Ausland Putins unzuverlässige Verbündete

Putins jüngste Reise in den Iran war eine Demonstration der Macht die aufzeigen sollte, dass Russland trotz des westlichen Wirtschaftskriegs immer noch Verbündete hat. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, wie verlässlich der Iran und die Türkei jemals als Verbündete sein werden.

Russische Regierungsvertreter kündigten den Besuch Wladimir Putins in Teheran zu einem trilateralen Treffen mit dem iranischen Premierminister und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan an, während US-Präsident Joe Biden im Nahen Osten zu einem Besuch in Israel und Saudi-Arabien weilte. Dieser Besuch Putins in Teheran ist erst seine zweite Auslandsreise seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar. Mit dem Treffen in Teheran wollte Putin demonstrieren, dass Russland immer noch Verbündete hat, obgleich sie das Ziel eines westlichen Wirtschaftskriegs sind. Aller Ankündigung und Presseberichterstattung zum Trotz ist Russland ein ebenso unzuverlässiger Partner, wie es der Iran und die Türkei für Russland sind.

Putin reiste am 19. Juli zu einem trilateralen Treffen nach Teheran, um offiziell über Syrien und die regionale Sicherheitslage zu sprechen. Darüber hinaus traf er sich mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu gesonderten Gesprächen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der von den Vereinten Nationen unterstützte Vorschlag zur Wiederaufnahme der ukrainischen Getreideexporte zur Linderung der weltweiten Nahrungsmittelkrise stand ebenfalls auf der Tagesordnung. Hierzu wurde am Freitag dem 22. Juli eine Einigung bekannt gegeben. Erdoğan trug dazu bei, Gespräche über eine friedliche Beilegung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln und Verhandlungen über die Freigabe der ukrainischen Getreideversorgung über das Schwarze Meer zu fördern. Putins Treffen mit den beiden Staatsoberhäuptern sollte vor allem verdeutlichen, dass Russland sich mit anderen Angelegenheiten von strategischer Bedeutung befasst und die Kommunikation mit der NATO auch ohne die Anwesenheit Amerikas vorantreibt.

Wankende Verbündete

Die Beziehungen zwischen dem Iran und Russland werden seit langem als Russlands politisches Machtspiel im Nahen Osten betrachtet. Da der Iran in der Region isoliert ist, hat sich die militärische, handelspolitische und politische Zusammenarbeit zwischen dem Iran und Russland noch weiter intensiviert. Die Beziehungen zwischen beiden Nationen schwankten im Laufe der Geschichte immer zwischen Zusammenarbeit und Rivalität. Beide Nationen sind durch den Kaukasus, das Kaspische Meer und Zentralasien getrennt. Diese Regionen sind für beide Staaten zum eigenen Schutz, zur Machtprojektion und hinsichtlich der Handelswege und der dortigen Bodenschätze von großer Bedeutung. Vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 hatte Russland den Iran während der beiden Weltkriege besetzt und unterhielt eine feindliche Haltung gegenüber dem Land. Dies änderte sich nach 1991, als Russland mit dem Bau des iranischen Atomreaktors in Busheir begann. Seitdem hat Russland den Iran in erheblichem Umfang verbal unterstützt, insbesondere als die USA die Sanktionen gegen den Iran wegen seines Atomprogramms verschärften. Russland war für den Iran stets ein unzuverlässiger Partner, da sich der russische Staat nie gegen die UN-Sanktionen und -Resolutionen gegen den Iran aussprach und den iranischen Staat mehr als nur einmal benutzte, um Zugeständnisse von den USA zu erhalten. Aus iranischer Perspektive hat Russland wenig zur Stärkung des Iran in der Region beigetragen, so dass der Iran seine Verhandlungen mit den USA stets als wichtiger erachtet hat als seine Beziehungen zu Russland. In ähnlicher Weise betrachtet Russland seine Beziehungen zum Westen als bedeutender als seine Beziehungen zum Iran. Obwohl sowohl Russland als auch der Iran ihre Beziehungen als ein Bündnis darstellen, sind sie in der Realität weit davon entfernt.

Eine Geschichte des Wettkampfes

Die Türkei und Russland sind durch den Balkan, das Schwarze Meer und den Kaukasus voneinander getrennt, weshalb diese Regionen ein ständiger Schauplatz der Konkurrenz und des Kriegs zwischen den beiden Nationen waren. Der Aufstieg der Türkei verlief parallel zum Aufstieg von Recep Tayyib Erdoğan. Bereits in den ersten Tagen seiner Amtszeit verbündete sich der türkische Präsident mit den USA. Dies sollte der Stärkung seiner AKP (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) gegenüber den Kemalisten dienen. Im Jahr 2006 unterzeichneten Condoleezza Rice als US-Außenministerin und Abdullah Gül als türkischer Präsident ein Dokument mit einer gemeinsamen Vision, in dem sie ihre regionale Agenda aufeinander abstimmten. In Wahrheit haben die USA den strategischen Plan für die Zwei-Staaten-Lösung, Afghanistan, das Schwarze Meer, die NATO und den Terrorismus entwickelt und ihn von der Türkei umsetzen lassen. In dieser Funktion ist Erdoğan inzwischen zu weltweiter Prominenz aufgestiegen und rechtfertigt sein Vorgehen mit dem Streben nach Frieden und Stabilität sowie den nationalen Interessen seines Landes. Die Türkei hat die strategische Agenda der USA im Nahen Osten und darüber hinaus sehr effektiv durchgesetzt. Ermöglicht wurde dieses Vorgehen dadurch, dass Erdoğan eher sein persönliches Prestige als eine große strategische Agenda verfolgt und die Zusammenarbeit mit den USA nutzt um sein Ansehen zu steigern.

Auch wenn die Türkei und Russland in Syrien intensiv zusammengearbeitet haben, verfügten beide über Truppen und Luftstreitkräfte vor Ort, so dass ein gewisses Maß an Interaktion erforderlich war, da sie auf demselben Kriegsschauplatz agierten. Von Sotschi über Teheran und Astana bis Istanbul fanden zahlreiche Treffen, Konferenzen und Gipfeltreffen zu Deeskalationszonen, Rebellengruppen und der Zukunft Syriens statt. Russland stellte dies so dar, als sei die Türkei ein Verbündeter Russlands und bräuchte die USA nicht. Erdoğan und viele seiner Regierungsvertreter nutzten die Treffen mit Russland zudem, um ein Bild der Stärke zu zeichnen. In Libyen allerdings stehen sich Russland und die Türkei auf gegnerischen Seiten gegenüber. Darüber hinaus wurde im Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien im Jahr 2020 das von der Türkei unterstützte Aserbaidschan von dem von Russland unterstützten Armenien besiegt. Die russisch-türkischen Beziehungen beruhen auf begrenzten Annehmlichkeiten, wohingegen die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei trotz Putins Auftritt in Teheran viel tiefgreifender sind als es die russisch-türkischen Beziehungen jemals sein werden.

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Russland darum bemüht eine Bündnisstruktur aufzubauen, die der Nation in Zeiten der Not gegen den Westen beistehen würde.

Im Juni 2022 versuchte Putin in ähnlicher Weise, den BRICS-Block, dem Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika angehören, als Verbündeten Russlands im Angesicht des Unglücks zu präsentieren. Aber die jüngste Kameradschaft beruht weitgehend auf der vergünstigten Energie, die dafür gesorgt hat, dass Russland ihre Unterstützung gewinnen konnte. Der russische Staat ist zudem neuerdings der größte Energielieferant Chinas. Indien steigerte seine Einfuhren von russischem Öl, wodurch Russland zu ihrem zweitgrößten Öllieferanten wurde. Ferner hat sich Brasilien dazu bereit erklärt, Dieselkraftstoff aus Russland zu niedrigeren Preisen zu beziehen. Diese drei Länder verfügen über große Volkswirtschaften, deren Neutralität in Bezug auf den Krieg – wenn nicht sogar deren Unterstützung – Russland einen diplomatischen Vorteil verschafft. Offenbar sind Gespräche im Gange, um die BRICS um Argentinien, Ägypten, Iran, Nigeria, Saudi-Arabien und die Türkei zu erweitern. Die BRICS-Staaten könnten die Grundlage für ein Bündnis bilden, welches Russland langfristig gegen die Sanktionen wappnen könnte. Grundsätzlich ist jedoch die Beziehung der einzelnen BRICS-Staaten zu den USA – der Supermacht der Welt – stark genug, um einen Keil zwischen jedes der Mitglieder und die übrigen zu treiben. Jede Nation unterhält darüber hinaus ihre eigenen bilateralen Beziehungen zu den USA, wodurch der Block weiter geschwächt wird. Dieser Block ermöglicht es jedoch jeder Nation, mit allen anderen Nationen außerhalb der internationalen Ordnung zu verhandeln. So wird der Anschein einer neuen Koalition von Nationen erweckt, die sich von den USA und dem Westen abgrenzen. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Russland darum bemüht eine Bündnisstruktur aufzubauen, die der Nation in Zeiten der Not gegen den Westen beistehen würde. So mussten sie schon immer Anreize bieten um andere Nationen anzulocken. Das Problem hierbei besteht allerdings darin, dass der Konkurrent immer mehr Anreize bieten kann und solche Angebote in der Regel kurzfristiger Natur sind. Trotz aller Inszenierungen und Medienberichte sind der Iran und die Türkei keine verlässlichen Partner für Russland. Putin weiß das wahrscheinlich und benutzt sie, um kurzfristig ein Bild der Einheit zu vermitteln.