Ich hasste alle Ausländer, aber am meisten hasste und fürchtete ich Muslime. Ich bin in den 1960ern in Gateshead (England) aufgewachsen, in einem vorherrschend weißen Gebiet.
Ich kann mich nicht erinnern, dort ein asiatisches Gesicht gesehen zu haben. Meine Familie war nicht religiös. Wir besuchten die Kirche nur zu Hochzeiten, Begräbnissen und Taufen. Die Schule interessierte mich auch nicht besonders. Es war nicht nötig an ihr zu bleiben, weil einem ohnehin ein Job im Mienen- oder Stahlwerk bzw. in der Schafzucht sicher war.
Als ich sechzehn war, waren alle meine Freunde Aktivisten in der Britischen Nationalpartei. Das zu tun war cool, also bin auch ich ihr beigetreten. Ich wollte schockieren, rebellieren. Wir kamen zusammen, tranken, hörten Musik, flirteten mit Mädchen und gingen auf „Pakibashing“ . Für uns war dieser Ausdruck neutral, wir stuften ihn weder als gut noch als böse ein.
Ich erinnere mich an das erste Mal. Es war Samstagnacht und wir hatten getrunken. Wir gingen in einen asiatischen Stadtteil und trafen auf einen etwa siebzehnjährigen Jungen. Wir begannen das Übliche zu rufen: „Hau ab in dein eigenes Land“, und folgten ihm. Wir waren etwa zu zehnt. Wir traten ihn und schlugen auf ihn ein. Ich erinnere mich noch, wie wir lachend davonliefen. Ich weiß nicht was mit dem Jungen geschah, aber zu der Zeit hätte es mich auch nicht gekümmert: Ich war in einer Gruppe und wir hatten eben Gemeinschaftsgefühl.
Mit neunzehn wuchs ich aus der BNP heraus. Ich zog nach London, um zu arbeiten, und ging nicht mehr zu den Treffen. Aber noch immer hasste ich Ausländer, vor allem Muslime. Im Laufe der folgenden Jahre fand ich mich unter Menschen, die zu muslimischen Treffen im Hyde Park gingen, meistens um Ärger zu machen. Dann, eines Tages 1989, als ich an einem Secondhand-Stand beim Royal Festival Hall vorbeikam, fiel mein Blick auf einen Einband: Es war das schönste Bild eines Gebäudes, in den fantastischsten Farben. Ich wusste nicht was für ein Buch es war, aber es kostete nur 20 Pence, also kaufte ich es. Ich dachte, wenn ich mir einen billigen Rahmen kaufe, habe ich ein schönes Bild für die Wand. Bis ich nach Hause kam, hatte ich keinen Schimmer, dass ich einen Koran gekauft hatte.
Ich erschrak als ich es herausfand. Meine erste Reaktion war das Buch wegzuwerfen. Aber dann wurde ich neugierig. Ich begann es zu lesen und dachte, ich würde Sachen finden, die ich gegen Muslime verwenden könnte, weil ich der Meinung war, das Buch sei voller Widersprüche. In meiner Jugend brachte meine Tante immer ihre Ansichten vor und von ihr gewann ich eine Liebe zum Debattieren. Jetzt ging ich regelmäßig in den Hyde Park, um mit muslimischen Rednern zu diskutieren. Als Folge dieser Debatten begann ich ein ganz anderes Bild vom Islam zu bekommen. Menschen zu sehen, die als Einheit beteten, machte einen mächtigen Eindruck auf mich.
Einige Jahre später kehrte ich in den Nordosten zurück. Ich hatte dort einen Job als Koch bekommen. Als ich eine Gruppe Muslime an einem islamischen Buchstand in Newcastle sah, dachte ich sofort: „Hier ist eine weitere Gruppe, die ich fertig machen kann. Mit Sicherheit weiß ich mehr über den Islam als sie.“ Als ich sie kennen lernte, war ich wirklich überrascht, weil sie sehr gebildet waren.
Ich ging immer wieder hin und genoss es, mit ihnen zu debattieren. Nach vier Wochen forderten sie mich dann heraus: Sie wollten, dass ich versuche, den Koran in Frage zu stellen und ihnen beweise, dass meine Art zu leben die bessere sei. Sie sagten, dass sie, sollte ich Erfolg haben, Christen werden. Wenn ich es aber nicht schaffe, dann sollte ich Muslim werden. Ich nahm die Herausforderung an. Aber nach Monaten der Debatten am Stand merkte ich, dass ich am Verlieren war und bekam Panik. Also hörte ich auf, zum Stand zu gehen.
Drei Jahre waren vergangen, als ich auf einen der Typen vom Stand stieß. Während ich darüber nachdachte, was ich machen sollte, fühlte ich als würde mich ein großer Felsen erdrücken. Als ich ihm aber sagte, dass ich konvertieren wollte, fühlte ich vollkommenen Frieden. Die endgültige Entscheidung fällte ich am Mittwoch, den 17. November 1996, und am darauf folgenden Tag konvertierte ich. Seit damals stehe ich Hizb-ut-Tahrir nahe: Durch diese Gruppe wurde ich Muslim; sie waren die Typen vom Stand gewesen.
Als ich meiner Familie von meiner Entscheidung erzählte, hörte meine Schwester auf mit mir zu sprechen. Mein Vater war erschrocken, wollte aber nicht darüber diskutieren. Meine Mutter dachte, es wäre nur eine Phase, die ich durchmachen würde, und war mehr darüber besorgt, was die Nachbarn sagen würden. Jetzt lässt sie mich im Haus beten, lehnt es jedoch ab, mich Muhammad zu nennen (Ich wurde als John Ord geboren).
Nachdem ich konvertiert war, lernte ich meine Frau, eine Pakistanerin, kennen. Wir leben in Birmingham, wo sie als Volksschullehrerin arbeitet. Ich habe gerade eine Ausbildung als Sozialarbeiter begonnen. Wenn ich zurückblicke, kann ich kaum glauben welche Dinge ich gemacht habe. Es scheint als handle es sich um eine andere Person und ein anderes Leben. Was für eine Ironie: Als Reaktion auf die Bombenanschläge in London, habe ich jetzt Angst vor Anschlägen und beginne wieder in meiner englischen Kleidung außer Haus zu gehen. In ihr sehe ich aus wie ein bärtiger, weißer Mann mittleren Alters.
Ich hasste alle Ausländer, aber am meisten hasste und fürchtete ich Muslime. Ich bin in den 1960ern in Gateshead (England) aufgewachsen, in einem vorherrschend weißen Gebiet.
Ich kann mich nicht erinnern, dort ein asiatisches Gesicht gesehen zu haben. Meine Familie war nicht religiös. Wir besuchten die Kirche nur zu Hochzeiten, Begräbnissen und Taufen. Die Schule interessierte mich auch nicht besonders. Es war nicht nötig an ihr zu bleiben, weil einem ohnehin ein Job im Mienen- oder Stahlwerk bzw. in der Schafzucht sicher war.
