Geschichte Die Nusra der Ansar

Der Islam nahm seinen Anfang in Mekka, ohne dass er sich dort jedoch in der Gesellschaft durchsetzen konnte. Die Menschen traten zwar in den Islam ein, aber es gelang den Muslimen nicht, in Mekka die Oberhand zu gewinnen. Vielmehr waren sie der Verfolgung, der Folter und den Schikanen der Götzenanbeter ausgesetzt, die entweder zu stolz waren, die Vielgötterei aufzugeben und den Islam anzunehmen, oder aber aus reiner Gewohnheit nicht von ihrem alten Glauben, dem Glauben ihrer Vorväter, abweichen wollten. Vor allem die einflussreichen Persönlichkeiten in Mekka, die Edlen des Stammes Quraisch (der führende Stamm in Mekka), hielten stur an ihren primitiven Vorstellungen fest und bekämpften den Islam.

Solange die einflussreichen Persönlichkeiten e

Der Islam nahm seinen Anfang in Mekka, ohne dass er sich dort jedoch in der Gesellschaft durchsetzen konnte. Die Menschen traten zwar in den Islam ein, aber es gelang den Muslimen nicht, in Mekka die Oberhand zu gewinnen. Vielmehr waren sie der Verfolgung, der Folter und den Schikanen der Götzenanbeter ausgesetzt, die entweder zu stolz waren, die Vielgötterei aufzugeben und den Islam anzunehmen, oder aber aus reiner Gewohnheit nicht von ihrem alten Glauben, dem Glauben ihrer Vorväter, abweichen wollten. Vor allem die einflussreichen Persönlichkeiten in Mekka, die Edlen des Stammes Quraisch (der führende Stamm in Mekka), hielten stur an ihren primitiven Vorstellungen fest und bekämpften den Islam.
Solange die einflussreichen Persönlichkeiten einer Gesellschaft eine antiislamische Haltung einnehmen, hat der Islam kaum eine Chance, sich erfolgreich durchzusetzen. Zwar kann diese Haltung nicht verhindern, dass Menschen in den Islam eintreten, aber sie bleibt ein Hindernis auf dem Weg zur Anwendung des Islam in allen Lebensbereichen einer Gesellschaft.
Dies war auch dem Propheten (s) vollkommen bewusst. Daher war es ein wichtiger Teil seiner Dawa (Verkündung des Islam), sich um die führenden arabischen Stämme und um ihren Beistand zu bemühen. Es ging Muhammad (s) hierbei nicht darum, Schutz für sich und die Muslime zu finden, sondern dem Islam als Lebensordnung zum Durchbruch zu verhelfen und die Herrschaft zu erlangen. Vor diesem Hintergrund wandte er sich an unterschiedliche Stämme, etwa an den Stamm Kinda oder an den Stamm Kalb. Besonders schlecht wurde er vom Stamm Thaqif behandelt, der ihn aus Taif vertrieb. Trotz aller Rückschläge ließ sich der Prophet (s) aber nicht entmutigen und investierte die Jahre der Dawa in die Suche nach Unterstützung und Beistand unter den arabischen Stämmen, die eine Pflicht und Notwendigkeit darstellte.
Die Bitte um Beistand bzw. das Annehmen jeglicher Unterstützung war an die Bedingung geknüpft, dass die Stämme, bei denen der Prophet (s) anfragte, den Islam annahmen. Dies war die Voraussetzung, denn die Hilfe durfte nur von jenen angenommen werden, die sich dem Islam bedingungslos unterwarfen. Als der Stamm der Banu Schaiban ihm beispielsweise anbot, ihn gegen die Araber zu verteidigen, nicht aber gegen die Perser, lehnte er ihr Angebot ab. In ähnlicher Weise musste er die Zusage des Stammes Banu Amir zurückweisen, da dieser Stamm die Herrschaft nach Muhammad (s) übernehmen und die Unterstützung an diese Bedingung knüpfen wollte.
Die Hilfe, die so genannte Nusra, kam schließlich aus Medina, das damals noch Yathrib hieß. Vor allem in der Pilgerzeit bot sich Muhammad (s) den arabischen Stämmen an. Als einige Angehörige des Stammes Khazradsch aus Medina kamen, wandte sich der Prophet (s) auch ihnen zu, so dass sie den Islam annahmen und als Muslime nach Medina zurückkehrten, wo sie eifrig für den Islam warben. Sie waren die ersten Ansar, d. h. jene Unterstützer, die dem Propheten (s) ihre bedingungslose Unterstützung anboten.
Die Nusra beschränkte sich jedoch nicht darauf, dass die Ansar in Medina zum Islam aufriefen und den neuen Glauben propagierten, um neue Anhänger zu gewinnen. Ziel der Nusra war nicht der Gewinn einzelner Individuen für den Islam, sondern das Erlangen der Herrschaft, durch welche die Ausdehnung des Islam zwangsläufig einhergeht. Aufgrund der Bedeutsamkeit dieser Angelegenheit traf sich der Gesandte Allahs (s) ein Jahr nach der ersten Begegnung erneut mit zwölf Ansar aus Medina zur Pilgerzeit, die ihm bei Aqaba huldigten, Allah nichts beizugesellen, nicht zu stehlen, keine Unzucht zu treiben, die Kinder nicht zu töten, die Nachbarn nicht zu verleumden und zu gehorchen. Daraufhin schickte der Prophet (s) seinen Gefährten Musab ibn Umair (r) mit den Ansar nach Medina, um die Gesellschaft dort mit dem Islam vertraut zu machen.
Erst nachdem sich die Gesellschaft in Medina für die Herrschaft des Islam bereit zeigte und alle Vorbereitungen sowohl durch die Ansar als auch durch den Propheten (s) und seine Gefährten in Mekka getroffen waren, konnte die Hidschra, die Auswanderung nach Medina, ihren Anfang nehmen. Die Muslime in Mekka begannen allmählich nach Medina auszuwandern und erhielten dadurch die Bezeichnung Muhadschirun (Auswanderer). Auch der Prophet (s) machte sich für die Hidschra bereit und wartete nur noch auf den Befehl Allahs (t), die Hidschra antreten zu dürfen. Seine Ankunft in Medina bedeutete einen Wendepunkt, denn damit war der islamische Staat geboren.
Diese politische Bedeutsamkeit erklärt auch, warum der Stamm Quraisch mit dem Verhaltenskodex der damaligen Zeit brach und den Plan verfolgte, Muhammad (s), einen Mann aus dem eigenen Stamm, zu töten – eine für einen Stamm völlig unübliche Vorgehensweise. Der Plan der Quraisch sah vor, aus jedem Stamm einen angesehenen jungen Mann damit zu beauftragen, Muhammad (s) zu töten, so dass die Blutschuld auf alle Stämme verteilt werde und die Sippe des Propheten (s) mit einem Blutgeld abgespeist werden könne, da sie nicht gegen alle Stämme gleichzeitig Krieg führen könne.
Ohne die Hilfe der Ansar wäre die Hidschra zum Scheitern verurteilt gewesen. So musste nicht nur der Prophet (s) in Medina aufgenommen werden, sondern auch die vielen Muhadschirun, die mit der Auswanderung aus Mekka ihre Existenzgrundlage verloren. Sie brauchten zum einen Unterkünfte und zum anderen Möglichkeiten, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Hierbei waren sie auf die Unterstützung der Ansar angewiesen, die die Muhadschirun in ihren Häusern aufnahmen und ihnen beispielsweise von ihrem Land gaben, um es bebauen und davon leben zu können.
Die Ansar zeigten sich diesbezüglich außerordentlich großzügig und teilten mit den Muhadschirun ihren Besitz oder ermöglichten ihnen, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie nahmen die Muhadschirun nicht als Fremde auf, sondern als Geschwister im Islam – ein Resultat der Verbrüderung, die der Prophet (s) zwischen den Ansar und den Muhadschirun angeordnet hatte, um die Beziehung zwischen den beiden Gruppen zu stärken. Weder Feindschaft noch Angst um den eigenen Wohlstand war unter den Ansar vorhanden.
Aufgrund ihrer Unterstützung für den Gesandten Allahs (s) und den Islam nehmen die Ansar eine besondere Stellung im Islam ein. Im Koran heißt es über sie: „Die Allerersten, die ersten der Muhadschirun und der Ansar und jene, die ihnen auf die beste Art gefolgt sind – mit ihnen ist Allah wohl zufrieden und sie sind wohl zufrieden mit Ihm; und Er hat ihnen Gärten vorbereitet, durch welche Bäche fließen. Darin sollen sie verweilen auf ewig und immerdar. Das ist der gewaltige Gewinn.“ (9; 100) Auch in den Hadithen finden die Ansar Erwähnung: „Der Gesandte Allahs (s) sagte: ‚Das Kennzeichen des Heuchlers ist sein Hass gegenüber den Ansar, und das Kennzeichen des Gläubigen ist seine Liebe zu den Ansar.'“ (Muslim) In einem anderen Hadith heißt es: „Der Gesandte Allahs (s) sagte: ‚Das Kennzeichen des Heuchlers ist sein Hass gegenüber den Ansar und das Anzeichen des Gläubigen ist seine Liebe zu den Ansar.'“ (Muslim) Die Achtung der Ansar und ihrer Leistung für den Islam ist vorgeschrieben und zeichnet eine islamische Persönlichkeit aus.
Auch heute bedarf der Islam der Helfer unter den einflussreichen Personen einer Gesellschaft, die ihn bei der Erlangung der Herrschaft unterstützen. Die Suche nach Nusra für den Islam und den Aufbau des islamischen Staates muss, so zeigt es die Vorgehensweise des Propheten (s), auch heute integraler Bestandteil der Dawa sein, weil sich die Herrschaft des Islam sonst nicht realisieren lässt.