Sie ist eines der markantesten Symbole für den Sieg des Islam über das christliche Abendland. Am Beispiel der Hagia Sophia erkennt man das unerschöpfliche Potential, welches im Islam schlummert. Nur der Islam ist in der Lage, die gewaltigen Ressourcen der islamischen Welt zu bündeln und den Westen dort zu besiegen, wo er am stärksten ist. Sultan Muḥammad II. wusste um dieses Potential des Islam und schöpfte es glorreich aus. Als 21-jähriger Befehlshaber der muslimischen Armee eroberte er Konstantinopel (Istanbul) und erfüllte damit die Prophezeiung des Propheten (s):
„Wahrlich, ihr werdet Konstantinopel eröffnen. Was für ein wunderbarer Anführer wird er sein, und was für ein wunderbares Heer wird dieses Heer sein!“ und „Dem ersten Heer, das nach Konstantinopel zieht, wird vergeben werden.“ [Musnad Aḥmad sowie bei al-Ḥākim im al-Ğāmiʿ aṣ-ṣaġīr]
Nachdem die Muslime über acht Jahrhunderte versucht hatten, die Hauptstadt des christlichen Abendlandes zu erobern, wurde diese Ehre Sultan Muḥammad II. im Jahr 1453 zuteil. Doch trotz seines glanzvollen Sieges, marschierte er demütig in die Hagia Sophia ein und schüttete sich Staub auf sein Haupt. Dabei betonte dieser großartige Führer der Muslime, dass der Sieg nur von Allah, dem Erhabenen, kommt.
Fünf Jahrhunderte später, nachdem der Verräter Mustafa Kemal das Kalifat zerstört hatte, vollzog er an eben dieser Stelle einen Akt der Feindschaft und des Grolls gegenüber dem Islam. In dem Bestreben, seine säkulare Autorität unter Beweis zu stellen, ließ Mustafa Kemal diese glanzvolle Moschee in ein Museum umwandeln. Von da an war es verboten, das Gebet in der Hagia Sophia zu verrichten, nachdem es jahrhundertelang darin verrichtet worden war.
Fast ein Jahrhundert später sollte dieser Akt der Schande außer Kraft gesetzt werden. Am 10. Juli 2020 wurde der Beschluss des Ministerrates aus dem Jahr 1934, der die Umwandlung dieser Moschee in ein Museum angeordnet hatte, durch das höchste Gericht der Türkei aufgehoben. Dabei stützte sich der Staatsrat auf den Rechtstitel von Sultan Muḥammad II. (Fatih), wonach das Gebäude als Moschee zu dienen und der Öffentlichkeit zugänglich zu sein hat. Nach Ansicht des Gerichts ist diese Bestimmungsklausel bindend und kann nicht geändert werden.
Tatsächlich hatte Sultan Fatih die Hagia Sophia, die damals noch eine Kirche war, vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel erworben. Der Kaufvertrag wurde in seinem eigenen Namen geschlossen, da Muḥammad II. diese Anschaffung als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Herrscher oder im Namen des Staates tätigte. Daher wurde auch der Kaufpreis aus dem persönlichen Vermögen des Sultans bezahlt und nicht aus dem bait al-māl, dem Schatzhaus der Muslime. Somit handelte es sich um einen persönlichen Kaufvertrag zwischen Muḥammad II. und der Orthodoxen Kirche von Konstantinopel.
Nach dem Erwerb der Hagia Sophia richtete der Sultan einen waqf (islamische Stiftung) ein und übertrug dieser gemeinnützigen Einrichtung seine neue Liegenschaft. Diese Eigentumsübertragung wurde in einer notariellen Urkunde festgehalten. Als die Verwaltung des Staates mit der Zeit dazu überging, ein einheitliches Grundbuch (Tapu) einzurichten, wurde diese Liegenschaft als ausschließliches Eigentum des waqf von Muḥammad al-Fātiḥ im Grundbuch eingetragen. Im Zuge der Untersuchung durch den Staatsrat wurden 27 historische Dokumente gefunden, darunter auch die ursprüngliche Grundbuchurkunde (Tapu Senedi). Daraus geht klar hervor, dass der Eigentümer der Hagia Sophia jener waqf ist, der vor einem halben Jahrtausend vom Sultan eingerichtet und der Umma gestiftet wurde.
Die internationale Gemeinschaft kritisierte die jüngste Umwidmung der Hagia Sophia und wies darauf hin, dass das Gebäude zum Weltkulturerbe gehöre.
Wenden wir uns nun der Behauptung zu, dass hier eine Kirche in eine Moschee umgewandelt wurde, obwohl allseits bekannt ist, dass die Hagia Sophia inzwischen jahrzehntelang ein Museum war. Zunächst sollte man sich vergegenwärtigen, dass die Hagia Sophia ursprünglich nicht einfach nur eine Kirche war. Bereits die osmanischen Herrscher betrachteten die Hagia Sophia als einen einzigartigen Fall. Sie waren sich dessen bewusst, dass Konstantinopel – die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches – erobert werden musste. Im Zuge dessen musste auch die hohe politische Symbolkraft dieses Bauwerks, das die Stadt architektonisch dominierte, genutzt werden. Immerhin war die Hagia Sophia nicht nur eine gewöhnliche Kirche, vielmehr repräsentierte sie das politische und kulturelle Zentrum des Byzantinischen Reiches.
Die Hagia Sophia ist eher mit dem Weißen Haus in Washington, dem Kreml in Moskau oder dem Reichstag in Berlin vergleichbar.
Nachdem Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg besiegt wurde, entbrannte ein Wettlauf zwischen der UdSSR und dem Westen um die Besetzung des Reichstagsgebäudes in Berlin. Aufgrund der Symbolkraft dieses Gebäudes war es für die Siegermächte unvorstellbar, dass die besiegten Nazis weiterhin die Kontrolle darüber behielten. Die Alliierten mussten dafür sorgen, dass Deutschlands symbolische Strukturen und Gebäude neu besetzt werden. Schließlich würde es keinen Sinn ergeben, ein Reich zu besiegen und dessen Städte zu erobern, aber dann zuzulassen, dass der bezwungene Machthaber die Kontrolle über das wichtigste politische und kulturelle Symbol dieses Reiches beibehält.
In diesem Sinne bleibt dem Sieger nur eine Möglichkeit, nämlich die Kontrolle über ein derartiges Gebäude zu erlangen, es in Besitz zu nehmen und zu einem Symbol für die neue Machtstruktur zu erheben. Aus strategischer Sicht musste der Sultan die Hagia Sophia in eine Moschee umwandeln, damit von ihr aus der Adhan ausgerufen wird und sich die Menschen zum Gemeinschaftsgebet versammeln. Durch diesen Schritt wurde die islamische Vorherrschaft über Byzanz besiegelt und der einstige Herrscher über das Byzantinische Reich verlor damit seine politische Kraft.
Diese Symbolik entging auch Mustafa Kemal nicht, der nach der Zerstörung des Kalifats die Hagia Sophia in Besitz nahm und sie in ein Museum umwandelte. Damit gehörten die Religion und insbesondere der Islam in der Türkei fortan der Vergangenheit an. Mit diesem symbolischen Akt erklärte Kemal den Islam zu einem kulturellen Artefakt, das im Museum verstauben sollte und keine politische oder gesellschaftliche Bedeutung mehr spielen durfte.
Als die Hagia Sophia unlängst wieder in eine Moschee umgewandelt wurde, gab es Kritik durch einige Nichtmuslime. Ihre Einwände hatten allerdings nichts mit ihrer Sorge um das Christentum zu tun, denn es wurden keine Bedenken geäußert, als die Hagia Sophia jahrzehntelang als Museum fungierte. Eine solche Widmung fügte sich nämlich gut in die Symbolik und das Narrativ einer säkularisierten Türkei ein. Daher hatte auch niemand gefordert, dass die Hagia Sophia wieder in eine Kirche umgewandelt werden sollte. Erst als islamische Symbole wieder ihren Weg in das öffentliche Leben fanden, wurde die Religion für die säkularen Kräfte zu einem Problem. An diesem Punkt erst begann ihre Verurteilung.
Es ist wenig überraschend, dass die AKP und Erdogan die positive Entscheidung des Staatsrates für sich verbuchen wollten. Ihren Verdienst an der Rückwidmung muss man allerdings in Relation setzen, denn die AKP und Erdogan beherrschen seit 2002 die türkische Politik und kontrollieren alle Aspekte des politischen Lebens des Landes. Trotz dieser beispiellosen Macht haben sie sich fast zwei Jahrzehnte lang nicht daran gestört, dass dieses Gotteshaus lediglich als Museum fungierte und nur von Touristen aufgesucht werden durfte. Tatsächlich hat die AKP-Regierung keine konkreten Schritte unternommen, damit die Hagia Sophia wieder zu einem Ort wird, in dem die Gläubigen das Gebet verrichten können. Vielmehr war es eine Nichtregierungsorganisation (NGO) namens „The Permanent Foundations Service to Historical Artifacts and Environment Association“ mit Sitz in Istanbul, die sich dieser ehrenvollen Aufgabe verschrieben hat. Sie stellte den Antrag, jene Entscheidung für nichtig zu erklären, die unter Mustafa Kemal dazu geführt hatte, dass dieses Gotteshaus in ein Museum umgewandelt wurde. Dem Engagement dieser Organisation ist es zu verdanken, dass dieses Unrecht korrigiert wurde und die Hagia Sophia wieder entsprechend ihrer eigentlichen Widmung genutzt wird.
Die darauffolgende Welle der Begeisterung in der islamischen Welt ist auf die Gefühle der Umma, die sie für den Islam empfindet, zurückzuführen. An diesem Beispiel wird deutlich, dass sich Dinge ändern lassen und selbst großes Unrecht korrigiert werden kann, wenn der politische Wille vorhanden ist. Mit der Umwidmung der Hagia Sophia wurde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Doch dies sollte erst der Anfang sein, denn das gesegnete Land der al-Aqsa-Moschee ist nach wie vor besetzt, ebenso wie Ostturkestan, der Kaukasus und Kaschmir. Auch dieses gewaltige Unrecht muss schleunigst korrigiert werden. Das Schicksal der Hagia Sophia geht uns nur deshalb nahe, weil unsere Vorfahren den Islam mit ganzem Einsatz verbreitet und ihn im 15. Jahrhundert sogar bis nach Konstantinopel getragen haben. Dass die islamische Herrschaft vor einhundert Jahren zerstört wurde, stellt das größte Verbrechen in der Geschichte dar. Dieses gewaltige Unrecht muss unbedingt korrigiert werden. Erst wenn wir die Herrschaft des Islam wieder etabliert haben, können wir uns sicher sein, dass wir nicht nur das Vermächtnis der Osmanen, sondern auch unseres geliebten Propheten (s) erfüllt haben und dem Befehl unseres Schöpfers nachgekommen sind.