Welche Dimension der Handel mit Kriegsgütern inzwischen erreicht hat, zeigen die Ergebnisse der Branchenriesen, die ihre Umsätze nach Ausrufung des Anti-Terrorkriegs durch Washington um 60 Prozent steigern konnten. Die vom US-amerikanischen Unternehmen Lockheed Martin angeführten 100 größten Rüstungskonzerne verkauften allein in 2010 Waffen im Wert von rund 411 Milliarden Dollar.
Den Daten des Stockholmer SIPRI zufolge wurden 2011 mit 1.738 Milliarden Dollar zwar nur noch 0,3 Prozent mehr für Waffen und Kriege ausgegeben als im Jahr zuvor. Doch ist die Kluft zu den zivilen Aufwendungen für die Lösung der globalen Probleme weiterhin gewaltig. So stellten die großen Industrienationen auch in 2011 kaum ein Zehntel ihrer Rüstungsaufwendungen für Zwecke der Entwicklungshilfe zur Verfügung.
Einsamer Spitzenreiter bei den Militärausgaben bleiben die USA, obwohl die inneren Sparzwänge aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise samt Rekordverschuldung der öffentlichen Haushalte sowie die Beendigung des Irak-Krieges zu einem Rückgang von 1,2 Prozent geführt haben. 711 Milliarden Dollar stellen aber immer noch 41 Prozent der weltweiten Ausgaben für Waffen und Soldaten dar.
Obwohl China mit einem Wachstum von 6,7 Prozent und Russland mit einem Plus von 9,3 Prozent ihre Militärbudgets deutlich aufgestockt haben, liegen sie laut SIPRI mit 143 Milliarden Dollar bzw. 71,9 Milliarden Dollar auf den Plätzen zwei und drei trotzdem weit hinter den USA. Trotz einer Staatsverschuldung von rund 15 Billionen Dollar gehen 4,7 Prozent des Bruttosozialprodukts an das Pentagon. China, das seine Rüstungsimporte zu über 75% aus Russland bezieht, stellt zwei Prozent seiner Wirtschaftskraft für den Unterhalt und die Modernisierung der Streitkräfte zur Verfügung.
Deutschland fiel mit einem um 3,5 Prozent geschrumpften Bundeswehr-Etat von 46,7 Milliarden Dollar zwar auf den neunten Platz zurück, gibt aber real betrachtet heute nicht weniger für das Militär aus als auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges vor über zwei Jahrzehnten.
Gleichzeitig ist die Bundesrepublik zum drittgrößten Rüstungsexporteur nach den USA und Russland aufgestiegen und liefert Waffen in über 80 Länder der Welt – natürlich ohne Rücksicht auf Konflikte und Spannungen oder die „aktuelle Menschenrechtslage“.
Saudi-Arabien möchte einem Pressebericht zufolge weitaus mehr deutsche Kampfpanzer kaufen als bisher bekannt. Das Königreich habe großes Interesse an bis zu 800 Leopard-Panzern, heißt es unter Berufung auf Regierungskreise. Wegen der repressiven Politik des Golfstaates gegen die eigene Bevölkerung war dieses Geschäft bei der Opposition auf heftige Kritik gestoßen. Während sich im Wirtschaftsministerium auch Befürworter fänden, signalisierten Bundeskanzleramt sowie Außen- und Verteidigungsministerium ihre Ablehnung. Eine Sitzung des Bundessicherheitsrat sei nun kurzfristig verschoben worden.
Bundespräsident Joachim Gauck erinnerte am 17. Juni 2012 in einer Rede anlässlich einer Preisverleihung im Kieler Institut für Weltwirtschaft an die Proteste in der DDR vor 59 Jahren. Am 17. Juni 1953 seien an mehr als 700 Orten in der DDR die „Menschen in den Aufstand gezogen“. Sie hätten gerufen, sie wollten freie Menschen sein. Der damals vom Westen geförderte Protest ist mithilfe sowjetischer Panzer beendet worden. Gauck weiter: „Die Niedergeschlagenen haben am Ende Mauern zum Einstürzen gebracht, und die Freiheit hat sich Raum geschaffen.“
Just am Tag, da Gauck an den Einsatz gegen die demonstrierenden Menschen erinnerte, machte ein Boulevardblatt bekannt, daß der BRD-Verbündete Saudi-Arabien weitaus mehr deutsche Kampfpanzer kaufen wolle als bisher bekannt. Das Königreich habe großes Interesse am Erwerb von 600 bis 800 neuen Leopard 2. Das berichtete Bild am Sonntag unter Berufung auf Regierungskreise. Bisher war nur von bis zu 300 Panzern dieses Typs für den reaktionären Königstaat die Rede. Der Gesamtwert des Leopard-Auftrages wird in Industriekreisen mit rund zehn Milliarden Euro beziffert. Es wäre einer der größten Rüstungsaufträge überhaupt.
In der Bundesregierung gibt es dem Bericht zufolge „erhebliche Widerstände“ gegen den Panzerdeal. Das Bundeskanzleramt sowie das Außen- und Verteidigungsministerium signalisierten demnach Ablehnung. Befürwortet werde es im Wirtschaftsressort Röslers. Schließlich könne der Auftrag die Zukunft der Panzerbauer Krauss Maffei Wegmann und Rheinmetall sichern, die wegen der Umstrukturierung der Bundeswehr „neue Absatzmärkte brauchen“. Beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) heißt es, Saudi-Arabien sei der wichtigste Handelspartner am Golf.
Zur Erinnerung sei erwähnt, dass die Panzer an einen Staat geliefert werden sollen, dessen Truppen im März 2011 ins Nachbarland Bahrain einmarschiert sind und den dortigen Volksaufstand gegen König Hamad bin Isa Al-Chalifa blutig niedergeschlagen haben. Vor wenigen Wochen erst wurde einem elfjährigen Jungen in der Hauptstadt Manama der Prozess gemacht, nachdem er am 14. Mai bei Protesten gegen die Herrscherfamilie des Golfstaates verhaftet wurde. Mit Freunden hatte er eine Straße unter anderem mit Müllcontainern blockiert und „Freiheit für Bahrain“ gefordert.
Ungeachtet der globalen Krisenherde liefert Deutschland weiterhin Kriegsgerät in zahlreiche Spannungsgebiete, z. B. Patriot-Raketen nach Südkorea und atomwaffenfähige U-Boote nach Israel.
Im Interesse des Profits und der geostrategischen Interessen der Mächtigen dieser Welt werden zwei Jahrzehnte nach Ende des Kalten Kriegs ganze Konfliktregionen hochgerüstet. 38 hochgewaltsame Konflikte haben Friedensforscher im vergangenen Jahr erfasst, so viele wie noch nie seit 1945.
Der Waffenhandel bleibt eine Wachstumsbranche – Wirtschaftskrise hin, Finanzkrise her. Auch in den vergangenen fünf Jahren boomte das Bombengeschäft mit der Gewalt, wie das Friedensforschungsinstitut SIPRI ermittelt hat. Deutschland verdiente als weltweit drittgrößter Exporteur für Rüstungsgüter kräftig mit.
