So schreibt das Unternehmen Syngenta unter der Rubrik „News“ auf seiner Homepage: „Die Syngenta Stiftung für Nachhaltige Landwirtschaft führt landwirtschaftliche Projekte in Entwicklungsländern durch. Ihr Hauptziel ist die Verbesserung des kleinbäuerlichen Einkommens. Der Fokus liegt auf der Erhöhung von Erträgen und einem verbesserten Marktzugang.“
Weitere Projekte der GFP waren die „Oilseeds Initiative Africa“, die „Better Rice Initiative Asia“ oder die „Competitive African Rice Initiative“. Das Prinzip war immer das gleiche: Das BMZ schaffte die politischen Rahmenbedingungen und verschaffte den Konzernen den Zutritt in die begehrten Entwicklungsländer. Es ging hauptsächlich darum, Märkte zu erschließen und z. B. Saatgut für Hybridreissorten in großem Rahmen zu vertreiben. So mussten die Bauern beim Kauf zertifizierter Reissorten sogar noch Lizenzgebühren bezahlen. Die rein wirtschaftlichen Motive der GFP waren so offensichtlich, dass NGOs wie Oxfam Kampagnen gegen sie starteten, so dass die GFP 2015 offiziell beendet wurde, während aber ihre Projekte noch weiterliefen. Oxfam hatte 2016 zur GFP und ihren Projekten einen Bericht veröffentlicht mit dem Titel „Böcke zu Gärtnern. Wie die aktuelle Kooperation mit Agrarkonzernen eine nachhaltige Landwirtschaft verhindert“.
Bei vielen Entwicklungshilfeprojekten wird Kleinbauern, die ohnehin wenig besitzen, die Lebensgrundlage genommen, indem sie von ihrem Boden vertrieben werden, um riesige Palmöl-, Soja- oder Kaffeeplantagen anzulegen. Kleinbauern müssen in der Regel auf Gebiete mit schlechterer Bodenqualität ausweichen. Das bedeutet auch, dass die Menschen von einem riesigen Gebiet ausgeschlossen werden und z. B. keinen Zugang mehr zu Wasser haben oder aber lange Wege in Kauf nehmen müssen, um das nächste Krankenhaus oder die Schule zu erreichen, weil sie den direkten Weg nicht mehr nutzen können. Darüber hinaus lösen die Unternehmen ihre Versprechen nicht ein, neue Arbeitsplätze zu schaffen oder Schulen und Krankenhäuser zu bauen. Maschinen erledigen hauptsächlich die Arbeit. Die Menschen können höchstens als Tagelöhner arbeiten und erhalten dabei nur einen Niedriglohn, von dem sie nicht leben können. Den meisten ging es zwar vor solchen Entwicklungshilfeprojekten schlecht, aber mit solchen Projekten geht es ihnen noch schlechter.
Die kolonialen Ambitionen waren mit der Auflösung der GFP keineswegs beendet, denn es gab ja noch andere Initiativen und Projekte. Schon zu Beginn seiner Amtszeit hatte der ehemalige Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der von 2013 bis 2021 das BMZ leitete, neben anderen Initiativen auch die Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ ins Leben gerufen, in deren Rahmen das Projekt „Grüne Innovationszentren in der Agrar- und Ernährungswirtschaft“ läuft. Hierzu wurden sogenannte „Grüne Innovationszentren“ in 15 Ländern Afrikas und Asiens gründet. Auch da arbeitet man Hand in Hand mit Konzernen aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Wie bei der GFP geht es um Saatgut, Agrartechnik, Chemikalien, Schulungen und Kredite. Von den „Grünen Innovationszentren“ profitieren wieder nur die Konzerne nach dem Muster der GFP. Und ausgerechnet von Müller stammt der Satz: „Die neokolonialistische Ausnutzung der Arbeitskraft und der Ressourcen dieses reichen Kontinents muss ein Ende haben.“ 2016 gründete das BMZ außerdem die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE). Sie ist der Ansprechpartner für deutsche und europäische Unternehmen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren wollen. Die Agentur berät über Förder- und Finanzmöglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit, stellt Kontakte im In- und Ausland her und unterstützt die Unternehmen bei Projekten in den Entwicklungsländern. Das BMZ hat letztendlich die Aufgabe, den Kolonialismus aufrechtzuhalten und Konzernen den Weg in Richtung Ausbeutung der Entwicklungsländer zu weisen.
Jeder will ein Stück vom Kuchen. In Frankreich gibt es die Französische Agentur für Entwicklungszusammenarbeit (AFD). Es handelt sich um eine Entwicklungsbank, die aus der Caisse central de la France libre hervorging. Das war die Zentralbank und gleichzeitig die Entwicklungsbank für die ehemaligen Kolonien Frankreichs. Über die AFD als staatliche Entwicklungsagentur läuft der Kolonialismus Frankreichs unter dem Deckmantel der Entwicklungszusammenarbeit weiter. Sie hilft mit ihrer vermeintlichen Entwicklungshilfe nicht, den Hunger zu bekämpfen, sondern unterstützt Konzerne, wie das folgende Beispiel zeigt. Proparco ist eine Tochtergesellschaft der AFD. Es handelt sich hierbei um eine Entwicklungsbank. Zusammen mit anderen Entwicklungsbanken investierte sie in einen Fonds, aus dem das Unternehmen European Foods Africa in Nairobi 2 Millionen Euro erhielt, dessen Inhaber kein Kenianer, sondern ein Deutscher ist. Dieses Unternehmen vertreibt unter andrem TK-Pizza von Dr. Oetker, die aus Deutschland importiert wird. Der Inhaber investierte das Geld, das er aus dem Entwicklungsfonds erhielt, in moderne Kühlräume für seine Produkte. Die Investoren erwarten von European Foods Africa natürlich, dass es expandiert und den Gewinn steigert. Der Import deutscher TK-Pizza hat selbstverständlich nichts mit der Bekämpfung von Armut und Hunger zu tun, zumal die Pizza in Kenia viel teurer ist als in Deutschland und nur der Oberschicht vorbehalten bleibt. Auch an diesem Beispiel zeigt sich, dass es bei der Entwicklungshilfe darum geht, neue Absatzmärkte zu erschließen und den Gewinn zu maximieren. Entwicklungsgelder erhalten also immer nur die Unternehmen, nicht aber die Menschen vor Ort, deren Armut man vorgibt bekämpfen zu wollen. Sie sind nur noch als Kunden von Interesse.
Man könnte noch zahlreiche Beispiele anführen, wie die ehemaligen Kolonien unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe und Hungerbekämpfung weiter ausgebeutet werden. Die Kolonialmächte haben Strukturen aufgebaut, die es ermöglichen, sich weiterhin am Land, an den Rohstoffen und an den Menschen als Arbeitskraft und inzwischen auch als Kunden zu bedienen. Zu diesen Strukturen gehört z. B. auch die Neue Allianz für Ernährungssicherung, an der selbstverständlich auch Konzerne beteiligt sind. Es handelt sich um eine 2012 auf dem G8-Gipfel gegründete Initiative, die mit der „ganzen Macht des Privatsektors“ bis zum Jahr 2020 50 Millionen Menschen von Armut und Hunger befreien wollte, was, wie wir wissen, nicht gelungen ist. Auch die Neue Allianz für Ernährungssicherung hat keinen andren Zweck, als den großen Konzernen dazu zu verhelfen, in den afrikanischen Ländern neue Absatzmärkte zu erschließen. Sie suggeriert, dass Armuts- und Hungerbekämpfung durch Produktionssteigerung erreicht werden könnte. Doch was haben die hungernden Menschen von einer gesteigerten Produktion und von mehr Produkten, die sie sich aber nicht leisten können und an denen nur die Konzerne verdienen? Die Neue Allianz für Ernährungssicherung führte die Regierungen der G7-Staaten, die afrikanischen Staaten und die Privatwirtschaft zusammen. Es ging bei der Neuen Allianz für Ernährungssicherung hauptsächlich um Kooperationsabkommen mit afrikanischen Staaten, die zu Reformmaßnahmen verpflichtet werden. Diese Reformen sollen die Bedingungen für die Konzerne im Agrarsektor erleichtern. Sie verschlechtern gleichzeitig die Bedingungen für die Kleinbauern. Aus alldem wird ersichtlich, dass westliche Industriestaaten noch immer als Kolonialmächte agieren. Weil Kolonialismus aber verpönt ist, geben sie ihm den positiven Anstrich der Entwicklungshilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Wenn westliche Industriestaaten vorgeben, Entwicklungshilfe leisten und Armut und Hunger bekämpfen zu wollen, kann man davon ausgehen, dass die von ihnen angestoßenen Initiativen und Entwicklungshilfeprojekte, die verstärkt als öffentlich-private Partnerschaften konzipiert sind, nur den eigenen Interessen dienen und den Konzernen die Ausbeutung der Entwicklungsländer ermöglichen. Auf diese Weise setzt sich der Kolonialismus unbemerkt fort.