In der Geschichte eines jeden Volkes gibt es bedeutsame Zeiten. Ereignisreiche Tage, Monate und Jahre, in denen sich politische oder andere maßgebende Veränderungen einstellen und somit die Geschichte prägen. Hierbei sind die Muslime keine eine Ausnahme. Ganz im Gegenteil – die islamische Geschichte ist geprägt von historischen Ereignissen, die der Erinnerung Wert sind. Beginnend mit der Gründung des ersten Kalifats im 7. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung auf der arabischen Halbinsel, eroberten die Muslime ein Land nach dem anderen und führten die Menschheit aus den Dunkelheiten der Irrwege hin zum Licht des Islam. Sie befreiten die Menschheit von der Dienerschaft der Geschöpfe und zeigten ihr den Weg zur Dienerschaft des Schöpfers. So gelangte Bildung, Zivilisation und wahrer Aufstieg zu den Völkern dieser Erde.
Es ist allgemein bekannt, dass der heiligste der islamischen Monate der Ramadan ist – ein Monat von weltgeschichtlicher Bedeutung. Der Stellenwert und die Größe des Ramadan sind unantastbar und überschattet nahezu die anderen elf Monate. Doch ohne Zweifel haben die restlichen Monate bei näherer Analyse ebenfalls monumentale Begebenheiten zu bieten. So fällt der Monat Rajab durch vier besondere Ereignisse ganz klar in die Kategorie der Monate, die den Kurs der Weltgeschichte änderten.
Es war in einem Monat Rajab im zehnten Jahr des Prophetentums (620 n. Chr.), als der Gesandte Allahs Al-Isra wa ‚l-Mi’raj – die sogenannte Nachtreise – antrat. In einer einzigen Nacht beschritt der Prophet (s.a.s) den Weg von Mekka nach Jerusalem, hiernach in den Himmel und darüber hinaus. Die Bedeutsamkeit dieser Reise wird erst bei näherer Betrachtung der äußeren Umstände dieser Phase ersichtlich. Der Verlust von Abu Talib, dem Onkel des Gesandten, der ihm (s.a.s.) und seiner geliebten Frau Khadija (r.a) seit Beginn der Verkündung Schutz gewährte, machten ihm schwer zu schaffen. Zudem intensivierten die heidnischen Mekkaner ihre Folter- und Verfolgungskampagne. Allerdings zeigte Allah, der Herr der Welten, seinem auserwählten Diener während der „Nachtreise“ die verborgenen Schätze des Jenseits und einige Seiner größten Zeichen. Dies stärkte den Propheten (s.a.s) sehr und beflügelte ihn, den Erfolg seiner Mission mit noch größerer Perfektion anzustreben. Obwohl zu dieser Phase die Auseinandersetzungen zwischen Kufr und Islam am heftigsten und die hieraus resultierenden Konsequenzen für die Muslime haarsträubend waren, ermutigte dieses Ereignis ihre Herzen und bestärkte sie abermals auf ihrem Weg.
Zudem ereignete sich im Monat Rajab eine der wichtigsten militärischen Operationen der islamischen Geschichte – die Schlacht von Tabuk -, die die Einnahme der gesamten arabischen Halbinsel zur Folge hatte. Unbeeindruckt von der glühenden Hitze der Wüste und der langen Strecke, marschierte die Armee des islamischen Staates von Medina aus in Richtung al-Sham, dem heutigen Syrien und Umgebung. An der Spitze dieser 30.000 Mann starken Übermacht stand der Gesandte Allahs höchstpersönlich. Als diese Nachricht die Byzantiner erreichte, waren sie derart von Angst ergriffen, dass sich ihre gesamte Armee zurückzog. Ohne auch nur einen Tropfen Blut zu vergießen, nahmen die Muslime mit der Gnade Allahs diese strategisch wichtigen Gebiete ein. Dort verweilten sie einige Monate und kümmerten sich um kleinere Widerstände und entsandten Briefe zu den byzantinischen Führern und Gouverneuren dieser Region, die einem Friedensvertrag zustimmten und die Jizyah entrichteten.
Ein ähnlich bedeutsamer militärischer Schlag gegen die Kuffar gelang im Rajab des Jahres 583 nach Hijra (1187 n. Chr.). Die Armee von Salah Ad-din Al-ayyubi („Saladin“) befreite den heiligen Boden Jerusalems aus den Fängen der Kreuzritter, die nahezu ein Jahrhundert darüber herrschten. Dieser Sieg war ein Meilenstein im Kampf gegen die Kreuzritter, denn er machte ihre Bestrebungen, noch mehr islamischen Boden zu besetzen, zunichte. Darüber hinaus vernichtete Salah Ad-din einige Monate später die Armee des Guido von Lusignan und Raymond III. von Tripolis bei der berüchtigten Schlacht von Hittin. Dieses Desaster für die Kreuzritter markiert den Anfang vom Untergang der ungläubigen Kreuzfahrerstaaten. Im Jahr darauf fielen etwa 30 Kreuzfahrerfestungen. Jerusalem wurde ebenfalls wieder islamischer Herrschaft unterstellt.
Jahrhunderte später, am 28. Rajab des Jahres 1342 nach Hijra (3. März 1924 n. Chr.), kam er erneut zu einem welthistorischen Ereignis. Doch dieses Ereignis mündete in eine Katastrophe für die islamische Ummah und wie sich später herausstellte, für die gesamte Menschheit. An jenem Tag wurde die Ära ca. 1300 Jahre fortwährenden Kalifats durch die Hände des britischen Agenten Mustafa Kemal Atatürk besiegelt. Allahs Fluch auf ihm! Das Organ, dass die Muslime vereinte, ihnen als ein Schild gegen sämtliche Bedrohungen diente und die Implementierung der Shariah garantierte, wurde für nichtig erklärt. So sind die stete Besatzung der muslimischen Ländereien und die Plünderung ihrer Bodenschätze, die Entehrung ihrer Werte und ihres Lebens und die Veruntreuung ihrer Rechte eine natürliche Konsequenz dieses entsetzlichen, fatalen Ereignisses. Solange dieser Zustand der Herrschaft des Kufrs anhält, ist kein Ausweg in Sicht. Erst wenn die schweren Ketten des Säkularismus aufgebrochen sind und die dunkle Epoche ihrer Herrschaft ein Ende findet, wird die Ummah von Muhammad (s.a.s) zu einstigem Ruhm zurückfinden.
Diese vier Ereignisse sind wahrlich bedeutsam. Sie lenkten den Kurs der Geschichte in eine bestimmte Richtung. Diesen Ereignissen gebührt es, dass ihrer gedacht wird. Und wahrlich gedenken wir ihrer nicht, indem wir die Nächte durchfeiern oder extravagante Märsche veranstalten oder in Posaunen stoßen. Vielmehr äußert sich unser ehrendes Gedenken darin, dass wir zur Anbetung Allahs zurückkehren, ihn für seine großartige Gunst lobpreisen und bei Ihm (s.w.t.) unsere Zuflucht vor unseren Verfehlungen nehmen. Die Nächte verbringen wir in Andacht und Gebet zum Allvergebenden und Allbarmherzigen. Unser Gedenken äußert sich in der Reflektion unserer momentanen Lage – sowohl als Individuum als auch als Kollektiv und manifestiert sich in der Entschlossenheit, uns für die Rückkehr der islamischen Lebensordnung einzusetzen und dies als eine Schicksalsfrage zu erachten.
Dieser Monat sollte dazu dienen, über die gewaltige Geschichte des Islam nachzusinnen und die oben genannten Dinge in vollkommener Aufrichtigkeit zu vollziehen um die Vergebung Allahs zu erreichen. Wir sollten der Nacht- und Himmelreise gedenken und uns im Klaren darüber sein, dass die damalige Realität dem heutigen Zustand sehr ähnlich ist. Werden wir dagegen angehen und zur Gründung des Kalifats beitragen, auf dass die Gesetzgebung Allahs jeden noch so versteckten Winkel dieser Erde erreichen wird? Werden wir uns für die Befreiung Palästinas einsetzen, das seit nunmehr über 60 Jahren unterjocht wird? Werden wir uns für die Ernennung eines Kalifen einsetzen, auf dass wir nicht einen Tod der Jahiliyya sterben? Wir sollten über die Zerstörung des Kalifats nachdenken und uns fragen, was wir zur Wiedererrichtung des Islamischen Staates und somit zum Aufstieg des Islam und zur Wiederherstellung der Ehre der Muslime beitragen. Die Klärung dieser Fragen bedarf der Lektionen aus der Geschichte, denn nimmer wird der Muslim seine Zukunft zielgerichtet gestalten können ohne seine Vergangenheit zu kennen.
Wir bitten Allah, den Allmächtigen, uns mit der Gründung des rechtgeleiteten Kalifats zu ehren, auf dass wir den nächsten Rajab unter dem Banner von „la ilaha ill-allah, muhammadur-rasulullah“ erleben.