Grundlagen Das Islamische Wissen

Das Glaubensbekenntnis des Islam hat weitreichende Konsequenzen für denjenigen, der es ausspricht, sofern es sich nicht bloß um ein Lippenbekenntnis handelt. Es verlangt die vollständige Ausrichtung des Verhaltens an den Vorschriften des Islam. Dies ist aber nur möglich, wenn man die islamischen Gebote auch kennt.

Das Glaubensbekenntnis des Islam hat weitreichende Konsequenzen für denjenigen, der es ausspricht, sofern es sich nicht bloß um ein Lippenbekenntnis handelt. Es verlangt die vollständige Ausrichtung des Verhaltens an den Vorschriften des Islam. Dies ist aber nur möglich, wenn man die islamischen Gebote auch kennt.
Wer nicht weiß, in welcher Form das Gebet im Islam verrichtet wird, ist durch seine Unkenntnis nicht automatisch von dieser Pflicht entbunden, sondern hat vielmehr die Verpflichtung, sich das Wissen anzueignen, um diesem Gebot nachkommen zu können. Die Pflicht zum Gebet macht das Wissen über das Gebet zwangsläufig zu einer Pflicht, etwa die Kenntnis der Regeln der Gebetswaschung, der Anzahl und Zeiten der Gebete usw. Jemand, der die Pilgerfahrt vollziehen möchte, muss sich zunächst über die Rituale und Regeln des Hadsch informieren, da er sonst zu dessen Durchführung nicht in der Lage wäre. Auch muss derjenige, der die Zakat entrichten möchte, wissen, in welcher Höhe sich diese beläuft und welche Personengruppen überhaupt Anspruch darauf haben. Ebenso muss ein Muslim wissen, welche Regeln zum Fasten gelten, wie Beginn und Ende des Fastenmonats zu bestimmen sind, wann er sein Fasten brechen darf und Ähnliches, wenn er die Pflicht des Fastens erfüllen will.
Die Pflicht, sich das Wissen anzueignen, bezieht sich nicht nur auf die Grundpfeiler des Islam, sondern muss mindestens jene Handlungen umfassen, die entweder zur Pflicht erklärt oder aber kategorisch verboten wurden und mit seinem Verhalten im Zusammenhang stehen. Das Mindestmaß an islamischem Wissen muss also die Kategorien Haram (Verbotenes) und Fard (Pflicht) beinhalten, weil bei Nichteinhaltung dieser beiden Kategorien die Strafe Allahs (t) die Folge ist. Durch Nichtwissen läuft der Muslim Gefahr, sich fehlerhaft zu verhalten und Sünden zu begehen. Im Falle des islamischen Wissens gilt daher folgendes islamische Rechtsprinzip: Was zur Erfüllung einer Pflicht notwendig ist, wird selbst zur Pflicht.
Das islamische Wissen darf allerdings nicht mit anderem Wissen vermischt werden. Denn die Pflicht zur Wissensaneignung beschränkt sich ausschließlich auf die Kenntnis der islamischen Gesetze, weil dies die Voraussetzung ist, um den Islam praktizieren zu können. In anderen Bereichen stellt die Wissensaneignung keine Pflicht dar, so dass die Behauptung, Wissen im Allgemeinen sei eine islamische Pflicht, nicht zutrifft. So kann medizinisches, historisches, naturwissenschaftliches oder aber geisteswissenschaftliches Wissen zwar vorteilhaft sein, hat aber keinen Einfluss auf die Praktizierung des Islam. Beispielsweise ist ein muslimischer Arzt im Vergleich zum muslimischen Krankenpfleger kein besserer Muslim – jedenfalls nicht durch seine umfassenderen medizinischen Kenntnisse. Ein muslimischer Geschichtsprofessor, der sich in der islamischen Geschichte gut auskennt, ist durch seine historischen Kenntnisse nicht automatisch gottesfürchtiger als der muslimische Gemüseverkäufer. Akademisches Wissen steht in keinem Zusammenhang mit der Umsetzung des Islam im täglichen Leben. Hierzu ist ausschließlich islamisches Wissen notwendig. Der Islam spornt zwar insgesamt zur Wissensaneignung an, aber er erklärt lediglich die Aneignung des islamischen Wissens zur Pflicht. Allah (t) erwähnt diejenigen im Koran, die das Wissen zu Seiner Anbetung nicht besitzen: „Sie kennen nur die Außenseite des diesseitigen Lebens; das Jenseits aber beachten sie nicht.“ (30:7) Die betreffenden Muslime wissen zwar um die Dinge des Diesseits und des Lebens und um das, was Nutzen und Profit bringt, aber ihnen fehlt das islamische Wissen. Allah (t) macht ihnen in dem erwähnten Koranvers ihr mangelndes islamisches Wissen zum Vorwurf und verurteilt sie dafür.
Der Islam weist darauf hin, dass die Gottesfurcht mit dem islamischen Wissen wächst. Je größer der Einblick in die Gesetze des Islam ist, desto gottesfürchtiger wird der Muslim. So heißt es im Koran: „Sprich: ‚Sind solche, die wissen, denen gleich, die nicht wissen?‘ Allein nur diejenigen lassen sich warnen, die verständig sind.“ Allah (t) unterscheidet zwischen jenen Muslimen, die über Wissen verfügen, und solchen, denen es an islamischen Kenntnissen mangelt, weil man Allah (t) nur gehorsam sein kann, wenn man seine Befehle kennt, und nur gottesfürchtig sein kann, wenn man um die Strafe des Jenseits weiß. Ein Muslim, der sich der Strafe nicht bewusst ist und nicht weiß, dass Allah (t) hart im Strafen ist, wird eine niedrigere Hemmschwelle für Sünden haben als jemand, der beispielsweise folgenden Koranvers kennt: „Wahrlich, Allah ist streng im Strafen.“ (3:11) In gleicher Weise ist die Motivation eines Muslim größer, Allahs Wohlgefallen zu erlangen, der umfangreiches Wissen über die Belohung und das Paradies besitzt.
Der Gesandte Allahs (s) sagte: „Der Rang des Gelehrten dem Betenden gegenüber ist wie mein Rang gegenüber dem gewöhnlichsten Menschen unter euch.“ (at-Tirmithi) Das heißt, die islamischen Gelehrten stehen auf einer höheren Stufe als der Rest der Muslime. Sie gelten sogar als die „Erben der Propheten“, wie aus dem folgenden Hadith hervorgeht: „Wer einen Weg beschreitet, um Wissen zu erlangen, dem wird Allah einen Weg zum Paradies erleichtern. Die Engel senken ihre Fittiche auf denjenigen, der nach Wissen strebt, aus Billigung seiner Mühe. Wahrlich, alle Bewohner der Himmel und der Erde, sogar die Lebewesen des Wassers, bitten Allah um Vergebung für den Wissenden. Der Rang des Gelehrten dem Betenden gegenüber ist wie der Rang des Mondes den Sternen gegenüber. Wahrlich, die Gelehrten sind Erben der Propheten, und die Propheten haben weder Dinar noch Dirham hinterlassen, sondern hinterließen das Wissen. Wer dieses Wissen erwirbt, hat ein reichliches Glück verdient.“ (Abu Dawud und at-Tirmithi) Die Gelehrten, d. h. die Wissenden, nehmen somit im Islam eine bevorzugte Stellung ein.
Es geht jedoch nicht darum, zu einem wandelnden islamischen Lexikon zu werden. Mit zunehmendem islamischen Wissen steigt vielmehr die Verantwortlichkeit im Islam. Zum einen ist derjenige, der über Wissen verfügt, dazu verpflichtet, nach diesem Wissen zu handeln, zum anderen ist er dazu angehalten, dieses Wissen weiterzugeben. Die Weitergabe des islamischen Wissens stellt an sich eine Pflicht zur Genüge dar, so dass es ausreicht, wenn ein Teil derjenigen, die über Wissen verfügen, dieses an andere Muslime weitergeben. Die Pflicht ist damit erfüllt, dass den Muslimen der Zugang zum islamischen Wissen möglich gemacht wird, ohne dass jeder einzelne Gelehrte dieser Pflicht persönlich nachkommen muss. Allah (t) spornt natürlich dazu an, das Wissen weiterzugeben. Der Gesandte Allahs (s) sagte über denjenigen, der dies tut: „Wahrlich, Allah, Seine Engel und all die Geschöpfe der Himmel und der Erde, sogar die Ameise in ihrem Loch und der Fisch, beten für solche Lehrer, die die Menschheit das Verrichten des Guten lehren.“ (at-Tirmithi) In einem anderen Hadith heißt es: „Wer zur Rechtleitung aufruft, bekommt einen Lohn, wie die Gesamtlöhne aller, die ihm folgen, ohne Verminderung ihrer Löhne.“ (Muslim)
Mit den Gelehrten steht und fällt das islamische Wissen bei den Muslimen: „Allah wird das Wissen nicht an Sich nehmen, indem Er es den Menschen entreißt. Aber Er wird es an Sich nehmen, indem Er die Gelehrten zu sich nimmt. Schließlich, wenn Er keinen Gelehrten am Leben lassen wird, werden sich die Menschen Unwissende zu Führern nehmen. Diese werden gefragt und ohne Wissen antworten, so dass sie selbst irren und andere in die Irre führen.“ (Buchari und Muslim) Die echten Gelehrten, die tatsächlich über islamisches Wissen verfügen, bewahren die Muslime davor, in die Irre zu gehen. Daher ist es für die Umma existentiell, viele Gelehrte zu haben, um das Wissen zu erhalten. Der beste Weg hierzu ist natürlich der, sich um Wissen zu bemühen, um selbst auf den Rang des Gelehrten aufzusteigen.
Der Rang des Gelehrten bedeutet nicht nur, dass Allah (t) ihm den Vorzug vor anderen Muslimen gibt, sondern auch, dass er der Wahrheit mehr als alle andere verpflichtet ist. Er darf die Wahrheit nicht verbergen oder gar verfälschen. So sagte der Prophet (s): „Wer ein Wissen, das er hat, verschweigt, dem wird am Tage der Auferstehung ein Zaumzeug aus Feuer aufgesetzt.“ (Ahmad) Allah (t) sagt diesbezüglich im Koran: „Diejenigen, die verbergen, was Wir an klaren Beweisen und an Rechtleitung herabsandten, nachdem wir es den Menschen im Buch erklärt hatten, diese verflucht Allah, und diese verfluchen auch die Verfluchenden.“ (2:159) An anderer Stelle sagt Allah (t) im Koran: „Sie schätzen Allah nicht richtig nach Seinem Wert, wenn sie sagen. ‚Allah sandte keinem Menschen etwas herab.‘ Sprich: ‚Wer sandte das Buch nieder, das Moses als ein Licht und eine Führung für die Menschen brachte – macht ihr es zu Papyrusblättern, die ihr kundtut, während ihr viel verbergt –, wo euch das gelehrt wurde, was weder ihr noch eure Väter wussten?‘ Sprich: ‚Allah‘ Dann lass sie sich weiter vergnügen an ihrem eitlen Geschwätz.“ (6:91) Auch demjenigen, der nicht nur die Wahrheit verschweigt, sondern sogar verfälscht, wird im Koran gedroht: „Doch wehe denen, die das Buch mit ihren eigenen Händen schreiben und dann sprechen: ‚Dies ist von Allah‘, um dafür einen geringen Lohn zu erlangen! Wehe ihnen also um dessentwillen, was ihre Hände schrieben, und wehe ihnen um dessentwillen, was sie erwarben!“ (2:79) Der Gelehrte darf die Wahrheit also weder bewusst verschweigen noch zu irgendeinem Nutzen verfälschen.
Die Realität in der islamischen Welt zeigt aber, dass es Gelehrte gibt, die den Regenten nach dem Mund reden und ihre Herrschaft islamisch zu legitimieren versuchen, obwohl diese nicht mit den Gesetzen Allahs regieren und es eine Pflicht darstellt, ihre Regentschaft zu beenden. Das Paradebeispiel für einen solchen Gelehrten ist Muhammad Sayyid Tantawi. Er steht der al-Azhar-Universität vor. Bereits die Tatsache, dass er im Westen als liberal gilt, sollte zu Denken geben. Im Jahr 2003 erkannte er das Recht Frankreichs an, das Kopftuch zu verbieten, anstatt die französische Regierung für dieses Unrecht zu verurteilen und auf Seiten der muslimischen Frau zu stehen. Erst im Oktober dieses Jahres holte er erneut gegen die muslimische Frau aus und zwang eine Studentin der Azhar-Universität, den Gesichtsschleier abzunehmen, und beleidigte sie darüber hinaus.
Es liegt aber gerade in der Verantwortung der Gelehrten, d. h. jener Muslime, die über das meiste islamische Wissen verfügen, zum Rechten aufzurufen und das Unrecht anzuprangern. Das Anprangern der Herrscher, die die Gesetze Allahs (t) übertreten, gehört sogar zu den bedeutendsten Taten eines Gelehrten. Der Prophet (s) sagte diesbezüglich:

Der Herr der Märtyrer ist Hamza ibn Abdilmuttalib und ein Mann, der sich gegen einen ungerechten Herrscher erhebt, ihm das Rechte gebietet und sein Unrecht anprangert und dafür von ihm getötet wird.“[Hakim und Abu Dawud]

Derjenige, der über umfangreiches Wissen verfügt, darf sich nicht allein darauf beschränken, andere in den gottesdienstlichen Handlungen (Ibadat) zu unterrichten. Er muss die Wahrheit verkünden und das Unrecht klar und deutlich benennen. Da das größte Unrecht derzeit von den Regenten in der islamischen Welt ausgeht, die mit nichtislamischen Gesetzen regieren und dem Westen das Ausbeuten und Töten der Muslime ermöglichen, müssen die Gelehrten genau hier ansetzen, das Unrecht anzuprangern und zum Rechten aufzurufen. Die Regenten in der islamischen Welt stehen zudem als Hindernis zwischen den Muslimen und dem islamischen Wissen, weil sie dafür sorgen, dass immer mehr nichtislamische Ideen das islamische Wissen verdrängen, um die Muslime zunehmend vom Islam zu entfernen und den westlichen Ideen anzunähern.