Menschen diese Inszenierung durchschauen und sich durch Pomp und Gloria über die systemischen Mängel der herrschenden Ordnung nicht hinwegtäuschen lassen.
Schließlich sollte uns dieses Ereignis an die ultimative Lektion des Todes erinnern, denn er markiert den Übergang zum Jenseits, wo wir für unsere Taten zur Rechenschaft gezogen werden.
﴿كُلُّ نَفْسٍ ذَآئِقَةُ ٱلْمَوْتِ ۗ وَنَبْلُوكُم بِٱلشَّرِّ وَٱلْخَيْرِ فِتْنَةً ۖ وَإِلَيْنَا تُرْجَعُونَ﴾
Jede Seele wird den Tod kosten. Auf prüfen wir euch mit Schlechtem und Gutem als Versuchung, und zu Uns werdet ihr zurückgebracht.[21:35]