Islamrechtliche F&A Der Rechtsspruch zum Verzehr von Insekten

Die folgende islamrechtliche Frage beschäftigt einige Brüder. So ist es in Europa ab Januar 2023 erlaubt, Insekten (die also kein flüssiges Inneres haben) als Nahrungsmittel zu verwenden. Diese werden zermahlen und den Lebensmitteln hinzugefügt. Wie lautet nun der diesbezügliche islamische Rechtsspruch? Dürfte man solche Produkte verzehren?

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage

Der Rechtsspruch zum Verzehr von Insekten

Zu eurer Frage nach den Insekten sei Folgendes gesagt:

Wortlaut der Frage:

Die folgende islamrechtliche Frage beschäftigt einige Brüder. So ist es in Europa ab Januar 2023 erlaubt, Insekten (die also kein flüssiges Inneres haben) als Nahrungsmittel zu verwenden. Diese werden zermahlen und den Lebensmitteln hinzugefügt. Wie lautet nun der diesbezügliche islamische Rechtsspruch? Dürfte man solche Produkte verzehren? Und ist der Käufer verpflichtet, nachzuforschen, ob sie in den Lebensmitteln, die er kaufen möchte, vorhanden sind?

Antwort:

Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh!

Erstens: Bevor ich auf die Frage bezüglich der Insekten eine Antwort gebe, möchte ich folgende Punkte in Erinnerung rufen:

1. Die islamrechtlich reinigende Schächtung (ḏakāh):

a) Die islamrechtliche (reinigende) Schächtung ist die entscheidende Trennlinie zwischen dem, was an Tierfleisch erlaubt und verboten ist. Wenn es möglich ist, das Tier islamrechtlich zu schächten, so ist dessen Verzehr erlaubt, bis auf das, was durch einen Textbeleg davon ausgenommen wurde. Ist die islamrechtliche Schächtung des Tieres nicht möglich, dann ist dessen Verzehr verboten, es sei denn, eine Art davon ist textlich ausgenommen worden, dann ist die erwähnte Ausnahme statthaft.

b) Die islamrechtliche Schächtung hat der Gesandte (s) folgendermaßen dargelegt: Was das Blut ausströmen lässt, auch muss die Schlachtung durch die Kehle oder durch einen Stich in die Halsmulde (al-labba) erfolgen. Dazu sind islamrechtliche Textbelege ergangen, und zwar:

– Im „Ṣaḥīḥ“ von al-Buḫārī wird erwähnt: ʿAbāya ibn Rifāʿa berichtet von seinem Großvater Rāfiʿ, der sprach: Wir waren mit dem Propheten (s) in Ḏū l-Ḥulaifa. Wir hatten Kamele und Schafe erbeutet und die Leute befiel Hunger. Ich fragte: „Wir befürchten, morgen ohne (scharfe) Klingen auf den Feind zu treffen. Dürfen wir mit Rohrholz schlachten?“ Und der Prophet (s) antwortete:

مَا أَنْهَرَ الدَّمَ وَذُكِرَ اسْمُ اللَّهِ عَلَيْهِ فَكُلْ لَيْسَ السِّنَّ وَالظُّفُرَ وَسَأُحَدِّثُكُمْ عَنْ ذَلِكَ أَمَّا السِّنُّ فَعَظْمٌ وَأَمَّا الظُّفُرُ فَمُدَى الْحَبَشَةِ

Wenn es das Blut ausströmen lässt und der Name Allahs darüber ausgesprochen wurde, dann kannst du es essen. Die Schlachtung darf aber nicht mit dem sin oder dem ẓufr erfolgen. Dazu kann ich euch sagen: Mit „sin“ ist der Knochen gemeint und mit „ẓufr“ der Fingernagel, die Klinge Äthiopiens.

– Im Werk „as-Sunan al-kubrā“ von al-Baihaqī berichtet Saʿīd ibn Ğubair von ibn ʿAbbās, der sagte:

الذكاة في الحلق واللبة

Die reinigende Schächtung erfolgt durch die Kehle und in die Halsmulde.

Das bedeutet, dass die Schächtung mit einem Schnitt durch den Halsansatz (Kehle) vollzogen wird, wobei man die Formel ausspricht: Bismi l-Lāh Allāhu akbar! Und die Schächtung des Kamels (an-naḥr) erfolgt durch einen Stich mit einem scharfen Werkzeug, wie z. B. einem Messers, in die Halsfurche des Kamels (al-labba), die sich am unteren Halsansatz gleich oberhalb der Brust befindet.

2. In dieser Form hat die islamrechtliche Schächtung zu erfolgen. Und was islamrechtlich geschächtet wird, ist erlaubt, bis auf das, was durch einen Textbeleg ausgenommen wurde – also Tiere, die zwar islamrechtlich geschächtet werden können, aber durch einen Offenbarungstext verboten sind. In diesem Fall ist ihr Verzehr untersagt:

a)

﴿حُرِّمَتْ عَلَيْكُمُ الْمَيْتَةُ وَالدَّمُ وَلَحْمُ الْخِنْزِيرِ وَما أُهِلَّ لِغَيْرِ اللَّهِ بِهِ …..

Verboten sind euch das Verendete, das Blut, das Schweinefleisch und worüber ein anderer als Allah angerufen wurde (…).[5:3]

Das Schwein ist somit verboten, obwohl es mit einem Schnitt durch die Kehle geschächtet werden kann.

b) Im Ṣaḥīḥ von Muslim (10/73) berichtet Maimūn ibn Mihrān von ibn ʿAbbās, der sprach:

نَهَى رَسُولُ اللَّهِ ﷺ عَنْ كُلِّ ذِي نَابٍ مِنْ السِّبَاعِ وَعَنْ كُلِّ ذِي مِخْلَبٍ مِنْ الطَّيْرِ

Der Gesandte Allahs (s) untersagte den Verzehr aller Raubtiere mit Reißzähnen sowie aller Vögel mit Greifklauen.

Obwohl man solche Tiere nach islamischer Rechtsvorschrift schächten kann, sind sie gemäß der āya und dem Hadith verboten.

3. All das gilt für Tiere, derer man habhaft ist, die sich also in der Hand des Menschen befinden und auf die man Zugriff hat. Was hingegen jene Tiere betrifft, die sich nicht in der Hand des Menschen befinden, wie z. B. Jagdwild, das man mit abgerichteten Hunden oder Falken erlegt, so fallen sie unter die Rechtssprüche, die für Jagdwild gelten.

Zweitens: Was nun die Insekten betrifft, so wird in der kuweitischen Rechtsenzyklopädie ausgeführt:

[Elfte Art: Al-ḥašarāt (Insekten und Kleintiere):

581 – Der Begriff al-ḥašarāt kann sprachlich allein das Ungeziefer (al-hauām) bezeichnen oder generell Kleintiere, ob sie nun fliegen können oder nicht. Gegenstand dieser Abhandlung ist die zweite, generellere Bedeutung des Begriffs. Die ḥašarāt in der Bedeutung von Kleintieren werden in zwei Gruppen unterteilt:

a) Tiere mit fließendem Eigenblut. Dazu zählen: Schlangen, Mäuse, Maulwürfe, Dornschwanzagamen, Springmäuse, Marder und Igel.

b) Tiere ohne fließendes Eigenblut. Dazu gehören: Geckos, Skorpione, Eidechsen, Landschnecken, Spinnen, Zecken, Mistkäfer, Ameisen, Flöhe, Heuschrecken, Wespen, Fliegen und Mücken.]

Zur Information: Die Springmaus (al-yarbūʿ) ist ein mausähnliches Nagetier, das umgangssprachlich im Arabischen ğarbūʿ genannt wird. Ebenso zählen Milan (habichtartiger Greifvogel), Nebelkrähe und Frosch zur ersten Gruppe

sowie die Eidechse (al-ʿaẓāʾa), bei der es sich um eine kleine, vierbeinige Reptilienart handelt. Würmer, Bienen, Wespen (zanbūr) und Hornissen gehören hingegen zur zweiten Gruppe.

Demzufolge gibt es zwei Kategorien von ḥašarāt:

Die erste Kategorie sind Tiere mit flüssigem Blut. Diese können geschächtet und verzehrt werden, wie etwa die Dornschwanzagame, außer wenn ein Text ergangen ist, der ihren Verzehr verbietet, was z. B. beim Igel der Fall ist. Ihr Verzehr ist auch dann verboten, wenn ein Text ihre Tötung befiehlt oder diese verbietet. Denn was zur Tötung freigegeben wurde, kann nicht geschächtet werden, weil sich das Töten vom Schächten unterscheidet, und das Töten dessen, was geschächtet werden darf, wäre in diesem Fall eine Vermögensvergeudung. Andererseits darf man Tiere, deren Tötung untersagt ist, auch nicht schächten.

1. Ein Beispiel für Kleintiere, die geschächtet und verzehrt werden dürfen:

– Die Erlaubnis zum Verzehr der Dornschwanzagame (aḍ-ḍabb):

Im Ṣaḥīḥ-Werk von al-Buḫārī wird ausgeführt: Abū Umāma ibn Sahl ibn Ḥanīf al-Anṣārī berichtete mir, ibn ʿAbbās habe ihm erzählt, dass Ḫālid ibn al-Walīd, der Saifu l-Lāh genannt wird, ihm mitteilte, er sei mit dem Gesandten Allahs (s) zu Mimūna eingetreten. Maimūna war seine Tante mütterlicherseits und auch die Tante mütterlicherseits von ibn ʿAbbās. Er fand bei ihr eine gegrillte Dornschwanzagame vor, die ihre Schwester, Ḥufaida bint al-Ḥāriṯ, aus Nağd mitgebracht hatte. Sie bot dem Propheten (s) die Dornschwanzagame an. Doch selten langte der Prophet (s) nach einer Speise, bevor man ihn darüber informiert und ihm die Speise benannt hatte. Als er (s) nun nach der Dornschwanzagame griff, sprach eine Frau unter den Anwesenden: „Setzt den Gesandten Allahs (s) darüber in Kenntnis, was ihr ihm angeboten habt! Es ist eine Dornschwanzagame, o Gesandter Allahs.“

فَرَفَعَ رَسُولُ اللَّهِ ﷺ يَدَهُ عَنْ الضَّبّ

Daraufhin zog der Gesandte Allahs (s) seine Hand von der Dornschwanzagame zurück.

Da fragte Ḫālid ibn al-Walīd: „Ist denn die Dornschwanzagame verboten, o Gesandter Allahs (s)?“ Er (s) antwortete:

لَا وَلَكِنْ لَمْ يَكُنْ بِأَرْضِ قَوْمِي فَأَجِدُنِي أَعَافُهُ

Nein, aber sie befand sich nicht im Land meines Volkes, daher mundet sie mir nicht.

Ḫālid sagte: „Da zog ich die Agame heran und aß sie, während der Gesandte Allahs (s) mir zusah.“

2. Ein Beispiel von Tieren, für die ein Verzehrverbot textlich ergangen ist:

– Das Verbot des Verzehrs von Igeln:

Im Buch „Nail al-auṭār“ wird ausgeführt: ʿĪsā ibn Numaila al-Fazārī berichtet von seinem Vater, der sagte: „Ich war bei ibn ʿUmar, als dieser nach dem Verzehr von Igeln gefragt wurde. Da trug er den Vers vor:

﴿قُلْ لا أَجِدُ فِي مَا أُوحِيَ إِلَيَّ مُحَرَّمًا

Sprich: „Ich finde in dem, was mir offenbart wurde, nichts, was […] verboten wäre […].“[6:145]

Da sprach ein Älterer unter den Anwesenden: „Ich hörte Abū Huraira (r) sagen:

ذُكِرَ عِنْدَ النَّبِيِّ – ﷺ – فَقَالَ: خَبِيثَةٌ مِنْ الْخَبَائِثِ

Er wurde beim Propheten (s) erwähnt, und dieser sprach: „Er ist eines der Übeltiere.“

Daraufhin sagte ibn ʿUmar: „Wenn es der Gesandte Allahs (s) gesagt hat, dann ist es so.“ Bei Aḥmad und Abū Dāwūd tradiert.]

3. An dieser Stelle wollen wir an das erinnern, was an Kleintieren (ḥašarāt) aus beiden Kategorien aufgrund eines ergangenen Textbeleges getötet werden darf. Folglich dürfen diese nicht geschächtet und nicht verzehrt werden:

a) Im „Ṣaḥīḥ“ von al-Buḫārī (11/146) berichtet Saʿīd ibn al-Musaiyab von Um Šarīk (r), dass der Gesandte Allahs (s)

أمر بقتل الوزغ وقال كان ينفخ على إبراهيم عليه السلام

die Tötung des Geckos anbefahl. Er sagte: „Er pflegte bei Ibrāhīm (as) (ins Feuer) zu blasen.“

Der Gecko wird auch Abū Barīṣ genannt. Es handelt sich um eine kleine Echsenart.

b) Auch berichtet ʿAbd ar-Razzāq von Maʿmar von az-Zuharī von ʿĀmir ibn Saʿd ibn Abī Waqqāṣ von seinem Vater, dass der Prophet (s)

أمَرَ بِقَتْلِ الْوَزَغِ وَسَمَّاهُ فُوَيْسِقًا …

das Töten des Geckos anbefahl. Er nannte ihn, das Übeltierchen […].

c) Im „Ṣaḥīḥ“ von Muslim wird von Zaid ibn Ğubair berichtet, der sagte: Ein Mann fragte ibn ʿUmar: „Welche Art von Getier darf ein Mann im Weihezustand (iḥrām) töten?“ Ibn ʿUmar antwortete: „Eine der Ehefrauen des Propheten (s) berichtete mir,

أَنَّهُ كَانَ يَأْمُرُ بِقَتْلِ الْكَلْبِ الْعَقُورِ وَالْفَأْرَةِ وَالْعَقْرَبِ وَالْحُدَيَّا وَالْغُرَابِ وَالْحَيَّةِ قَالَ وَفِي الصَّلَاةِ أَيْضًا

dass der Prophet (s) befahl, Raubtiere (al-kalb al-ʿaqūr), Mäuse, Skorpione, Milane, Krähen und Schlangen zu töten. Er sagte: „Auch im Gebet!“

An-Nawawī führt dazu aus: Über die Bedeutung von al-kalb al-ʿaqūr gehen die Meinungen auseinander. Einige sind der Auffassung, es sei der normale Hund. Andere wiederum meinen, es sei allein eine Bezeichnung für den Wolf. Die Allgemeinheit der Gelehrten ist aber der Ansicht, dass jedes reißende Raubtier damit bezeichnet wird, wie Tiger und andere Raubkatzen. Der Milan (al-ḥadʾa) ist ein habichtartiger Greifvogel. Und die Nebelkrähe, wie sie im folgenden Hadith erwähnt wird, hat auf der Brust und am Rücken helle Stellen und frisst Aas und Unrat. Im Buch „Manār al-qārī šarḥ muḫtaṣar ṣaḥīḥ al-Buḫārī“ wird ausgeführt (3/178): Die Krähe: Aus dem direkten Wortlaut des Hadithes geht hervor, dass man sie generell töten kann, was die Rechtsmeinung der Malikiten ist. Einige Hanafiten, dazu zählt auch der Verfasser des Werks „al-Hidāya“, sind der Ansicht, dass nur die Nebelkrähe (al-ġurāb al-abqaʿ), die Aas frisst, getötet werden darf. Dies ist auch die Meinung Imam Aḥmads. Betroffen ist davon ebenso der Schildrabe, wie es ibn Qudāma erwähnt.]

d) Saʿīd ibn al-Musaiyab berichtet von ʿĀʾiša (r), dass der Prophet (s) sprach:

خمس فواسق يقتلن في الحل والحرم الحية والغراب الأبقع والفأرة والكلب العقور والحدأة

Fünf Übeltiere werden im Normal- und Weihezustand getötet: Die Schlange, die Nebelkrähe, die Maus, das Raubtier und der Milan.[Im Tradierungswerk von ibn Māğa (3087)]

3. Allerdings gibt es in beiden Kategorien Arten von Insekten und Kleintieren, deren Tötung der Gesandte Allahs (s) untersagt hat. Und dies bedeutet, dass sie nicht geschächtet und in der Folge auch nicht verzehrt werden dürfen:

a) Imam Aḥmad, Abū Dāwūd und ibn Māğa tradieren einen Bericht von ibn ʿAbbās (r), den ʿAbd al-Ḥaqq als ṣaḥīḥ einstufte, dass der Prophet (s)

نهى عن قتل النملة والنحلة، والهدهد والصرد

das Töten der Ameise, der Biene, des Wiedehopfs und des Sperlings untersagte.

Der Sperling (aṣ-ṣard) ist ein Vogel und zählt zur Familie der Würger.

b) Saʿīd ibn Ḫālid berichtet von Saʿīd ibn al-Musaiyab von ʿAbd ar-Raḥmān ibn ʿUṯmān, der sagte: Ein Arzt erwähnte beim Gesandten Allahs (s) eine Arznei, der Frösche beigefügt werden.

فَنَهَى رَسُولُ اللَّهِ ﷺ عَنْ قَتْلِ الضُّفْدَعِ

Daraufhin untersagte der Gesandte Allahs (s), die Frösche zu töten.

Der Frosch hat Eigenblut, „ein flüssiges Inneres“, wie es in der kuweitischen Rechtsenzyklopädie erwähnt wird (3/72): [12. (…) Wassertiere, die auch an Land leben (Amphibien), wie Frösche und Krokodile etc…, werden mit Eintritt des Todes unrein (…), und weil es sich um Tiere mit flüssigem Innerem handelt, sind ihre toten Körper nicht zum Verzehr erlaubt. Sie ähneln den Wasservögeln und unterscheiden sich von den Fischen, die ja statthaft sind.

Zweite Kategorie: Das sind Tiere ohne flüssiges Eigenblut. Diese können islamrechtlich nicht geschächtet werden, weder mit einem Schnitt durch die Kehle noch mit einen Stich in die Halsmulde. Denn sie haben kein flüssiges Inneres (kein Blut, das vergossen werden kann), daher ist ihr Verzehr verboten. D. h., der Verzehr solcher Insekten ist untersagt, bis auf das, was durch einen Textbeleg ausgenommen wurde, wie zum Beispiel die Heuschrecken.

Aḥmad berichtet in seinem Traditionswerk in geschlossener Kette: 5465 – Suraiğ berichtet von ʿAbd ar-Raḥmān ibn Zaid ibn Aslam und dieser von Zaid ibn Aslam, dass ibn ʿUmar sagte: Es sprach der Gesandte Allahs (s):

أُحِلَّتْ لَنَا مَيْتَتَانِ وَدَمَانِ فَأَمَّا الْمَيْتَتَانِ فَالْحُوتُ وَالْجَرَادُ وَأَمَّا الدَّمَانِ فَالْكَبِدُ وَالطِّحَالُ

Zwei Arten von Verendetem und zwei Arten von Blut sind uns erlaubt worden. Die zwei Arten von Verendetem sind der Fisch und die Heuschrecke und die zwei Arten von Blut sind die Leber und die Milz.

Zudem ist das Töten von manchen Insekten untersagt und von anderen explizit anbefohlen worden, was das Verbot ihres Verzehrs zusätzlich untermauert. Beispiele dafür sind:

die Ameise und die Biene im o. a. Hadith von Aḥmad (für das Tötungsverbot) sowie der Gecko im Hadith von al-Buḫārī und der Skorpion im Hadith von Muslim (für die Tötungserlaubnis).

Drittens: Es scheint, dass sich deine Frage auf die zweite Kategorie von ḥašarāt bezieht, also auf jene Art von Kleintieren, die kein flüssiges Blut haben, d. h., kein Blut bei ihnen vergossen werden kann (also Insekten). Diese können islamrechtlich nicht geschächtet werden, wie wir es oben dargelegt haben, daher ist ihr Verzehr verboten, und zwar ungeachtet dessen, ob man sie alleine verzehrt oder zerreibt und anderen Speisen beimengt, wie es in deiner Frage erwähnt wird.

Diese Ansicht überwiegt bei mir. Ich sage nur, sie überwiegt, weil die Malikiten es in ihrer Rechtsschule erlauben, Insekten, die kein flüssiges Inneres haben, durch irgendeine Tötungsform zu schächten – also nicht nur mit einem Schnitt durch die Kehle oder einem Stich in die Halsmulde, um das Blut ausströmen zu lassen, wie es vom Gesandten Allahs (s) berichtet wird, sondern auch auf andere Art und Weise.

In der kuweitischen Rechtsenzyklopädie (S. 6089) heißt es dazu:

[c) Die Schächtung bei Insekten und anderen Kleintieren (ḥašarāt)

5. Diejenigen, die den Verzehr aller oder einiger Kleintiere (ḥašarāt) erlauben, sind sich darüber einig, dass sie geschächtet werden müssen, wenn sie ein flüssiges Inneres haben. Sterben sie ohne Schächtung, dann dürfen sie nicht verzehrt werden. Wie bei allen anderen Tieren gelten sie dann als verendet (maita).

Was hingegen kein flüssiges Inneres besitzt, wie Heuschrecken und Grashüpfer, so müssen jene Arten, die davon statthaft sind, nicht geschächtet werden. Dies ist die allgemeine Meinung der Gelehrten, die ihren Verzehr erlauben. Die Malikiten meinen hingegen, dass sie geschächtet werden müssen, was durch irgendeine Handlung geschieht, die den Tod der Tiere herbeiführt, indem man ihnen z. B. den Kopf abschlägt, sie brät oder grillt oder sie in kaltes Wasser taucht. Suḥnūn dagegen meinte: Dies ist nur durch heißes Wasser zulässig oder durch das Abschneiden ihrer Beine oder ihrer Flügel. Jedoch darf das, was von dem Tier abgeschnitten wurde, nicht verzehrt werden, außer es handelt sich um den Kopf bzw. um die Hälfte des Körpers oder mehr. In diesem Fall ist der Verzehr gestattet. Auch muss bei ihrer Schächtung die Absicht vorhanden sein und das Bismillah ausgesprochen werden. So ist es nicht ausreichend, die Tiere in bekannter Weise einzusammeln, vielmehr muss die Schächtungsabsicht vorhanden sein und das Bismillah bei der Schächtung ausgesprochen werden.]

– Im Werk „al-Ḫulāṣa al-fiqhīya ʿalā maḏhab as-sāda al-mālikīya“ von Muḥammad al-ʿArabī al-Qurawī wird auf S. 275 ausgeführt:

[Frage: Wie lautet der Rechtsspruch zur Schächtung jener Tiere, die kein flüssiges Inneres haben? Antwort: Die Schächtung dessen, was kein flüssiges Inneres hat, erfolgt durch irgendeine Handlung, die den Tod des Tieres zur Folge hat, auch wenn dieser verzögert erfolgt, wie es beim Abschneiden eines Flügels oder Beins oder beim Eintauchen in heißes Wasser der Fall ist. Beispiele solcher Tiere sind Heuschrecken, Würmer oder Bodenungeziefer.]

So stellt sich die Rechtsmeinung der Malikiten dar. Ich erachte sie jedoch als unterlegen, weil die islamischen Rechtsbelege klar dargelegt haben, wie die islamrechtliche Schächtung gemäß obiger Beschreibung zu erfolgen hat. Und das bedeutet, dass bei Tötung der Insekten auf eine andere Art und Weise, keine Schächtung stattgefunden hat. Folglich handelt es sich um Verendetes, das nicht verzehrt werden darf.

Viertens: Anzumerken ist, dass die Bücher der Rechtsgelehrten den Verzehr von Insekten und Kleintieren erwähnen. Sie erwähnen auch, dass die reinigende Schächtung (aḏ-ḏakāh) die Trennlinie zwischen der Statthaftigkeit und dem Verbot des Fleisches bildet:

a) Im Tafsīr von al-Qurṭubī (6/47) zu Sure al-Māʾida Vers 3 wird ausgeführt:

﴿حُرِّمَتْ عَلَيْكُمُ الْمَيْتَةُ وَالدَّمُ وَلَحْمُ الْخِنْزِيرِ وَما أُهِلَّ لِغَيْرِ اللَّهِ بِهِ وَالْمُنْخَنِقَةُ وَالْمَوْقُوذَةُ وَالْمُتَرَدِّيَةُ وَالنَّطِيحَةُ وَما أَكَلَ السَّبُعُ إِلاَّ مَا ذَكَّيْتُمْ

Verboten sind euch das Verendete, das Blut, das Schweinefleisch und worüber ein anderer als Allah angerufen wurde, das Erdrosselte, das zu Tode Geschlagene, das zu Tode Gestürzte oder Gestoßene und das, was Raubtiere angefressen haben, außer dem, was ihr reinigend geschlachtet habt.[5:3]

Siebtens: Die Aussage des Erhabenen

إِلَّا مَا ذَكَّيْتُمْ ﴿

außer dem, was ihr reinigend geschlachtet habt erachtet die Allgemeinheit der Gelehrten und Juristen als eine verknüpfte Akkusativkonstellation, die sich aus einem Ausnahmesatz ergeben hat (naṣb ʿalā istiṯnāʾ muttaṣil). Sie bezieht sich auf alle zuvor erwähnten Fälle, bei denen man eine Schächtung noch vor dem Verenden des Tieres erreicht. Die reinigende Schächtung (aḏ-ḏakāt) ist darauf anwendbar, weil sich ein Ausnahmeobjekt (istiṯnāʾ) stets auf alles bezieht, was zuvor im Satz erwähnt wird. Diese Verknüpfung wird nur dann unterbrochen, wenn ein entsprechender Offenbarungsbeleg ergangen ist, dem man sich fügen muss…

Steht das einmal fest, dann sollte man wissen, dass die „reinigende Schächtung“ (aḏ-ḏakāh) im islamischen Recht durch das Vergießen des Blutes und den Schnitt durch die Adern des zu schlachtenden Tieres erfolgt bzw. durch das Einstechen in die Halsmulde des zu schlachtenden Kamels oder durch einen beliebigen Stich in den Körper eines Tieres, dessen man nicht habhaft ist (z. B. Jagdwild, Anm.). Dabei muss man die Absicht hegen, es im Namen Allahs zu tun und Seinen Namen erwähnen.

So pflegte der Gesandte Allahs (s) beim Schächten die Kehle zu durchtrennen und in die Halsmulde zu stechen. Auch sagte er:

إِنَّمَا الذَّكَاةُ فِي الْحَلْقِ وَاللَّبَّةِ

Die reinigende Schächtung erfolgt allein durch die Kehle und in die Halsmulde.

Damit hat er die Stelle erläutert, an der die Schächtung zu erfolgen hat, und diese genau bezeichnet. Auch hat er (s) den Zweck der Schächtung dargelegt und gesagt:

مَا أَنْهَرَ الدَّمَ وَذُكِرَ اسْمُ اللَّهِ عَلَيْهِ فَكُلْ

Wenn man das Blut zum Strömen gebracht und den Name Allahs darüber ausgesprochen hat, dann iss!

Wird dies vernachlässigt und ist weder die Absicht noch die entsprechende Bedingung noch das spezifizierende Merkmal vorhanden, dann ist der gottesdienstliche Aspekt abhandengekommen und das Tier darf nicht verzehrt werden. Allah weiß es jedoch am besten.]

b) Im Buch „al-Muḥallā bi-l-āṯār“ von ibn Ḥazm al-Andalusī (gest. 456 n. H.) wird ausgeführt:

[995- Rechtsfrage: Weder ist es statthaft, die Landschnecke zu verzehren, noch irgendeine Art von Insekten oder Kleintieren, seien es Geckos, Spinnen, Ameisen, Bienen, Fliegen, Wespen oder Würmer, und zwar ungeachtet dessen, ob sie fliegen können oder nicht. Gleiches gilt für Läuse, Flöhe, Wanzen, Mücken und alles, was von ihrer Art ist.

– Dies ergibt sich aus der Aussage des Erhabenen:

﴿حُرِّمَتْ عَلَيْكُمْ الْمَيْتَةُ

Verboten ist euch das Verendete.[5:3]

sowie aus Seiner Aussage:

﴿إِلاَّ مَا ذَكَّيْتُمْ

außer dem, was ihr reinigend geschlachtet habt.[5:3]

Auch gibt es den authentischen Rechtsbeleg darüber, dass die reinigende Schächtung für das Tier, auf das man Zugriff hat, ausschließlich mit einem Schnitt durch die Kehle oder mit einem Stich in die Halsmulde zu erfolgen hat. Folglich darf man kein Tier verzehren, das man nicht schächten kann. Es wäre verboten, weil man es nur als ungeschächtet Verendetes verzehren würde.

– Ein weiterer Beleg: All das Erwähnte lässt sich in zwei Kategorien unterteilen: Zur ersten zählen Tiere, deren Tötung erlaubt ist, wie z. B. Geckos, Spinnen, Flöhe, Wanzen und Wespen. Und zur zweiten gehören jene Tiere, deren Tötung verboten ist, wie z. B. Ameisen und Bienen. Was nun zur Tötung freigegeben wurde, kann nicht geschächtet werden. Wenn man es nämlich schächten dürfte, wäre die Tötung eine Vergeudung von Vermögen. Andererseits darf man Tiere, deren Tötung untersagt ist, auch nicht schächten. Über den Weg von aš-Šaʿbī ist uns berichtet worden: Alles, was kein flüssiges Blut besitzt, ist nicht zu schächten.

– Al-Buḫārī berichtet von Qutaiyiba, von Ismāʿīl ibn Ğaʿfar, von ʿUtba ibn Muslim, dem Erbloyalen Banū Tamīms, von ʿUbaid ibn Ḥunain, dem Erbloyalen Banū Zuraiqs, von Abū Huraira, dass der Gesandte Allahs (s) sprach:

إذَا وَقَعَ الذُّبَابُ فِي إنَاءِ أَحَدِكُمْ فَلْيَغْمِسْهُ ثُمَّ لِيَطْرَحْهُ

Wenn jemandem von euch Fliegen ins Gefäß fallen, dann soll er sie eintauchen und anschließend wegwerfen.

Er erwähnte den vollständigen Hadith. Hier befiehlt der Gesandte Allahs (s), die Fliege wegzuwerfen. Wenn es erlaubt wäre, sie zu verzehren, hätte er (s) nicht befohlen, sie zu eliminieren.

Sollte jemand nun den Hadith von Ġālib ibn Ḥuğra anführen, den Ġālib von al-Milqām ibn at-Talib und dieser von seinem Vater berichtet, der sagte: „Ich begleitete den Propheten (s), aber hörte von ihm nicht, dass Insekten verboten seien.“, so ist festzustellen, dass Ġālib ibn Ḥuğra und al-Milqām unbekannt sind. Aber selbst wenn der Hadith authentisch wäre, hätte er keine Beweiskraft, denn was jemand nicht gehört hat, kann das nicht entkräften, worüber ein Textbeleg ergangen ist.] Zitatende

Zusammenfassend ist also zu sagen: Für mich überwiegt die Ansicht, dass der Verzehr von Insekten (die kein flüssiges Blut besitzen) verboten ist, weil sie nicht geschächtet werden können. Es handelt sich folglich um Verendetes, und der Verzehr von Verendetem ist untersagt, außer es ist ein spezifischer Textbeleg ergangen, der eine bestimmte Art davon, wie z. B. die Heuschrecke, erlaubt. In diesem Falle wäre ein Verzehr gemäß den oben ausgeführten Darlegungen zulässig.

Ist es nun für einen Käufer verpflichtend, nachzuforschen, ob in einem Lebensmittel, das er kaufen möchte, Insekten vorhanden sind, wie es in deiner Frage erwähnt wird? Ich glaube nicht, dass es notwendig wäre, Nachforschungen anzustellen, denn sie verbergen es ja nicht. Meistens werden doch die Inhaltsstoffe auf der Verpackung des Nahrungsmittels, das man kaufen möchte, angeführt.

Ich hoffe, dass diese Ausführungen ausreichend sind, und Allah ist wissender und weiser.

Mit freundlichen Grüßen

18.6.2023

Euer Bruder