Ausland Inflationsschock in den USA

Bei erfolgreicher Strategie der US-Notenbank bleibt den Amerikanern trotz der immer weiter steigenden Lebensmittelkosten nichts in Aussicht außer der Arbeitslosigkeit.

Vor einigen Wochen gab US-Präsident Joe Biden eine Erklärung über den steigenden Verbraucherpreisindex (VPI) im September ab. Die eher ernüchternden Werte der US-Wirtschaft rückte er, zur allgemeinen Überraschung, in ein positives Licht: „Die heutigen Daten lassen erkennen, dass die US-amerikanische Wirtschaft weitere Fortschritte bei der Senkung der globalen Inflationsrate erzielt. Insgesamt blieben die Preise in unserem Land über die letzten beiden Monate im Wesentlichen unverändert: Dies sind gute Nachrichten für amerikanische Familien, wobei nach wie vor eine Menge Arbeit zu bewältigen gilt. Die Spritpreise sind seit Beginn des Sommers um durchschnittlich 1,30 US-Dollar pro Gallone gesunken. In diesem Monat hat sich der Preisanstieg bei Lebensmitteln gegenüber dem Vormonat verlangsamt. Zudem sind die Reallöhne zwei Monate in Folge gestiegen, was hart arbeitenden Familien eine kleine Atempause verschafft.

Es wird mehr Zeit und Entschlossenheit brauchen, um die Inflation einzudämmen. Dementsprechend haben wir Gesetze zur Verringerung der Inflation verabschiedet, um die Kosten für die Gesundheitsversorgung, verschreibungspflichtige Medikamente und die Energie zu senken. Und mein Wirtschaftsplan zeigt, dass, indem wir die Preise senken, wir gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen und die Produktion zurück nach Amerika bringen.“

Der Verbraucherpreisindex ist ein Maß für die Inflation, und wie Biden anmerkte, ist die Inflation derzeit ein globales Problem. Allerdings ist die US-Wirtschaft die größte der Welt, an die jede Währung weltweit gebunden ist. Folglich sind die USA nicht das Opfer, wie der US-Präsident die Menschen glauben lassen will, sondern vielmehr der Motor, der die Wirtschaftsmisere global antreibt.

Die US-Notenbank hat nun die Zinssätze erhöht, in dem Bestreben die Inflation auszubremsen. Denn diese erreichte im Juni mit 9,1% den höchsten Stand seit 40 Jahren. In den beiden Monaten darauf ging sie wieder leicht zurück. Die Messung der Inflation aber erfolgt über einen Zeitraum von 12 Monaten bis hin zum Berichtsmonat. Diese monatlichen Daten zeigen auf, dass die Inflation von Juli bis August um 0,1% gestiegen ist, was laut CNN Business genau das Gegenteil von dem ist, was Ökonomen erwartet hatten: „Ökonomen hatten prognostiziert, dass die Inflation von Juli bis August um 0,1% sinken würde, nachdem sie von Juni auf Juli gleich blieb“. Die Inflation in den USA liegt weit über dem Ziel von 2%, welches sich die US-Notenbank durch eine Anhebung der Zinssätze zu erreichen erhofft; eine gängige Praxis, um eine kapitalistische, zinsbasierte Wirtschaft durch eine Verteuerung der Kreditaufnahme zu bremsen. Dies scheint derzeit jedoch nicht zu funktionieren.

Die Kosten für Benzin fielen um 10,6%. Benzin unterliegt einer äußerst unbeständigen Preisentwicklung. Diese basiert größtenteils auf politischen Entwicklungen wie bspw. dem Krieg in der Ukraine und weniger auf der Lage der US-Wirtschaft. Bei fast allen anderen Gütern ist eine Teuerung festzustellen. So heißt es nämlich laut VPI-Bericht vom 13. September 2022: „Der Preisindex für Lebensmittel im Privathaushalt stieg in den letzten 12 Monaten um 13,5 Prozent – der größte Anstieg innerhalb eines Berichtsjahres seit dem Ende der Wirtschaftsperiode im März 1979.“ Von der Inflation sind am meisten die Armen betroffen und weniger die Superreichen. Die Armen zahlen unter dem Strich doppelt so viel: Denn zum einen nimmt bei gleichbleibenden Gehältern in Folge der Inflation die Kaufkraft ab; und weil die Lebensmittelpreise derzeit am stärksten ansteigen, sind die Leidtragenden folglich all jene, die einen Großteil Ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben. Zum anderen hat die Eindämmung der Inflation einen Effekt zur Folge, von dem die Armen unverhältnismäßig stark betroffen sind: Steigende Arbeitslosigkeit! Denn wenn das Ziel einer Inflationsrate von 2% erreicht ist, wird die Arbeitslosigkeit voraussichtlich um etwa 6% zugenommen haben. Konkret bedeutet dies, dass 5,3 Millionen Arbeitsplätze in den USA gefährdet sind.

Was die Amerikaner nun zu erwarten haben, nachdem sie monatelang bestrebt waren, die steigenden Lebensmittelkosten finanziell stemmen zu können, ist folgendes: Sie werden, sobald die Inflation gestoppt wurde, einem erhöhten Risiko ausgesetzt sein, ihre Arbeitsplätze zu verlieren und kein Einkommen mehr zu haben, um damit Lebensmittel einzukaufen. Das meinte der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, als er davor warnte, dass eine Anhebung der Zinssätze für Haushalte und Unternehmen mit „gewissen Schmerzen“ verbunden sein würden. Dieser Schmerz ist nur ein vorübergehender Zustand, wenn es zu einer „sanften Landung“ kommt, bei der sich die Wirtschaft und damit auch die Inflation verlangsamt und daraufhin stabilisiert. Andernfalls wird es zu einer tiefen und dauerhaften Rezession kommen.