Als die Nachricht von der großen Not der Iren den damaligen Kalifen Abdulmajid erreichte, sollten 10.000 Sterling als Soforthilfe den irischen Landwirten zukommen. Der Kalif schickte letztlich aber nur eine Spende in Höhe von 1.000 Sterling. Dies tat er jedoch nicht, weil ihm die erste Summe zu hoch erschien. Vielmehr wollte er Queen Victoria nicht beschämen, die lediglich 2.000 Sterling zu spenden bereit war. Nur aus Gründen der Diplomatie schickte Abdulmajid also die vergleichsweise niedrige Summe. Auch wenn das Herz der britischen Königin sich vom Leid der Hungernden nur wenig erweichen ließ – Irland war für die Briten nicht mehr als eine Kolonie –, so wusste im Gegensatz dazu der Kalif, dass eine Spende von insgesamt 1.000 Sterling einem Tropfen auf dem heißen Stein gleichkam. So entsandte die osmanische Regierung zusätzlich 3 Schiffe, mit Getreide und Lebensmitteln beladen, nach Irland.

Doch die britische Regierung war mit solch einer Hilfslieferung nicht einverstanden und versuchte die Schiffe daran zu hindern, den irischen Hafen zu erreichen. Letztendlich setzte sich die islamische Regierung durch und ließ von ihrem Vorhaben, den Menschen in den Zeiten der Großen Hungersnot zu helfen, nicht ab. Die Schiffe legten in Irland an und die Fracht wurde gelöscht. Ein Großteil der Hilfsgüter wurde in der Stadt Drogheda deponiert, wo sodann die Kornkammern gefüllt werden konnten.
Erzählungen nach soll als Zeichen der Dankbarkeit das Wappen von Drogheda um einen Halbmond und einen Stern erweitert worden sein. Dies wird jedoch von irischer Seite weitgehend dementiert. Doch nicht nur diese Geschichte wird in Frage gestellt, sondern die komplette Hilfsleistung des osmanischen Staates.
Im März dieses Jahres besuchte die irische Präsidentin Mary McAleese die Türkei. In ihrer Rede in Ankara erwähnte sie auch die Anekdote, wie der Halbmond auf das Wappen von Drogheda kam, womit sie ganz Irland erzürnte. Es wurde danach sogar eine historische Debatte in Gang gesetzt. Die irischen Medien warfen McAleese vor, einem alten „Mythos“ auf den Leim gegangen zu sein. Außerdem habe sie auch nicht das Recht, diese historischen Unwahrheiten in aller Öffentlichkeit zu verbreiten. Die Sprecherin von Mary McAleese musste sich quasi für diesen großen Fehler ihrer „Chefin“ in aller Form entschuldigen.
Doch gibt es nachweislich Dokumente, die beweisen, dass der Kalif während der Großen Hungersnot Geld nach Irland schickte. Die 3 mit Nahrungsmitteln beladenen Schiffe werden dort allerdings nicht erwähnt. Bereits 2004 ließ der damalige türkische Außenminister Abdullah Gül diese Dokumente dem irischen Parlament zukommen. Taner Baytok, der türkische Botschafter in Irland, betonte aber, dass die Schiffe zwar in keinem Dokument Erwähnung fänden, die Iren diese Ereignisse jedoch von Generation zu Generation weitererzählt hätten. 1995 weihten Baytok und der Bürgermeister von Drogheda eine Gedenktafel ein, welche an jenem Hotel direkt neben dem Fenster des Zimmers angebracht wurde, in dem osmanische Seefahrer während der irischen Hungersnot untergebracht worden seien.
Lässt man die Frage, ob nun der Halbmond auf dem Wappen von Drogheda eine Dankbarkeitsbekundung war oder nicht und ob der osmanische Kalif Abdulmajid tatsächlich 3 Schiffe schickte oder aber doch nur 1.000 Sterling, außer Acht, erstaunt dennoch der Aspekt, mit welcher Vehemenz sich die Öffentlichkeit gegen den Gedanken wehrt, dass der islamische Staat Irland half, obwohl er keine Gegenleistung zu erwarten hatte. Mit anderen Worten wird eine andere Frage durch diese Debatte aufgeworfen: Widerspricht es dem Bild des feindseligen, mörderischen und barbarischen Staates so sehr, das man allzu gerne von der islamischen Herrschaft zeichnet, so dass man sich mit allen Mitteln gegen die Vorstellung wehrt, dass der Sultan dort half, wo Hilfe nötig war, während der Rest Europas tatenlos zusah?
Es ist nun einmal – allen Zweifeln zum Trotz – eine unerschütterliche Tatsache, dass der osmanische Staat den Menschen in Irland Hilfe zukommen ließ, und das in Zeiten, in denen er selbst von inneren wie äußeren Krisen geplagt war, und in Zeiten, in denen Europa das Ende des Kalifats nicht nur herbeisehnte, sondern sich Stück für Stück des islamischen Bodens einverleibte. Obwohl sich die Kolonialisten in den eroberten Gebieten wie Barbaren verhielten und die Menschen ausbeuteten, zeigte Abdulmajid, was es heißt, ein Kalif zu sein, und erwies seine Großzügigkeit.