Geschichte Die Schlacht von Uhud – eine Goldgrube der Erkenntnisse – Teil 2

Die Schlacht von Uhud kostete vielen Muslimen das Leben. Siebzig der edelsten Sahaba starben an jenem Tag den Märtyrertod – unter ihnen auch Musab ibn Umair (r.a.), dessen Bemühungen maßgeblich zur Errichtung des ersten Iislamischen Staates in Medina beitrugen.

Die Schlacht von Uhud kostete vielen Muslimen das Leben. Siebzig der edelsten Sahaba starben an jenem Tag den Märtyrertod – unter ihnen auch Musab ibn Umair (r.a.), dessen Bemühungen maßgeblich zur Errichtung des ersten Iislamischen Staates in Medina beitrugen. Dieser Tag offenbarte die Standhaftigkeit und Vortrefflichkeit mancher Männer dieser Ummah, sodass der Prophet (s.a.s.) beim Anblick der Leiche Mus’ab ibn Umairs folgende berühmte Aya rezitierte: Unter den Gläubigen sind Leute, die dem Bündnis, das sie mit Allah geschlossen hatten, die Treue hielten. (Sura 33, Aya 23)
Diese Schlacht ging als Niederlage in die Geschichte ein. Doch erstaunlicherweise charakterisieren große Gelehrte, wie z. B. Ibn al-Qayyim, diese Schlacht in Hinblick auf die gewonnenen Erkenntnisse als einen der größten Siege der Muslime. Denn die Analyse dieser Schlacht und der damit verbundenen Offenbarungen – über 50 Ayat der Sura Ali-Imraan berichten über Uhud – offenbart eine wahre Goldgrube der Erkenntnisse.
1) Ist ihnen nicht deutlich geworden, wie viele Geschlechter Wir vor ihnen vernichtet haben, in deren Wohnorten sie (nun) umhergehen? Darin sind wahrlich Zeichen. Wollen sie denn nicht hören? (Sura 32, Aya 26)
Grundlegend macht Allah (s.w.t) in dieser Aya deutlich, wie wichtig das Studium der Menschheitsgeschichte ist. Der Muslim studiert die Geschichte der früheren Völker, um aus ihren Fehlern zu lernen, denn Allah hat diese Leute nicht ohne triftigen Grund vernichtet. Genauso beschäftigt sich der Muslim aber auch mit der Geschichte der Nationen der früheren Gläubigen, um ihren Taten nachzueifern und von ihnen zu lernen. Denn niemals wird das Studium der Geschichte hilfreich sein, wenn es nicht gemäß dem Kausalitätsprinzip erfolgt. Das heißt, dass jedes Ereignis als Wirkung bzw. Ergebnis einer Ursache betrachtet werden muss. Im Klartext bedeutet dies, dass jede Nation bestimmte Ideen und Sichtweisen hatte und entsprechende Handlungen hervorbrachte, durch die sie entweder Allahs Wohlgefallen erlangten oder aber seinen Zorn erregten. Um die verschiedenen Mechanismen zu verstehen, durch die entweder Zorn erweckt oder Barmherzigkeit zu Teil wurde, muss die Geschichte unter dem Gesichtspunkt von Ursache und Wirkung genauestens studiert und ihre Quintessenzen – ihre Kernerkenntnisse – hervorgehoben werden.
2) Und seid nicht verzagt und traurig; ihr werdet siegen, wenn ihr gläubig seid. (Sura 3, Aya 139)
Betrachtet man den Offenbarungszeitpunkt dieser Aya, wird ersichtlich, dass sie unmittelbar nach der Schlacht von Uhud herab gesandt wurde. Dies sollte den Muslimen eine überaus wichtige Realität verkünden: Sie sind im Endeffekt die Gewinner. Ebenfalls wurde folgende Aya zur Stärkung der Herzen der Muslime herabgesandt:
Ihr seid die beste Gemeinde, die für die Menschen entstand. Ihr gebietet das, was Rechtens ist, und ihr verbietet das Unrecht, und ihr glaubt an Allah. Und wenn die Leute der Schrift geglaubt hätten, wahrlich, es wäre gut für sie gewesen! Unter ihnen sind Gläubige, aber die Mehrzahl von ihnen sind Frevler. (Sura 3, Aya 110)
Diese Ayat wurden nicht etwa nach der Eröffnung Mekkas oder der Schlacht von Badr offenbart, sondern nach der Niederlage von Uhud, damit die Muslime begreifen, dass sie womöglich Schlachten verlieren, den Krieg jedoch gewinnen werden.
3) Wenn euch eine Härte getroffen hat, so hat eine Härte gleich schon andere Leute getroffen. Und diese Tage (des Sieges und der Niederlage) lassen Wir wechseln unter den Menschen, damit Allah die Gläubigen erkennt und Sich aus euch Zeugen erwählt. Und Allah liebt die Ungerechten nicht. Und damit Allah die Gläubigen läutert und die Ungläubigen dahinschwinden lässt.
(Sura 3, Ayat 140-141)
Wenn euch eine Härte getroffen hat… Im ersten Abschnitt erwähnt Allah die Verluste der Muslime und erinnert sie daran, dass die Quraish ein Jahr zuvor die gleichen Qualen erleiden mussten. Dies ist allgemein zu verstehen. Passiert nämlich der islamischen Ummah ein Unglück durch die Hand der Kuffar, wird dieses Unglück unweigerlich auf sie zurückfallen, wenn es nicht schon bereits geschehen ist.
Und diese Tage…damit Allah die Gläubigen erkennt… Hiernach teilt uns Allah (s.w.t.) mit, dass er Sieg und Niederlage unter den Menschen wechseln lässt, denn durch diesen Wechsel trennt sich die Spreu vom Weizen. Zu behaupten, die Muslime würden jede Schlacht gewinnen, ist utopisch. Dies war in der Vergangenheit nicht der Fall und wird wohl auch in Zukunft nicht so sein. Fakt ist jedoch, dass der Endsieg den Muslimen gehören wird. Ibn Al-qayyim sagte hierzu: „Es war die Weisheit Allahs und seine Vorgehensweise mit den Propheten und Rechtschaffenen, dass sie manchmal gewannen und manchmal verloren. Letztendlich sind sie aber die Sieger gewesen. Gewinnen die Muslime jedes Mal, würden sich unter ihnen Heuchler einschleichen…“
Und damit Allah die Gläubigen läutert und die Ungläubigen dahinschwinden lässt. Allah (s.w.t.) ehrt bestimmte Seiner Diener, indem Er (s.w.t.) ihnen die Gelegenheit bietet, sich für ihn zu opfern. Siebzig Sahaba (r.a.) haben diese einmalige Chance in Uhud bekommen. Dieses Privileg erhält nicht jeder. Es ist vielmehr ein Verdienst durch die Stärke der Aufrichtigkeit eines Muslims. Hierzu sagt Ibn al Qayyim: „Allah liebt manche seiner Diener so sehr, dass er ihnen gewisse harte Prüfungen gibt, damit er sie in die höchsten Höhen von Jannah bringen kann.“ Folglich gibt es neben Gewinnern auch Verlierer. Allah (s.w.t.) kristallisiert die Leute des ewigen Feuers heraus, indem er ihnen gewährt, die Muslime und den Islam zu bekämpfen, bis sie abberufen werden und überharte Schmach sie von allen Seiten erfasst.
4) Wie hat Allah auf diese Niederlage und Fehler der Muslime reagiert? Niemals erhielten die Muslime Lob für einen ihrer Siege – weder nach der Schlacht von Badr noch im Zuge der Eröffnung Makkas noch bei sonst einem Sieg. Vielmehr weist Er (s.w.t.) sie nach der siegreichen Schlacht von Badr zu Recht, da die Muslime einen Disput über die Kriegsgefangenen führten, wobei einige für ihre Auslieferung und andere für ihre Hinrichtung stimmten. Ein Teil der Muslime wollte die Gefangenen gegen Lösegeld freigeben, obwohl Allahs Urteil dem Exekutieren näher liegt. So konnte weder Hochmut noch Überheblichkeit die Herzen der Gläubigen erfassen. Die offenbarten Ayat nach der Schlacht von Uhud hingegen waren voller Vergebung und Trost, um die geschwächten Herzen der Muslime wieder aufzubauen und ihnen Halt zu verleihen.
5) Allah (s.w.t.) sagt: 0 die ihr glaubt, gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und den Befehlshabern unter euch! (Sura 4, Aya 59)
Ungehorsam gegenüber dem Befehlshaber kann fatale Folgen haben. Die Konsequenz der Niederlage gründete auf der Missachtung des Befehls des Gesandten seitens der Sahaba, der den Bogenschützen strikt angeordnet hatte, ihre Position unter allen Umständen zu halten.
6) Wird dem Diesseits der Vorzug vor dem Jenseits gewährt, ist die Niederlage der Muslime nicht mehr abzuwenden. Dazu gibt es viele Beispiele in der islamischen Geschichte. Abdurrahman al-Ghafaqi, der Kommandant, der mit der islamischen Armee beinahe Paris einnahm, scheiterte aufgrund der Kriegsbeute, die für seine Armee zu einer unerträglichen Last wurde. In Uhud wurde ebenfalls die Kriegsbeute den Muslimen zum Verhängnis, denn sie veranlasste die Bogenschützen dazu, ihre Positionen zu verlassen.
7) Es gibt innerhalb der Ummah verschiedene Gruppen. So gibt es Frevler, Heuchler und Rechtschaffene. Der ausschlaggebende Faktor innerhalb der Ummah ist jedoch die Siegreiche Gruppe – At-ta’if Al-mansurah. Nicht der Abzug der Heuchler unter dem Kommando von Abdullah ibn Ubay bedingte die Niederlage der Muslime, sondern das Versagen der Bogenschützen, die in dieser Schlacht die Position der Ta’if Al-mansurah innehatten. Allah (s.w.t.) sagt hierzu: …bis dass ihr verzagtet und über die Sache strittet und ungehorsam wurdet… (3:152)
Wenn die Ungerechtigkeit und der Ungehorsam diese erlauchte Gruppe erreicht, wird Allah (s.w.t) die Muslime im Kollektiv zugrunde gehen lassen. Die Siegreiche Gruppe, die das Rechte gebietet und das Unrecht anprangert, muss erhaben sein über Frevel und Heuchelei. Ist dies der Fall, steht der Sieg – inshallah – fest. So lasst uns die Lehren dieser lehrreichen Schlacht verinnerlichen und sie in unsere Handlungen auf dem Weg zur Wiedererrichtung des Kalifats einfließen.