Nun ist der heiß erwartete Entwurf zum neuen Islam-Gesetz der österreichischen Öffentlichkeit präsentiert worden. Sollte er in dieser Form das Parlament passieren und zur Anwendung kommen, kann man ohne Übertreibung sagen, dass er die gesetzliche Regelung der islamischen Religionsausübung in Österreich auf den Kopf stellen wird. Der zweifellos größten Eingriff ist dabei der Plan, dass die unzähligen Moscheevereine im Lande, die in den verschiedenen Ortschaften und Großstadtbezirken den Muslimen die Ausübung der gemeinsamen Gottesdienste und Glaubensgebote ermöglichen und ihren Kindern die Fundamente der Glaubenslehre zu vermitteln versuchen, aufgelöst werden oder ihren Vereinszweck ändern müssen, so dass er nicht mehr auf Gottesdienst und Religionsausübung ausgerichtet ist. Oder aber sie schließen sich in Form einer „Kultusgemeinde“, der übergeordneten Religionsgesellschaft an, um weiterbestehen zu können. Sie müssten sich dabei voll und ganz unter das Kuratel der offiziellen islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich stellen. Der Gesetzesentwurf besagt also, dass Muslime nirgendwo im Lande mehr eine Gebetsstätte betreiben dürfen mit dem Zweck, den Glauben zu leben und zu verbreiten, es sei denn, sie sind Teil der offiziellen Glaubensgemeinschaft. Das Recht auf Verbreitung religiöser Lehren ist somit allein der islamischen Glaubensgemeinschaft vorbehalten.Die Absicht hinter diesem Plan ist klar: Man duldet es nicht mehr, dass die Muslime den Islam gemäß ihrer islamischen Überzeugung unabhängig und in Selbstverantwortung leben und lehren. Man will auf den lokal praktizierten und gelehrten Islam in Österreich Einfluss nehmen, ihn sogar bestimmen, um einen „Islam österreichischer Prägung“ zu etablieren, wie ihn der Integrationsbeauftragte der Regierung, Außenminister Sebastian Kurz, ganz unverhohlen gefordert hat. Genauso wie der Lehrplan des islamischen Religionsunterrichts an den Schulen das Wohlwollen der Behörden erhalten muss, sollen auch zukünftige Moscheebetreiber nur dann eine Genehmigung für ihren „Kultusbetrieb“ erhalten, wenn sie einen Islam vertreten, der den säkularen Vorstellungen des Staates entspricht.Auch verwundert es nicht, dass die islamische Glaubensgemeinschaft, die offizielle Islam-Vertretung in Österreich, den Entwurf über ihre Sprecherin prinzipiell begrüßt hat, wenn auch einige „Zwischentöne“ im Entwurf kritisiert wurden. Denn der Entwurf legt ihr ein probates Mittel in die Hand, einen Einfluss auf die Muslime auszuüben, den sie bis dato nie hatte.Der Entwurf schreibt auch vor, dass sich muslimische Religionsgesellschaften und Kultusgemeinden zukünftig selbst erhalten müssen und Finanzierungen aus dem Ausland untersagt sind. Das gilt auch für „lebende Subventionen“ in Form der Beistellung von Imamen aus dem Ausland. Nun ist bekannt, dass von diesen ausländischen Zuwendungen niemals eine Gefahr ausgegangen ist und damit keinesfalls „Radikalisierungstendenzen“ unterstützt wurden, da sie zumeist von staatlicher Seite erfolgen oder von Seiten staatsnaher Institutionen im Ausland, die ordnungstreu und unpolitisch sind. Offenbar will man aber mit diesem Schritt die Finanzmittel islamischer Aktivitäten grundsätzlich beschneiden und damit die daʿwa-Tätigkeit in Österreich – und sei sie noch so harmlos – im engsten Rahmen halten.Zudem ist hinsichtlich der Regelung eines geplanten islamisch-theologischen Studiums zur Ausbildung „des geistlichen Nachwuchses“ nicht einmal vorgesehen, dass die Lehrkräfte Muslime sind. Anders als im bestehenden Protestantengesetz beispielsweise wäre es nach diesem Gesetzesentwurf möglich, dass nichtmuslimisches Personal angehende Imame in der Glaubenslehre unterrichtet.Es bleibt noch zu erwähnen, dass dieser Entwurf ausschließlich für den Islam gilt und andere Religionsgemeinschaften davon ausgenommen sind. Diese können weiterhin ihre religiösen Lehren in Form von Vereinen oder auch anders verbreiten ohne irgendeine gesetzliche Einschränkung. Auch dürfen sie nach wie vor ausländische Zuwendungen erhalten und genießen weitere Privilegien, die den Muslimen nun vorenthalten sind.Somit ist klar, dass das geplante Gesetz einen unverhohlenen Angriff auf den Islam darstellt, um die Muslime unter Druck zu setzen und in den Köpfen der jungen Muslime einen staatskonformen Euroislam säkularer Prägung zu kreieren. Der Staat will vorgeben, was die Muslime in diesem Lande zu denken und zu glauben haben.Dies ist zweifellos eine weitere Prüfung, der die Muslime hier ausgesetzt sind. Wir rufen sie dringend dazu auf, mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dagegen vorzugehen. Auch die Vorsitzenden und Leiter der zahlreichen islamischen Vereine und Gruppen sind aufgefordert, sich in dieser Sache – die sie alle betrifft – zusammenzuschließen und aktiv zu werden, um eine Anwendung dieses Gesetzes zu verhindern. Es ist ein Angriff auf den Islam – ein Angriff auf uns alle!
﴿أَحَسِبَ النَّاسُ أَنْ يُتْرَكُوا أَنْ يَقُولُوا آمَنَّا وَهُمْ لَا يُفْتَنُونَ، وَلَقَدْ فَتَنَّا الَّذِينَ مِنْ قَبْلِهِمْ فَلَيَعْلَمَنَّ اللَّهُ الَّذِينَ صَدَقُوا وَلَيَعْلَمَنَّ الْكَاذِبِينَ﴾
Meinen die Menschen denn, sie werden belassen zu sagen: „Wir glauben.“, ohne geprüft zu werden. Wahrlich, Wir haben jene geprüft, die vor ihnen waren. Und gewiss wird Allah die erkennen, die wahrhaftig sind, und gewiss wird Er die Lügner erkennen. [29:2-3]