Islamrechtliche F&A Demonstrationen, Märsche und der Bericht über die Muslime in den zwei Reihen

Unser ehrwürdiger Scheich, as-salāmu ʿalaikum. Ist der Bericht über den Auszug der Muslime in den zwei Reihen, an deren Spitze ʿUmar und Ḥamza standen, schwach (ḍaʿīf)?

Im Namen Allahs, des Erbarmungsvollen, des Barmherzigen

Aus der Serie der Antworten von Scheich ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta
des amīrs von Hizb-ut-Tahrir,

auf die Fragen der Besucher seiner Facebook-Seite / Rubrik fiqhī.

Frage:

Von Moadh Seif Elmi

Unser ehrwürdiger Scheich, as-salāmu ʿalaikum. Ist der Bericht über den Auszug der Muslime in den zwei Reihen, an deren Spitze ʿUmar und Ḥamza standen, schwach (ḍaʿīf)?

Frage:

Von Andalusi Maqdisi Andalus

As-salāmu ʿalaikum, unser ehrwürdiger Scheich. 

In Ihrer Antwort zu der Frage bezüglich der Demonstrationen zitierten Sie, möge Allah Sie stets beschützen, einen Bericht, den Abū Nuʿaim Aḥmad ibn ʿAbdillah ibn Aḥmad ibn Isḥāq ibn Mūsā ibn Mihrān al-Aṣbahānī (gest. 430 n. H.) in seinem Buch „Ḥilyat al-auliyāʾ wa ṭabaqāt al-aṣfiyāʾ“ anführt: Von ibn ʿAbbās wird berichtet, der sagte: „Ich fragte ʿUmar (möge Allah, der Erhabene mit ihm zufrieden sein): ‚Weswegen bekamst du den Beinamen al-Fārūq?‘ Er sprach: ‚Ḥamza nahm den Islam drei Tage vor mir an. Danach öffnete Allah mir das Herz für den Islam… Ich fragte: ‚Wo ist der Gesandte Allahs (segne ihn Allah und spende Er ihm Frieden)?‘ Meine Schwester antwortete: ‚Er ist im Haus von al-Arqam ibn al-Arqam bei aṣ-Ṣafā.‘ Ich trat ins Haus ein […] und sprach: ‚Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, Dem Einzigen, Der keinen Teilhaber hat. Und ich bezeuge, dass Muḥammad Sein Diener und Gesandter ist.‘‘ ʿUmar fuhr fort: ‚Hierauf stießen die anwesenden Leute einen takbīr aus, der von den Menschen in der Moschee (Kaaba) vernommen wurde. Ich sprach: ‚O Gesandter Allahs, sind wir nicht auf der Wahrheit, ob wir nun sterben oder am Leben bleiben?‘ Er antwortete: ‚Doch, bei Dem, in dessen Hand meine Seele liegt! Gewiss, ihr seid auf der Wahrheit, ob ihr nun sterbt oder am Leben bleibt.‘ Ich fragte: ‚Warum verstecken wir uns dann? Bei Dem, Der dich mit der Wahrheit entsandt hat, du musst hinausgehen!‘ Danach ließen wir den Propheten aus dem Haus treten, und wir – vereint und geschlossen – in zwei Reihen hinter ihm. Der einen Reihe stand Ḥamza, der anderen stand ich vor. In dieser Formation betraten wir die Moschee (Kaaba). Die Quraiš erblickten mich und Ḥamza. Es traf sie eine Düsternis, die sie noch nie erlebt hatten. An diesem Tage erhielt ich vom Gesandten Allahs, möge Allahs Segen und Frieden auf ihm ruhen, den Beinamen al-Fārūq, so hat Allah zwischen Wahrheit (ḥaqq) und Falschheit (bāṭil) getrennt.‘“ (Ende des Zitats) 

Als al-Albānī diesen Hadith untersuchte, befand er, dass er abzulehnen sei (munkar). Auch stufte ihn die überwiegende Mehrheit der Hadithgelehrten als schwach ein. Meine Frage umfasst zwei Aspekte. Erstens: Wäre es erlaubt, einen schwachen Hadith als Rechtsbeleg heranzuziehen? Wenn dem so ist, wann wäre es zulässig und wie wäre der Hadith zu beurteilen? Und falls die Antwort nein lautet – möge Allah uns mit Eurem Wissen Nutzen verschaffen –, liegt Ihnen ein anderer Bericht als jener aus der Frage vor? Möge Allah Euch segnen und Euch den Sieg verleihen. Abdullah al-Schami

Antwort

Wa ʿalaikum as-salāmu wa raḥmatullāhi wa barakātuh.

Die beiden Fragen beziehen sich auf dasselbe Thema, daher ergeht die Antwort an euch beide:

Ehrenwerte Brüder, wenn ihr lest, dass jemand eine Überlieferung für schwach erklärt, so bedeutet es nicht, dass sie definitiv schwach ist. Es gibt beispielsweise „Scheichs“, die sogar Hadithe bei al-Buḫārī und Muslim für schwach erklären. Sie erklären Hadithe für schwach, die von jenen beiden Referenzen herausgebracht worden sind, deren Überlieferungen die Umma zutiefst vertraut und in gutem Gewissen angenommen hat. Denn al-Buḫārī und Muslim pflegten bei der Verifizierung ihrer Hadithe gewaltig große Bewertungsmaßstäbe anzulegen, und zwar sowohl hinsichtlich der Überlieferungskette (sanad) als auch des Textes selbst (matn). Und trotzdem gibt es solche, die ihre aḥādīṯ für schwach befinden!

Gewiss, wenn sich herausstellt, dass ein Hadith schwach ist, dann ist es nicht erlaubt, ihn als Rechtsbeleg heranzuziehen. Aber vielleicht erklären die Hadithgelehrten oder einige von ihnen einen Hadith für schwach (ḍaʿīf), während ihn andere für gut (ḥasan) befinden und geeignet, als Rechtsbeleg herangezogen zu werden. Jeder, der mit der Hadithwissenschaft und ihren Prinzipien (uṣūl) vertraut ist, kennt diesen Sachverhalt, da er unter den Hadithgelehrten und muğtahidūn (Rechtsauslegern) allgemein bekannt ist. So kannst du einen Gelehrten finden, der einen bestimmten Hadith als Rechtsbeleg heranzieht, und einen anderen, der diesen Hadith als Beleg ablehnt. In unserem Buch Die islamische Persönlichkeit, Teil 1 haben wir diesen Sachverhalt in den Kapiteln Der Hadith maqbūl und der Hadith mardūd sowie Die Erachtung des Hadith als Beweis in den islamischen Rechtssprüchen detailliert erläutert.

Und nun wollen wir dir auf die Frage hinsichtlich des Aufmarsches der Prophetengefährten in Mekka antworten, nachdem ʿUmar (r) zum Islam übergetreten war:

1- Der in der Frage erwähnte Bericht wurde von Abū Nuʿaim Aḥmad ibn ʿAbdillah ibn Aḥmad ibn Isḥāq ibn Mūsā ibn Mihrān al-Aṣbahānī (gest. 430 n. H.) in seinem Buch Ḥilyat al-auliyāʾ wa ṭabaqāt al-aṣfiyāʾ überliefert. Abū Nuʿaim ist ein vertrauenswürdiger ḥāfiẓ (jemand, der 100.000 Hadithe bzw. die überwiegende Sunna des Propheten beherrscht). Al-Zarkalī beschrieb ihn im Werk Aʿlām an-nubalāʾ mit folgenden Worten:

Abū Nuʿaim (336 – 430 n. H. = 948 – 1038 n. Chr.) Aḥmad ibn ʿAbdillāh ibn Aḥmad al-Aṣbahānī, Abū Nuʿaim: Ein ḥāfiẓ und Historiker. Er zählt zu den Vertrauenswürdigen bei der Tradierung und Wiedergabe von Berichten.

Abū Nuʿaim wurde in Isfahan geboren und starb ebenda. Zu seinen Werken zählen ‚Ḥilyat al-auliyāʾ wa ṭabaqāt al-aṣfiyāʾ‘ in zehn Bänden sowie ein großes Buch namens ‚Maʿrifāt aṣ-ṣaḥāba‘, wovon ein zweibändiges Manuskript mit einer kommentierenden Lesung aus dem Jahr 551 erhalten geblieben ist, das in der Bibliothek von Ahmed III., Topkapı Sarayı, Istanbul, Nummer 497, aufbewahrt wird. Erwähnt wird dies in den ‚Muḏakkarāt‘ von al-Maimanī, in ‚Ṭabaqāt al-muḥaddiṯīn wa-r-ruwāh‘, in ‚Dalāʾil an-nubūwah‘, in ‚Ḏikr aḫbār Aṣbahān‘ (zwei Bände) und ebenso im Buch ‚aš-Šuʿarāʾ‘. (Ende des Zitats)

Daher kann man sich durchaus auf seinen Bericht über den zweireihigen Aufmarsch der Muslime nach ʿUmars Konversion zum Islam stützen.

2- Außerdem ist das nicht der einzige Bericht zu diesem Ereignis, es existieren noch weitere authentische Überlieferungen dazu:

– Im al-Mustadrak ʿalā aṣ-ṣaḥīḥain von al-Ḥākim heißt es: […] ʿUṯmān ibn ʿAbdillāh ibn al-Arqam berichtet von seinem Großvater al-Arqam, der die Schlacht von Badr miterlebt hatte, dass der Gesandte Allahs (s) in dessen Haus bei aṣ-Ṣafā vierzig muslimische Männer beherbergte, von denen ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb (r) der letzte war, der den Islam angenommen hatte. Als sich ihre Zahl auf vierzig belief, traten sie zu den Götzendienern heraus […]. Al-Ḥākim sagte: Die Kette dieses Hadithes ist authentisch (ṣaḥīḥ), obwohl ihn beide (al-Buḫārī und Muslim) nicht herausgebracht haben. Aḏ-Ḏahabī stimmte ihm zu.

– Und ibn Saʿd führt in aṭ-Ṭabaqāt al-kubrā an: […] Von Yaḥyā ibn ʿImrān ibn ʿUṯmān ibn al-Arqam wird berichtet, der sprach: „Ich hörte meinen Großvater ʿUṯmān ibn al-Arqam sagen: ‚Ich bin der Sohn von sieben im Islam. Mein Vater trat als siebter von sieben dem Islam bei. Sein Haus befand sich in Mekka auf aṣ-Ṣafā. Es ist jenes Haus, in dem sich der Prophet (s) zu Beginn des Islam aufhielt. In ihm lud er die Menschen zum Islam ein, und viele sind darin konvertiert. An einem Montagabend sprach er dort: ‚O Allah! Stärke den Islam mit demjenigen, der dir von diesen beiden Männer am liebsten ist: Mit ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb oder ʿAmr ibn Hišām.‘ Am frühen Morgen des nächsten Tages kam ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb und nahm den Islam in Dār al-Arqam an. Sie verließen das Haus, riefen den takbīr und umrundeten die Kaaba in aller Öffentlichkeit. Dār Al-Arqam wurde fortan Dār al-Islam genannt…“.

– Ibn Isḥāq berichtet in as-Sīra an-nabawīya: Da sagte ʿUmar: „Bei Allah, uns steht es eher zu, den Islam zu verkünden! […] Möge der dīn Allahs in Mekka hervortreten! Wenn unser Volk uns unterdrücken will, werden wir sie bekämpfen. Und wenn es uns gerecht behandelt, dann werden wir es von ihnen annehmen.“ ʿUmar und seine Gefährten zogen aus und setzten sich in die Moschee. Als die Quraiš erkannten, dass ʿUmar den Islam angenommen hatte, waren sie schwer enttäuscht.“

– Der Bericht über die zwei Reihen wird auch bei Taqī ad-Dīn al-Maqrīzī in Imtāʿ al-asmāʿ erwähnt, bei Ḥusain ibn Muḥammad ad-Diyār Bakrī in Tāḫ al-ḫamīs fī awāl anfus an-nafīs, bei Muḥammad Abu Šahba in as-Sīra an-nabawīya ʿalā ḍauʾi l-qurʾān wa as-sunna sowie bei Ṣafī ar-Raḥmān al-Mubārakpūrī in ar-Raīq al-matūm. Auch andere Verfasser erwähnen ihn.

3- Trotz dieser Tatsache muss darauf hingewiesen werden, dass die Erlaubnis von Demonstrationen und Märschen nicht nur aus diesen Berichten abgeleitet wird. Demonstrationen und Märsche sind Stile, um Meinungen auszudrücken und bestimmte Ideen zu kommunizieren, wie es auch bei Veröffentlichungen, Vorträgen, Seminaren, Videos und anderen Mitteln und Stilen der Fall ist. Nun gilt bei Stilen und Mitteln die Regel, dass sie zulässig sind, solange kein Gegenbeweis ergangen ist, der einiges davon verbietet. Nur dann werden sie untersagt. Solche Mittel und Stile spornen die Menschen dazu an, den Islam zu tragen, ihn einzuhalten und mit ihm zu interagieren. Die Partei führt diese Tätigkeiten durch, wie es ihr möglich ist. Jedoch unter der Bedingung, dass sie selbst die Aktion leitet und mit ihren eigenen Bannern und Slogans ausrichtet, sodass die Menschen unter der alleinigen Führung der Partei versammelt werden… Denn die Partei teilt sich nicht die Führung mit anderen, wo dann jeder sein eigenes Banner hisst und seinen eigenen Slogan skandiert… So etwas macht sie nicht und nimmt auch nicht daran teil. Was wir also unter unserer eigenen Leitung und Ägide durchführen können, das führen wir durch. Dabei kann es eine Zeit geben, in der wir dazu nicht in der Lage sind, und eine andere Zeit, in der es uns möglich ist. Hier verhält es sich wie mit dem Stil der Medienbüros: In der Zeit von Abū Ibrāhīm (Scheich Nabhānī), möge Allah ihm gnädig sein, war es schwierig, solche einzurichten. Danach, in der Zeit von Abū Yūsuf (Scheich Zallūm), möge Allah ihm gnädig sein, war es weniger schwer. Deswegen hat er mich als offiziellen Sprecher in Jordanien eingesetzt. Und heute, wie Du siehst, sind unsere Medienbüros schon bemerkenswert.

4- Abschließend sei gesagt, geehrte Brüder: Über jede Aktion, die wir vornehmen, und jeden Schritt, den wir setzen, denken wir intensiv und gründlich nach. Wir halten uns nicht nur von Verbotenem fern, sondern von allem, was sich auch nur im Entferntesten dem Hauch von Verbotenem nähert. Dabei vertrauen wir im Sichtbaren und Verborgenen, bei kleinen und bei großen Dingen, auf Allah, den Gepriesenen… Denn wir tragen eine Last, die Berge erdrückt! Wären wir denn in der Lage voranzuschreiten, wenn die Einhaltung der Rechtssprüche des Islam nicht in unseren Herzen, Zungen und in all unsere Gliedmaßen verankert wäre?! Wir bitten Allah (t) uns beizustehen und uns zum Besten zu führen, wahrlich, Allah nimmt Sich der Rechtschaffenen an!

Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta

10. Šaʿbān 1435 n. H.

08.06.2014